Als die gefeierte Autorin Elizabeth eines Abends einen mysteriösen Anruf von ihrer Schwester Vera erhält, beschließt sie noch einmal in das Haus zurückzukehren, in dem es 16 Jahre zuvor zu einem brutalen Überfall auf die zwei Schwestern und deren Mutter kam. Im Haus angekommen, muss Beth feststellen, dass Vera noch immer sehr unter dem damaligen Vorfall leidet und sich in einem desaströsen körperlichen und mentalen Zustand befindet. Während ihres Besuches mehren sich seltsame Vorfälle in dem alten Haus, und Beth muss sich die Frage stellen, ob ihre Schwester die einzige ist, die dem Wahnsinn verfallen ist.


„Ghostland“ (im Original „Incident in a Ghost Land“) ist der neue Film von Pascal Laugier, der 2008 mit „Martyrs“ einen der härtesten Horrorfilme der letzten Jahre erschuf und unter Horrorfans große Bekanntheit erlangte. Sein neuestes Werk hat eine Lauflänge von 89 Minuten und feierte seine Premiere im Februar 2018 im Rahmen des Internationalen Fantasy Filmfestes in Gérardmer. Seit dem 6. April ist der Film nun auch bei uns in den Kinos zu sehen.

Entgegen der Erwartung gestaltet sich die Handlung zu Anfang überraschend unbedarft. Leichtfüßige Dialoge und sogar zwei bis drei Lacher lassen noch nicht erahnen, in welche Richtung sich das Werk später entwickeln wird: Innerhalb von Sekunden ändert der Film plötzlich die Tonalität und mutiert zu einem brutalen Home-Invasion-Horrorfilm, der das anfängliche Gelächter im Keim ersticken lässt. Laugiers Handschrift ist hier zum ersten Mal überdeutlich zu erkennen.

In der Folgezeit beruhigt sich der Plot aber wieder, zumindest teilweise. Die Anspannung bleibt unterschwellig erhalten, und der Zuschauer wird mit dem Leben von Beth konfrontiert, die sich von den Vorfällen erholen konnte und nun mit Mann und Kind ein glückliches Leben führt. Nach der Rückkehr in das alte Haus wiegt Laugier den Zuschauer zunächst in Sicherheit und präsentiert ihm eine überschaubare Handlung, gespickt mit vereinzelten Jump-Scares. Just in dem Moment, als der Film zu einem typischen Horrorfilm Blockbuster zu verkommen droht, wechselt der Film mittels überraschendem Plot-Twist erneut die Ausrichtung.

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Nachfolgend erwartet den Zuschauer ein wilder Mix aus skurrilen, brutalen und grausamen Szenen, die, ohne sich wirklich selber zu erklären, faszinierend und abstoßend zugleich sind. An manchen Stellen übertreibt es Film ein wenig, insbesondere was die Geschwindigkeit der Schnitte anbelangt. Denn es sind insbesondere die ruhigeren Momente, die nachhaltig Eindruck hinterlassen.

Schauspielerisch wirkt das Ganze ordentlich. Die beiden Schwestern zeigen eine gute Performance, und auch der Rest des Ensembles fällt nicht negativ auf. Dafür, dass Laugier auf tendenziell unerfahrenere Filmschauspieler gesetzt hat, ist die Leistung aller stimmig. Und auch visuell und akustisch weiß „Ghostland“ zu überzeugen. Der Großteil der Szenen spielt sich in dem Haus der Familie ab, welches gut in Szene gesetzt und mit Liebe fürs Detail ausgearbeitet wurde. Der Soundtrack ist typisch für einen Horrorfilm, kann aber immer wieder für Akzente sorgen und rundet das positive Gesamtbild ab.

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Fazit: „Ghostland“ ist ein besonderer Film, der vielen Horrorfans der heutigen Zeit missfallen wird. Zu grotesk kommt das Werk daher und will sich schlussendlich auch nicht komplett kategorisieren lassen. Am ehesten lässt es sich als „Psychohorror“ beschreiben, der gleichzeitig aber auch wie eine Liebeserklärung an die traditionelle Horrorkunst wirkt. Laugier wird, spätestens mit dem Ende, abermals die Geschmäcker spalten. Fans von Horrorfilmen abseits des Conjuring-Universums sollten dem Werk aber auf jeden Fall eine Chance geben. Es lohnt sich!

neu!Bewertung: 8 von 10 Punkten

von Cliff Brockerhoff / instagram.com/man_of_steelbook/


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