Roman Polanski ist zurück: Ab nächster Woche (29.6.) ist “Nach einer wahren Geschichte” in unseren Kinos zu sehen. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Delphine de Vigan, und Polanski kehrt damit zu seinen Ursprüngen zurück: Obsessionen, Perversionen, Begierden und Wahn werden in dem knapp 2-stündigen Psychothriller durchexerziert. Das Ergebnis ist kein neues Meisterwerk, aber ein durchaus sehenswerter Film mit überzeugenden Hauptdarstellerinnen.
von Christian Klosz
Delphine (Emmanuelle Seigner) arbeitet in Paris als Buchautorin, und hat eben einen weiteren literarischen Erfolg gelandet. Bei einem Society-Event trifft sie auf Elle (Eva Green), die sich von der Literatin fasziniert zeigt, und Frage um Frage stellt. Zwischen den beiden entwickelt sich schnell so etwas wie eine Freundschaft, Elle zieht kurzerhand bei Delphine ein. Die laboriert derweil an einer üblen Schreibblockade, die Elle mit durchaus fragwürdigen Methoden zu lösen versucht. Im Laufe der Zeit wird so aus der anfänglichen Freundschaft mehr und mehr eine ungesunde Abhängigkeit, schließlich ein wahrer Konkurrenzkampf zwischen zwei Frauen, bei dem es am Ende um Leben und Tod geht.
Polanskis neuer Film ist intim, geradezu “klein”: Er konzentriert sich großteils auf seine beiden Hauptcharaktere, die immer weiter in einen gefährlichen Strudel aus Begierde und Gewalt geraten. Insofern ist “Nach einer wahren Geschichte” ein Psychothriller im wahrsten Sinne des Wortes, in dem beide Protagonistinnen in einem Duell der femmes fatales ihre seelische (und schließlich körperliche) Gesundheit aufs Spiel setzen. Logisch und story-technisch nachvollziehbar wirkt das nicht immer – das kann man Polanski und seinem Film auch ankreiden – der Fokus liegt hier aber ohnehin mehr auf der Kreation von Stimmungen und Atmosphären.
In der Wahl seines Sujets (weibliche Begierde und Sexualität) erinnert der Film natürlich an andere Filme des Regisseurs, vergleichen kann man “Nach einer wahren Geschichte” unter anderem auch mit “Passion” von Brian de Palma, einem anderen, durchaus sehenswerten Spätwerk eines großen Regisseurs, der in seinen Mittelpunkt auch einen “Kampf der Frauen” stellt. Was dem Film mitunter fehlt, ist etwas mehr Fokus und Präzision, auch eine schlüssigere Aufklärung am Ende hätte wohl nicht geschadet.
Fazit:
Alles in Allem ist ist Roman Polanski aber mit “Nach einer wahren Geschichte” ein durchaus ansehnlicher Thriller gelungen, eine solides Alterswerk, das wohl keine großen Begeisterungsstürme hervorrufen wird, für Fans und Kenner aber durchaus einen Kinobesuch wert sind. Gute Schauspieler und das immer noch vorhandene inszenatorische Talent des Filmemachers garantieren gute Unterhaltung.
Bewertung:
7 von 10 Punkten
Bilder von Carole Bethuel / Studiocanal
Der Film war mir viel zu vorhersehbar. Schon nach der ersten Viertelstunde wusste man, wie es ausgehen würde.
Was mir aber in Erinnerung bleiben wird ist der Umstand, dass der Film (gefühlt) so kurz war. Das ist man in Zeiten, all dieser 120 Minuten+ Filme schon gar nicht mehr gewöhnt…..
Klar, kein Meisterwerk ist er nicht. Aber schlecht fand ich ihn auch nicht. Story hat sicher Potential nach oben, aber Polanski ging es mmn. ja mehr um was anderes als um eine logische stringente Geschichte. Die unter 120min fand ihr sehr angenehm, wobei das doch eh eine normale Filmlänge ist?! bin mir nicht sicher, was du mit den 120+ min-Filmen genau meinst, die Superheldenfilme etwa??
Ein Meisterwerk habe ich auch nicht erwartet, per se war der Film ja auch gar nicht schlecht. Schön gefilmt auf jeden jeden Fall, Story durchaus stimmig. Ich hätte mir halt den einen oder anderen Twist in der Story gewünscht.
Die Länge hab ich auch als sehr angenehm empfunden. Ich erwähnte das auch nur, weil es gefühlt in den letzten Jahren inflationär viele Filme gibt, die locker die 2-Stunden-Marke knacken.. Oftmas leider auch dann, wenn der Plot es nicht hergibt. Hier sind die Superheldenfilm ganz bestimmt vorne mit dabei.
Hmm, dass sich das in den letzten Jahren gewandelt hätte, halt ich für ein Gerücht. Denk an Klassiker wie 2001 oder Apocalypse Now, alle weiter über 2 Stunden. Auch Filme wie Titanic oder die Herr der Ringe-Filme. Was sich vl. geändert hat, ist dass Popcorn-Unterhaltungsfilme wie die Superheldenfilme über 2 Stunden laufen – aber um ehrlich zu sein, weiß ich das nicht, weil ich keine Superheldenfilme gucke. Wenn dem so ist, ist die Frage ob das mitunter vl einfach finanzielle Kalkulation ist (über 2 Stunden = Überlänge = mehr Einnahmen), aber kein Plan. lg
Hm, bloss nicht falsch verstehen. Lawrence von Arabien oder Der Pate würde ich auch lieben, wenn sie jeweils 5 Stunden lang wären. Ein Film, der eine komplexe und/oder interessante Charakterzeichnungen zeigt, rechtfertigt sicher 120+ Minunten. Diese Kriterinen erfüllen die Superheldenfilme wohl nur bedingt. Mit deiner Annahme, dass mehr Filmlänge = mehr Einnahmen bedeutet, mags du recht haben. Sicher ein Thema zu dem es sich trefflich streiten liesse.
Jedenfalls danke für die interessanten Anmerkungen und Überlegungen! lg, Christian