Listen bieten einen knappen Überblick, je kürzer die Listen, desto oberflächlicher logischerweise ebenjener. Dennoch können Listen die Möglichkeiten bieten, Themenbereiche anzureißen, Statements in den Diskurs zu werfen oder simpel und einfach ein paar gute Filme zu empfehlen.

Diesmal lautet das Thema „tiefgründige Filme“, das heißt: Filme die Geist, Intellekt oder auch Sentiment fordern, und sich in dieser Art vom auf allgemeine Verständlichkeit getrimmten Mainstream unterscheiden. Im Folgenden: 5 Vorschläge.

„A Dangerous Method“ – David Cronenberg, 2011

„Eine gefährliche Begierde“ entwickelt sich zwischen Sabina Spielrein und ihrem Psychiater C.G. Jung, der ihre manische Hysterie durch die innovative Idee „Zuhören“ zu kurieren versucht. „Beim Reden kommen die Menschen z’samm“ heißt ein Sprichwort, und so kommen auch die beiden „zusammen“, allerdings eher im Bett, als auf der Couch, was vor Allem für den an sich treuen (und verheirateten) Protestanten Jung ein moralisches Dilemma darstellt.

Ein ebenso inspirierter wie intellektuell stimulierender filmischer Abriss der Geburtsstunde der Psychoanalyse, der alle Vorzüge und Nachteile dieser „dangerous method“ illustriert. Getragen vom grandiosen Schauspiel von Viggo Mortensen als Freud und der genialen Keira Kneightly als Spielrein.

„mother!“ – Darren Aronofsky, 2017

Viele wussten nicht, was sie mit Aronofskys Geniestreich anfangen sollten. Zu unverständlich, zu vage, zu kryptisch, zu symbolisch durchtränkt; der Höhepunkt des schlechtes Geschmacks mancher sogenannter „Filmexperten“: Die mehrfache Nominierung für den Schmähpreis „Goldene Himbeere“. Inzwischen wandelt sich die Rezeption von „mother“ bereits, und dies bestätigt das, was Mr. Scorsese schon meinte, als er vor einem Jahr zur Verteidigung des Films ausrückte: Ernsthafte Filme werden nicht dazu gemacht, Publikum und Kritik sofort zu begeistern, mitunter nicht einmal, um sie zu unterhalten oder zu überzeugen; wahre Meisterwerke wachsen mit der Zeit.

Neben allen möglichen und unmöglichen Interpretationen, mit denen man „mother!“ versehen kann, ist er ein Beispiel für großartiges Filmemachen und inszenatorische Finessen, die im US-Kino der letzten Jahre so selten zu sehen waren.

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„Annihilation“ – Alex Garland, 2018

Ein Film, ebenso schwer fassbar wie unfassbar genial: Ein moderner Kubrick, der Fragen nach der conditio humana auf eindrückliche Weise visualisiert und den Zuseher auf indirekte Weise übers Unterbewusstsein direkt erreicht. Unendliche Deutungs-möglichkeiten, geniale Inszenierung, die durch bewusste Entschleunigung und Verstörung maximale Wirkung erreicht.

Den Produzenten war der Film zu „tiefgründig“, warum sie ihn schwupps an netflix verscherbelten, weil sie ihm dem dummen Kino-Pöbel nicht zutrauten. Ein fataler Irrtum, denn „Annihilation“ ist bisher der Film des Jahres, der noch in Jahren Beachtung finden wird, und dem ein langes Leben vorausgesagt werden darf.

„Shutter Island“ – Martin Scorsese, 2010

Psychoanalyse Nr. 2: Martin Scorsese schickt seine Muse Leo auf eine alptraumhafte Irrfahrt durch die menschliche Psyche, um zu erkunden, was alles möglich und unmöglich ist. Grundlage für die Grundidee hinter „Shutter Island“, diesem Film mit doppelten und dreifachen Boden, der beim zweiten Sehen ein anderer ist als beim ersten, ist die freud’sche Idee psychogener Abwehrmechanismen, die menschlichen Wahnsinn bedingen. Nur die Auflösung derselben bringt den Patienten zurück in die Wirklichkeit und zu „sich selbst“ – sofern er dieses Selbst annehmen kann.

Marshall Leo kann das nicht – und beantwortet damit den eindrücklichen Schlusssatz auf unmissverständliche Weise: „Is it better to live as a monster or die as a hero?“

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„2001 – A space odyssee“ – Stanley Kubrick, 1968

Der Sci-Fi-Meilenstein feiert heuer sein 50-Jahr-Jubiläum – und er hat nichts von seiner Größe eingebüßt. Mehr noch: Viele der kühnen und kühlen Visionen von Visionär Kubrick sind eingetreten, und wenn die menschgeschaffene Maschine HAL Gott spielt, und seinen Schöpfer unterjocht, fühlt man sich plötzlich ganz in der Gegenwart.

Kubrick schuf mit „2001“ den größten Avantgarde-Film aller Zeiten, lässt Raumschiffe und Planeten Walzer tanzen, und die technikbesessene Menschheit auf den selbstverschuldeten Untergang zusteuern; und dies alles derart verführerisch und ästhetisch überzeugend, dass wir dabei noch Freude empfinden. Einer der besten Filme aller Zeiten.

von Christian Klosz