Französische Komödien haben einen guten Ruf, und das zurecht: Meistens gut gemacht, unterhaltsam, grundpositiv, lebensfroh, verspielt – dennoch nicht ohne eine gewisse inhaltliche Tiefe. „Willkommen bei der Sch’tis“ von Dany Boon erfüllt all diese Kriterien, darüber hinaus begeistert der erfolgreichste französische Film aller Zeiten durch tolle Darsteller, Humor, eine gewisse Schrägheit und eine ehrliche Herzenswärme, die nur wenigen Filme eigen ist.

Philippe Abrams (Kad Merad) ist ziemlich unhappy mit seinem Job: Der Beamte versucht seit Jahren, in eine andere Postgeschäftsstelle versetzt zu werden, bevorzugt im warmen Süden Frankreichs, um seinen eher öden Job erträglicher zu machen. Und um seine anspruchsvolle Frau Julie zufriedenzustellen, die schon seit Jahr auf Tag auf die Versetzung des Mannes in ein wärmeres Klima wartet. Philippe übertreibt es schließlich, und täuscht eine Behinderung vor, um bevorzugt behandelt zu werden. Die Versetzung vor Augen, fliegt die Finte auf – und er kann froh sein, seinen Job nicht ganz zu verlieren.

Dafür wird er in den tiefsten Norden nach Bergues zwangsversetzt – und das für ganze zwei Jahre. Die Sch’tis, die Bewohner der Ortes, scheinen zuerst die südländischen Vorurteile Philippes allesamt zu bestätigen. Doch zu seiner Überraschung sind die Sch’tis neben vermeintlich rückständig, einfältig und grob auch hilfsbereit, herzlich, liebenswert und herrlich lustig. Philippe weiß nicht wie ihm passiert, und plötzlich fühlt er sich in seiner neuen Heimat pudelwohl. Nur Julie darf davon natürlich nichts erfahren: Ihr muss weiter die unheile Welt vorgespielt werden, sodass sie über das heimliche, kleine Paradies im Norden bei den Sch’tis ja nichts herausfindet…

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„Willkommen bei der Sch’tis“ ist ein wunderbarer Film: Anders lässt sich die Quintessenz von Dany Boons großem Publikumserfolg nicht zusammenfassen. Er macht gute Laune, strotzt vor launigen Dialogen, liebenswerten Charakteren, und einer nicht uninteressanten Message: Nicht Oberflächlichkeiten oder das vermeintliche Prestige der Wohngegend machen seinen Wohnort zu einem „Zuhause“, sondern die Menschen, die mit einem dort wohnen. Die Freunde, die Nachbarn – all sie bilden die Gemeinschaft, die darüber entscheidet, ob man sich in seiner Heimat wohl fühlt, oder nicht.

In seinem bedingungslosen Plädoyer für die Gemeinschaft und Zusammenhalt wirkt der Film beinahe schon anachronistisch, obwohl er erst 10 Jahre alt ist. In Zeiten, in denen zerbrechende Gesellschaften, Vereinzelung und Einsamkeit reale Probleme sind, wirkt der Film fast wie eine Wohltat auf das Gemüt. Und führt vor Augen, dass alles eigentlich doch gar nicht so schwierig wäre. Zudem reißt „Willkommen bei den Sch’tis“ auch das ewige Thema „Peripherie vs. Zentrum“ bzw. „Provinz vs. Stadt“ an, und veranschaulicht, dass der Unterschied oft so groß gar nicht ist, bzw. viele Vorstellungen gegenüber dem „Anderen“ am Ende doch nur Vorurteile sind, die sich bei genauerer Betrachtung im Nichts auflösen. Auch dem Thema kann man große Aktualität attestieren, blickt man auf westliche Gesellschaften, in denen einander oft direkte Nachbarn nicht mehr zu verstehen scheinen; in denen ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen Stadt und Land oder überhaupt Bevölkerungsgruppen zu herrschen scheint, und sich jeder auf seine eigene „ultimative“ Weltsicht beruft, die die einzig richtige zu sein scheint, um den anderen auszugrenzen. „Die Sch’tis“ leben es vor, sie zeigen, wie wir alle besser miteinander umgehen und auskommen könnten und sollten. Klingt vielleicht banal und kitschig, ist es aber nicht: In der simplen Message steckt weit mehr Tiefe, als es oberflächlich erscheinen mag.

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Darüber hinaus ist „Willkommen bei den Sch’tis“ einfach ein gelungener, mit viel Liebe gemachter Film, in dem Dany Boon sein großes Talent als Drehbuchautor, Regisseur, und Schauspieler beweist. Unbedingt sehenswert, und als filmische Medizin gegen Kulturpessimismus, Weltuntergangsstimmung und allgemeine Depression verschrieben.

von Christian Klosz