Viele besorgte Stimmen wurden laut, als Sony vor über einem Jahr Nägel mit Köpfen machte und einem Soloabenteuer rund um den furchterregenden Antagonisten aus dem Spider-Man Universum einen offiziellen Kinostarttermin spendierte. Der neuerliche Versuch eines eigenen Filmuniversums mit fremdem Material, getragen von einem Charakter, der vornehmlich zumindest als Antiheld, wenn nicht überhaupt als waschechter Bösewicht einzustufen ist, und das ganze dann auch noch ohne Spider-Man – wie sollte das nur gut gehen können?

Nachdem die Wahl des Hauptdarstellers die Gemüter schließlich etwas besänftigen konnte und so etwas wie Hoffnung aufkeimen ließ, schienen mit der Bekanntgabe des angestrebten PG13 Ratings alle Befürchtungen von Neuem zu erstarken. Ob die Zweifel gerechtfertigt waren, und wie Sony die filmische Umsetzung einer weiteren Marvelfigur geglückt ist, erfahrt ihr hier in unserer Kritik.

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Eddie Brock (TOM HARDY) in Sony Pictures‘ VENOM.

Kritik:

Eigentlich könnte Eddie Brock ein schönes Leben haben, er hat eine Verlobte, die ihn liebt und ihm seine leicht egozentrische Ader nachsieht, einen Job als Journalist, der ihm Freude bereitet und eine ansehnliche Wohnung in San Francisco. Doch nachdem er seine Nase zu tief in die Angelegenheiten der „Life Foundation“ steckt, verliert er alles mit einem Schlag. Der außerirdische „Parasit“ namens Venom, den er sich dafür bei seinen Recherchen eingefangen hat, scheint dabei auch kein tröstlicher Ersatz zu sein, wirken seine Absichten zu Anfang doch mehr als nur unlauter…

Einen echten Bösewicht zur Hauptfigur eines Films zu machen ist immer ein schwieriges Unterfangen, immerhin muss sich der Zuschauer bis zu einem gewissen Grad mit dem Protagonisten identifizieren können, um sich auch emotional investieren zu können. Daher gilt als beliebtes Hilfsmittel in so einem Fall die Erschaffung eines Antihelden, eines raubeinigen Kerls, mit dessen Methoden der Zuschauer zwar nicht immer konform geht, dessen Handlungen aber stets nachvollziehbar bleiben – unter anderem auch deshalb, weil er sich zumeist Gegnern gegenübersieht, die noch bösartiger sind als er selber es ist. Sony hatte dank der Vorarbeit in diversen Marvel Comics hier bereits relativ leichtes Spiel und verkörpert die symbiotisches Verbindung zwischen Mensch und Alien als Antiheldengeschichte wie aus dem Lehrbuch. Alle Karten liegen dabei offen auf dem Tisch, Überraschungen gibt es für den eingeweihten Genrefan daher kaum.

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…und Tom Hardy als VENOM.

Auch das CGI bietet weder wirklich Aufregendes noch Überragendes und pendelt sich im Verlauf des Spektakels zwischen mittelmäßig bis ansehnlich ein. Und ja, neben Storyschwächen und durchschnittlichen Effekten haben sich leider auch manch andere im Vorfeld angebrachte Befürchtungen bewahrheitet. Vor allem das vieldiskutierte jugendfreundliche Rating scheint dem schwarzen Rabauken ordentlich die Zähne gezogen zu haben, was umso trauriger ist, bedenkt man die Tatsache, dass Filme wie „Deadpool“ und „Logan“ ausreichend bewiesen haben, dass der Zuschnitt dieser Geschichten auf ein erwachsenes Publikum durchaus finanzielle Früchte tragen kann. So wirken die Actionszenen nicht nur blutleer, sondern auch völlig überladen, da durch möglichst rasante und vollgepackte Bilder die gezeigte Gewalt zur Unkenntlichkeit kaschiert werden muss.

Doch viele dieser Macken könnte man dem Film, dank der hervorragenden Schauspieler, durchaus verzeihen, wäre da nicht eine Frage offen, die sich vor allem Fans der Comic-Figur stellen dürften, nämlich: „Wird der Film dem Charakter gerecht?“ Und hier liegt der Hund wirklich begraben, denn die Antwort lautet: Nein. Vor allem gegen Ende hin scheint Venom eher zu einem braven Schoßhündchen zu verkommen, als eine bedrohliche Entität darzustellen.

Fazit:

Alles in allem muss man „Venom“ daher von zwei Seiten betrachten: Während Fans von Superheldenfilmen, die vorher noch keine Berührungspunkte mit der Figur hatten, durchaus ihren Spaß haben können, werden wohl die meisten leidenschaftlichen Comicleser verärgert den Kinosaal verlassen.

Bewertung:

5 von 10 Punkten

von Mara Hollenstein

 

Bilder: © 2018 Sony Pictures Entertainment Deutschland GmbH