Wenn der Streaminganbieter Netflix in letzter Zeit eines bewiesen hat, dann, dass er als Produktionsfirma durchaus eine ernstzunehmende Konkurrenz für die „Big Player“ des Filmbusiness darstellt. Nicht nur, dass er sich allseits gelobte Werke, wie zuletzt „Auslöschung“, einkauft, Netflix ist auch selber fleißig dabei, Serien, Dokumentationen und eben auch Spielfilme auf den Markt zu bringen. Und kann dabei mit der Politik der nahezu freien kreativen Entscheidungsgewalt der Schaffenden auch immer mehr großen Namen für sich gewinnen.

So auch bei einer der neuesten Eigenproduktionen, inszeniert und geschrieben von Gareth Evans, bekannt durch die „The Raid“ – Reihe, mit dem vielschichtigen Titel „Apostle“. Starttermin war der vergangene Freitag und ob der Streaminggigant erneut einen Hit landen konnte, erfahrt ihr hier in unserer Kritik.

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„Apostle“ – seit 12.10. auf Netflix zu sehen

„Anfang des 20 Jahrhunderts reist ein Mann namens Thomas Richardson auf die abgelegene Insel Erisden, um seine Schwester aus den Klauen einer Sekte zu befreien“, so knapp und einfach lässt sich die Handlung von „Apostle“ zusammenfassen. Was sich allerdings ganz und gar nicht leicht zusammenfassen lässt, ist der Eindruck, den dieser dichte Mix aus Thriller, Horror und Drama beim Zuschauer hinterlässt.

Das fängt bereits bei der beachtlichen Inszenierung an, die den großen Kinoproduktionen die Qualität betreffend um nichts nachsteht, und eine ganz eigene Atmosphäre zu erschaffen weiß. Hier wechseln sich zunächst lange ruhige Kamerafahrten mit unruhigen Einstellungen nahe an den Charakteren ab; je weiter die Handlung vorangetrieben wird, desto seltener werden allerdings die weiten Einstellung und sowohl Erzählstruktur als auch Kameraarbeit werden zunehmend wirrer und beängstigender. Unterlegt wird dieses inszenatorischen Grundgerüst von einer geerdeten Farbpalette, die nichts beschönigt, aber auch nichts versteckt.

Der Soundtrack, zwar oft nur aus einer natürlichen Geräuschkulisse bestehend und nur punktuell mit dumpfen Bässen bis schrillen Streichern ergänzt, rundet den Gesamteindruck äußerst wirkungsvoll ab. Auch der vermeintlich einfach gestrickte Plot erweist sich am Ende um einiges vertrackter, als es zunächst den Anschein hat und ein dunkles Geheimnis nach dem anderen bahnt sich seinen Weg an die Oberfläche.

Bemerkenswerterweise umschifft der Film trotz seiner klaren Horrorelemente viele der gängigen Genreklischees und erschafft so eine grauenerregende Spannung abseits von Jump Scares und ähnlichem. Einziger kleiner Schwachpunkt sind die teils etwas zu hölzern und aufgesetzt anmutenden Dialoge, die allerdings von den hervorragenden Darstellern so überzeugen vorgetragen werden, dass dieses marginale Manko leicht zu verschmerzen ist. Speziell die Leistungen von Dan Stevens und Michael Sheen sind in diesem Zusammenhang lobend hervorzuheben.

Fazit:

Alles in allem ist „Apostle“ aufgrund seiner sehr eigenen Inszenierung, des fehlenden Drangs zur vollständigen Auflösung seiner Mysterien  wie seiner teils verstörenden Bilder sicher kein Film für jedermann, wer sich allerdings der wilden Fahrt hinzugeben vermag, wird einen cineastischen Trip erleben, der einen immer weiter hinabzieht in seinen Bann und einen lange nicht mehr loslässt.

Bewertung:

8 von 10

von Mara Hollenstein-Tirk

 

Bilder: Netflix