Da haben sie es doch glatt schon wieder getan: Nachdem passionierte Kinogänger bereits Anfang des Jahres eine bittere Pille schlucken mussten, als der visuell herausragende „Auslöschung“ anstelle eines Kinoreleases lediglich einen Platz im Angebot des Streaminganbieters Netflix spendiert bekam, ist es nun dem von technischer Seite her nicht weniger ambitionierten „Mogli – Legende des Dschungels“ (Originaltitel: „Mowgli: Legend of the Jungle“) ebenso ergangen. Doch während die Beweggründe des Studios bei einer Sichtung des einen Werkes völlig im Unklaren blieben, lassen sich bei der neuesten Adaption des beliebten Buches aus der Feder von Rudyard Kipling so manche Sorgen der Bosse erahnen.

Da wäre zunächst einmal die Handlung: Diese orientiert sich eindeutig stärker an der raueren Version der Zeichentrickserie aus den späten 80ern beziehungsweise frühen 90ern und hat außer den wichtigsten Figuren eher wenig mit der heiteren Sing-Along-Version Disneys gemein. Dass dies allerdings nicht ausreicht, um den Zuschauer im Jahr 2018, trotz nach wie vor spannender Geschichte, vom Hocker zu hauen, erklärt sich ganz einfach durch die Tatsache, dass man in den letzten Jahren bis Jahrzehnten bereits einige Adaptionen genießen konnte, die entweder mehr Gespür oder schlicht auch mehr Charme bei der Inszenierung an den Tag legten. Hier bewiesen die Macher einfach zu wenig Mut zu einer adäquateren Umsetzung der Vorlage als die Konkurrenz, denn auch wenn der Schritt hin zu einem düstereren, realistischeren Setting lobenswert anzumerken ist, kommt er den originalen Erzählungen dadurch nur marginal näher.

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Die Effekte sind ein weiterer Punkt über den man, erstaunlicherweise bei einem Namen wie Andy Serkis, nicht viel Positives sagen kann. Während einzelne Standbilder sich durch ihren wertigen Look ins Gedächtnis brennen, scheint der Film im Großen und Ganzen recht unfertig. Ob dies nun der Tatsache geschuldet ist, dass der Streifen nun nicht auf einer großen Leinwand bestehen muss oder eben dies einer der Gründe war, weshalb ihm seine sprichwörtlichen 15 Minuten Ruhm verwehrt blieben, sei dahingestellt. Fest steht, dass Landschaften oftmals konturlos und flach wirken, wodurch einem das CGI förmlich entgegenspringt. Auch die generelle Entscheidung für eine „Vermenschlichung“ der tierischen Züge zur besseren Hervorhebung des Motion-Capturing kann durchaus als gewagt bezeichnet werden, entstehen so doch teils groteske, unnatürliche Grimassen. Überhaupt überkommt einem an mancher Stelle der Verdacht, dass sich die Verantwortlichen vielleicht doch lieber noch eine Tierdokumentation vor Fertigstellung hätten anschauen sollen, denn speziell der schmierige Handlanger Shere Khans, Tabaqui, hat nur mehr wenig mit einer Hyäne zu tun.

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Allerdings sind trotz all des Befremdens, welches das Endprodukt hervorruft, die schauspielerischen Leistungen durchwegs zu loben. Die großen Namen wie Bale, Cumberbatch, Blanchett und natürlich Serkis liefern ihr gewohnt hohes Niveau ab. Auch der eigentliche Hauptdarsteller Rohan Chand macht seine Sache, trotz seines zarten Alters und der sicher nicht ganz einfachen Drehbedingungen, erstaunlich gut.

Fazit:

Alles in allem ist „Mogli“ sicher keine Katastrophe im eigentlichen Sinn und hätte wahrscheinlich von einem Kinorelease profitieren können, allerdings kann man auch nachvollziehen, weshalb die Verantwortlichen dann doch kalte Füße bekommen haben, denn eine Frage muss man sich unleugbar bei diesem Projekt stellen: „Hätte es eine weitere Verfilmung dieses Stoffes in dieser Form wirklich gebraucht?“ – leider lautet die Antwort eher „Nein“.

Bewertung:

5 von 10 Punkten

von Mara Hollenstein-Tirk

 

Bilder: Netflix