Bereits fünf Jahre ist es her, als Regisseur Dan Gilroy und Schauspieler Jake Gyllenhaal als Traumduo mit dem Thriller „Nightcrawler“ Cineasten weltweit das Fürchten lehrten. Bis ins Detail ausgearbeitete Charaktere, treffsichere Dialoge und eine subtil mitschwingende Bedrohlichkeit ließen das Werk innerhalb kürzester Zeit zum Geheimtipp avancieren. Nachdem sich beide Virtuosen danach anderen Projekten zuwandten, versuchen sie nun in dem Netflix-Original „Die Kunst des toten Mannes“ die Magie erneut zu entfachen. Ob dabei ein weiteres Meisterwerk entstanden ist, erfahrt ihr in unserer Kritik.


Die Kunstwelt kann eine grausame sein, dass weiß wohl kaum jemand so gut, wie Starkritiker Morf Vandewalt, immerhin liegt es in seiner Hand, aufstrebenden Künstlern entweder zum ersehnten Erfolg zu verhelfen oder sie mit einer einzigen schlechten Besprechung in der Versenkung verschwinden zu lassen. Als die Mitarbeiterin einer befreundeten Galeristin eines Tages mit den Gemälden ihres verstorbenen Nachbars vor der Türe steht, ist nicht nur Morf außer sich. Innerhalb kürzester Zeit erzielen die Gemälde des unbekannten Genies horrende Preise. Doch was, wenn es einen Grund dafür gab, dass der Erzeuger sie nie veröffentlicht sehen wollte, sie sogar nach seinem Tod ausdrücklich vernichtet haben wollte?

Mit dieser spannenden, leicht skurril anmutenden Prämisse lockt „Die Kunst des toten Mannes“ (Orginaltitel: „Velvet Buzzsaw“) den Zuschauer in seine Welt, voll von Künstlern, Galeristen und der Suche nach dem „nächsten großen Ding“. Ähnlich wie „Nightcrawler“ versucht der Film dabei jede Facette des gewählten Milieus herauszuarbeiten, zu dekonstruieren, zu entblößen. Der Schnelllebigkeit, Oberflächlichkeit und Erbarmungslosigkeit dieser Welt mag es geschuldet sein, dass sich der Film selbst etwas oberflächlich anfühlt. Anstatt den Fokus auf seine Hauptfigur zu legen, führt der Regisseur gleich mehrere Figuren ein, denen der Zuschauer in einer beinahe episodenhaft anmutenden Aneinanderreihung von Szenen folgt. Die schiere Masse der Figuren ist auch ausschlagend dafür, dass keine von ihnen eine tiefreichende Charakterisierung erfährt, wodurch ihr Schicksal dem Zuschauer gleichgültig bleibt. Durch die Bekanntschaft der Figuren untereinander wird zwar ein vermeintlicher Konnex geschaffen, eine echte Verbindung der Ereignisse schlägt allerdings fehl.

Die Pacing- und Drehbuchprobleme einmal beiseite gelassen, enthüllt der Film auf inszenatorischer Ebene seine wahren Stärken: beeindruckende, wundervoll komponierte Einstellungen, ein gelungener Soundtrack, der den unterschwelligen Horror stets unterstützt, ohne ihn vorweg zu nehmen, und ein paar äußerst gut aufgelegte Schauspieler, die allesamt aus den dünn geschriebenen Rollen herausholen, was nur geht. Alleine die (leider viel zu rar gesäten) Horrorsequenzen, in denen der Zuschauer nie so recht weiß, was vor sich geht, sind ein visuell so berauschendes Fest, dass man sich beinahe an Filme wie „Mullholland Drive“ erinnert fühlt – ein Gefühl, welches während des viel zu braven, stringenten und zähen dramaturgischen Aufbaus allerdings allzu schnell auch wieder verloren geht.

Fazit:

Alles in allem ist „Die Kunst des toten Mannes“ / „Velvet Buzzsaw“ ein Film, der ein tonales Gewirr aus bissiger Satire, düsterem Thriller und markerschütterndem Horror darstellt, welches sich nie zu einem großen Ganzen zusammenfügt und den Zuschauer dennoch, ob seiner Bildgewalt und schauspielerischer Glanzleistungen, zu fesseln weiß. Ein Werk mit sehr viel Potenzial, von dem aber einiges verschenkt wurde.

Bewertung:

7 von 10 Punkten

von Mara Hollenstein-Tirk

Bilder: Netflix