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„Assassination Nation“ – Kritik

Zu Zeiten von sozialen Medien, Datenlecks und einer schier endlosen Vernetzung verschiedenster Kanäle und Plattformen nimmt die Menschheit im Jahre 2019 leise Abschied von ihrer Privatsphäre. Wo einst Schutz und Sicherheit im Vordergrund standen, reift die Jugend von heute immer mehr zu einer Ansammlung gläserner Individuen heran, deren Sehnsucht nach Anerkennung sich in der öffentlichen Zurschaustellung des eigenen Lebens kanalisiert. Geschützt durch die Anonymität des Internets fördert ebenjenes Verhalten aber nicht nur Positives zutage; Missgunst, Mobbing und Body Shaming gehören mittlerweile zum Tagesgeschäft. Den Ausmaßen dieser Entwicklung widmet sich der US-amerikanische Regisseur Sam Levinson in seinem Thriller „Assassination Nation“, der am 29.3. bei uns auf BluRay und DVD erscheint.

Eröffnet wird der Film von einer Ansprache einer leichtbekleideten Schulhofschönheit namens Lily, die neben einer zeitlichen Einordnung eine klare Warnung ausspricht: In den folgenden Minuten erwarten den Zuschauer unter anderem Gewalt, Sex, und Homophobie. Keine leichte Kost, und doch widmet sich die Handlung erst einmal genüsslich der Einführung seiner Charaktere. Die stößt dabei zwar nicht in sonderlich tiefgründige Regionen vor, verdeutlicht aber den aktuellen Status quo aller Beteiligten und legt so den Grundstein für eine emotionale Bindung, die mit Hilfe ihrer Varianz gleich mehrere Zielgruppen direkt anspricht.

Was anfangs noch wie das typische Gefühlschaos pubertierender Heranwachsender wirkt, entwickelt sich mit Fortlauf zu einem mitreißenden Strudel, der, genährt von tagesaktuellen Thematiken und einer höchst attraktiven Inszenierung, zu einem Rausch der Sinne heranwächst, der neben einem pessimistischen Blick auf die Gesellschaft vor allem allerlei Anspielungen und Freiraum für Interpretation bereithält. Eines steht aber ohne Zweifel fest: Der Ort des Geschehens trägt mit „Salem“ ganz bewusst den Namen der Stadt, die 1692 durch ihre Hexenprozesse weltweite Bekanntheit erlangte.

Denn auch in „Assassination Nation“ beginnt plötzlich eine Hexenjagd, nachdem die gezielte Veröffentlichung sensibler Daten die Kleinstadt in Aufruhr versetzt. Als Konsequenz beginnt der wütende Mob mit der rücksichtslosen Suche nach einem Schuldigen, gegen den er seine blinde Wut entrichten kann. Besonders hervorzuheben ist dabei die technische Komponente des Films. Extravagante Bildkompostionen, Zeitlupenaufnahmen, schwindelerregende Kamerafahrten und satte Farbenspiele sorgen für ein Höchstmaß an Abwechslung, ordnen sich aber stets dem großen Ganzen unter.

„Assassination Nation“ – neu auf BluRay & DVD

So ausgeprägt die visuelle Komponente auch sein mag; sie passt stets zum Gezeigten und wirkt, aller Stilisierung zum Trotz, erstaunlich natürlich. Die konstruktive Interferenz zwischen dem, was der Film darbietet und dem, was er damit aussagen möchte, ist der alles überstrahlende Dreh- und Angelpunkt. Ist es anfangs noch die metaphorische Ebene, die mit einer Mischung aus Stil- und Treffsicherheit punkten kann, ist es gegen Ende plötzlich die vordergründige Handlung, die zu fesseln weiß. Anstelle eines typischen Spannungsbogens setzt „Assassination Nation“ hier auf viele kleinere Highlights und hält die Anspannung so bis zum Schluss hoch.

Fazit:

Levinsons filmischer Abgesang ist ein ebenso beunruhigender wie auch faszinierender Ausflug in die heutige Popkultur und zugleich das Bildnis des gelebten Voyeurismus, vor dem der Zuschauer schon ganz am Anfang gewarnt wird – und dem er letztlich doch erliegt. Zwischen kurzen Röcken und kurzweiliger Satire feuert der Film pausenlos gegen Trump’sche Attitüden, verkommt aber nicht zu einem plakativen Attentat auf seine Betrachter. Und auch wenn „Assassination Nation“ die moderne Kultur mit all ihren Facetten anprangert; letztlich profitiert der Film von genau dieser Aktualität und beschwört vor allem eines herauf: Likes, Follower und Hater.

Bewertung:

8 von 10 Punkten

von Cliff Brockerhoff

Wer nun Lust auf „Assassination Nation“ bekommen hat: Der Film erscheint am 29.3. bei Universum Film auf BluRay / DVD. Und ihr könnt ihn schon jetzt bei uns vorbestellen:

Bilder: ©Universum Film

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