„Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt… Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ -Worte, die ganze Generationen begleiteten und den bis heute erscheinenden Asterix-Comicalben als Prolog dienen.

Auch in der Welt der bewegten Bilder hat der kleine Gallier einen Fixplatz und erfährt seit den 1960ern jedes Jahrzehnt filmische Auswertungen. Lange bevor computeranimierte Adaptionen und Realverfilmungen die Fangemeinde polarisierten, erfreuten sich die abendfüllenden Zeichentrickabenteuer der Figur allgemeiner Beliebtheit, von denen 1976 das bereits dritte ins Kino kam.

„Asterix erobert Rom“ ist im Kanon dieser Tradition wohl eines des hochwertigsten, zweifellos aber das populärste und meistzitierte Werk, das auch am weitesten über die Grenzen der Comic-Leserschaft hinaus wirkte. Dies mag vielleicht daran liegen, dass „Les 12 travaux d’Astérix“, so der französische Originaltitel, bereits in produktionstechnischer Hinsicht die Ausnahme der Regel darstellt. Die Erzählung ist die erste, die sich an keiner Comicvorlage orientiert und eigens fürs Kino geschaffen wurde. Gleichzeitig hatten die Asterix-Schöpfer wesentlichen Einfluss auf die Produktion; einmalig in der Geschichte verfassten René Goscinny und Albert Uderzo selbst das Drehbuch, mit dem sie bestes Gespür für ihre Kreationen bewiesen.

Die Story ist schnell erzählt: Cäsar verdächtigt die unbeugsamen Gallier, Götter zu sein, und gibt ihnen die Chance, dies zu beweisen. Wie einst Herkules sollen sie zwölf Aufgaben meistern, die darüber entscheiden, welche Partei sich unterwerfen muss. Vollbringen werden die Taten Asterix und Obelix, ihres Zeichens klügster und stärkster Dorfbewohner.

Die Handlung widerspricht mehrfach der Kontinuität der Serie, beginnend bei der Ausgangslage: Cäsar weiß nichts vom Zaubertrank, der den Galliern ihre Kraft beschert und – Achtung Spoiler für alle, die den Film tatsächlich noch nicht gesehen haben sollten, oder denen es auch der deutsche Titel nicht schon verrät: Asterix erobert letztlich Rom und schickt den Imperator in den Ruhestand. Man bricht so auch mit historischen Fakten, auf denen die Reihe natürlich basiert, was bislang aber nie so drastisch durchgeführt wurde. „Asterix erobert Rom“ wagt eine abgeschlossene Neuinterpretation des Quellenmaterials, hält dessen Charakteren aber eiserne Treue. Das Abenteuer konzentriert sich ganz auf die zwei Titelhelden, deren Eigenheiten großzügig ausgespielt werden. Zur selben Zeit fügen sich fantastische und surreale Elemente ein, die sonst bewusst gemieden wurden.

Auf technischer Ebene entspricht der Film durchaus den höheren Standards der damaligen Animationskunst und übertrifft mit allem klassischen Charme des Mediums seine nicht nur optisch flacheren Vorgänger entschieden. Dramaturgisch wiederum bestimmt ein eher lose gespannter Bogen das Geschehen, der ob der Prämisse einen episodenhaften Charakter besitzt. Der humoristische Heldenmythos wird aber abwechslungs- und temporeich erzählt und alle Sketche verfügen über Merkcharakter, am deutlichsten klarerweise jener um „Das Haus, das Verrückte macht“. Der „Passierschein A38“ wurde zum geflügelten Wort und im alltäglichen Sprachgebrauch synonym für bürokratische Hürdenläufe. Allein in diesem Punkt demonstriert das Grundkonzept von Asterix zeitlose Aktualität und eine seiner Hauptqualitäten, die Kommentierung zeitgenössischer Geschehnisse in einem historischen Gewand.

Das dritte Leinwandabenteuer des gallischen Helden ist Familienunterhaltung der alten Schule und ein Standardwerk des europäischen Zeichentrickfilms. Der Cartoon-Klassiker persifliert mit universellem Witz alles, was Geschichte und Gegenwart hergeben, und ist auch mehr als vierzig Jahre nach seiner Premiere ein Fabrikat von ungebrochener kultureller Signifikanz.

von Daniel Krunz

Wer nun Lust auf „Asterix erobert Rom“ bekommen hat: Der ganze Film befindet sich in sehr guter Qualität auf Youtube 🙂