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Diagonale 2019 ≡ „To the night“ – Kritik

Ein Film, der wortwörtlich brennt; ein Film, der versucht, die Psyche beziehungsweise das Innenleben der Hauptfigur auf der Bildebene nach außen zu kehren: „To the Night“ feierte seine Premiere im Rahmen des „Pendence Film Festival“ in Kanada und ist heuer auch auf der Diagonale, dem Festival des österreichischen Films, vertreten.

Regisseur Peter Brunner, der bei Michael Haneke lernte, konnte für „To the Night“ den aufstrebenden Schauspieler Caleb Landry Jones („Get Out“, „Three Billboards Outside of Ebbing, Missouri“ und „The Florida Project“) gewinnen, der zugleich das Herzstück des Films ist. Landry Jones mimt seine Figur Norman außerordentlich glaubwürdig. Norman ist Künstler, Familienvater, in New York lebend, und vor allem der einzige Überlebende eines Feuers im Kindesalter, bei dem seine Eltern ums Leben kamen. Dieses traumatisierende Erlebnis führt dazu, dass er mehr und mehr am Leben zu scheitern droht und neben seinem Vaterdasein ein exzessives, obsessives Leben führt. Er lässt diese Situation allerdings nicht auf sich beruhen, sondern setzt sich mit dieser frühkindlichen Lebenserfahrung körperlich auseinander, ja, durchlebt sie sogar nochmals freiwillig, um seine Erinnerung neu zu entfachen. Handlungen, die dazu führen, dass seine Mitmenschen mehr und mehr psychisch – und auch physisch – verletzt werden.

Brunner, dessen Intention es zu sein scheint, immersive Bildwelten zu kreieren, taucht die Szenerien farblich in ein intensives Rot, um das real erlebte Feuer und das „innere Feuer“ Normans gleichermaßen zu visualisieren, das durch Wut und auch Verzweiflung begründet ist. Zudem kommen dadurch Assoziationen zur Hölle auf. Dadurch entstehen ästhetisch beeindruckende Szenen, die eine gewisse Mystik hervorrufen.

Ein immersives Erlebnis bietet „To the Night“ jedoch nur bedingt, da stellenweise Handlungen der Hauptfigur unerklärt bleiben, die eigentlich Erklärung bedürften. So gestaltet sich das Verständnis für die Figur mitunter schwierig. Im Allgemeinen stehen so die Bilder im Fokus, die Handlung erscheint eher nebensächlich. Die Verbindung, der rote Faden spinnt sich eher durch eine emotionale Verbundenheit der Szenen, die keinen narrativen beziehungsweise logischen Konventionen folgen. Trotz des Einsatzes dieser „assoziativen Bilder“, die zwar ein ästhetisches Erlebnis sind, ist es schwer, wirklich in den Film einzutauchen und einen Zugang zu finden. So ist „To the Night“ ist ein Film über die Verzweiflung, die Hoffnung und das tagtägliche Scheitern geworden, der aber nur bedingt so funktioniert, wie wohl vom Regisseur intendiert.

Rating:

68/100

von Elli Leeb

Bilder: © Freibeuter Film

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