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“The Lodge” – Kritik

Nach dem Tod ihrer geliebten Mutter sind es vor allem die Kinder Mia und Aidan, die ihr Leben neu ordnen und sich mit der neuen Situation anfreunden müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass ihr Vater mit Grace bereits eine neue Liaison begonnen hat, bei der bereits eine abermalige Hochzeit im Raum steht. Mithilfe eines Ausfluges über die Weihnachtstage sollen soziale Bande geknüpft werden, doch als plötzlich der Strom ausfällt und Gegenstände aus der Berghütte verschwinden, ist es insbesondere Grace, die nach und nach dem Wahnsinn geweiht scheint.

von Cliff Brockerhoff

So lautet sie also, die Prämisse des neuen Spielfilms aus der Feder von Veronika Franz und Severin Fiala. Das österreichische Regie-Duo wagt sich erstmals auf die ganz große Bühne, nachdem ihr letztes Werk „Ich seh ich seh“ zwar von Genrefans gefeiert wurde, letztlich aber immer noch unter dem Radar der allgemeinen Aufmerksamkeit fliegt. Dass die beiden eine eher unkonventionelle Herangehensweise pflegen, zeigen nicht nur der dramaturgische Aufbau und das Pacing des Vorgängers aus dem Jahre 2014, sondern auch die Tatsache, dass vor dem Screening von „The Lodge“ ein Statement verlesen wurde, das im Kern folgendes besagt: Always keep smiling. Wie bizarr der Kontrast zur folgenden Story ist, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen.

Beim Setting bewegt sich das Werk auf den Spuren großer Vorbilder; eine verschneite Hütte fernab der Zivilisation, knarzende Holzdielen und diabolische Klänge beschwören ohne viel Dazutun eine dichte Atmosphäre herauf, die der Film während seiner kompletten Laufzeit auch konsequent aufrecht erhält. Angelehnt an die neuerlich aufbrandende Welle der traditionell geprägten Horrorfilme sind es auch in „The Lodge“ die Dinge, die in den dunklen Ecken bestenfalls zu erahnen sind, die sich in den Gedanken der Zuschauer verankern. Manchmal lassen sich gar leise Flüstergeräusche vernehmen – kaum verständliche Wortfetzen, Dopplungen der Dialoge. Ob diese der Einbildung entspringen oder tatsächlich in der Tonspur des Films platziert wurden? Schwer zu sagen.

Ebenso nebulös wie das Arrangement der Geräuschkulisse erscheint anfangs das Zusammenspiel der behandelten Thematiken. Es wird eine Geschichte über die Opfer einer zerbrochene Ehe erzählt, die neben der Trauerbewältigung nun auch noch mit der neuen Partnerin des Vaters zu kämpfen haben, die ihrerseits ganz nebenbei eine tablettenabhängige Sektenanhängerin zu sein scheint. Im Mittelteil droht der Film kurzzeitig in seiner Ambition und der dargebotenen Divergenz zu ertrinken, taucht aber glücklicherweise im richtigen Moment wieder auf und stürzt sich in einen Twist, der die Handlung entwirren kann, sodass am Ende zwar nicht jede Handlung zwingend logisch, aber zumindest nachvollziehbar erscheint. In Anbetracht des psychologischen Ballastes der Protagonisten und der sich entfalteten Situation erfahren die Charakter keine große Entwicklung, handeln aber innerhalb ihrer Motive. Und auch wenn der geneigte Zuschauer nicht mit diesen konform gehen mag, an Authentizität mangelt es nie.

Dies liegt hauptsächlich an einer sehr guten Leistung der gesamten Besetzung. Den Kindern, gespielt von Jaeden Martell (“The Book of Henry”, “Es”) und Lia McHugh (ab 2020 Teil des Marvel Cinematic Universe) gelingt es, ihre Gefühlsmischung aus Trauer und Wut glaubhaft zu verkörpern. Star des Films ist aber eindeutig Riley Keough, die sich in ihrer Rolle als blassgesichtige und bibelfromme Bettgespielin als absoluter Eyecatcher erweist. Allein mit ihrem durchdringenden Blick sorgt sie ein ums andere Mal für Gänsehaut und trägt die Last der Handlung mühelos auf ihren schmalen Schultern.

Fazit:

Am Ende ist „The Lodge“ genau das geworden, was der Trailer bereits suggerierte. Ohne viele Überraschungen kommt der Film als stimmig inszenierter Eisbrocken daher, der mit seiner ausgewaschenen Farbpalette und seinem unterkühlten Szenenbild für innere Kälte sorgt. Wer seiner guten Laune einmal überdrüssig sein sollte, muss das österreichische Werk auf jeden Fall auf der Rechnung haben, denn eines sei an dieser Stelle versprochen: Wenn der Abspann einsetzt und sich die Anspannung verflüchtigt, wird im Kinosaal auch das letzte Lachen eingefroren sein.

Bewertung:

8 von 10 Punkten

Gesehen wurde der Film auf dem Fantasy Filmfest, das seit Jahren fester Bestandteil der gepflegten Filmkultur ist und zu den bedeutendsten Genre-Filmfestivals der Welt zählt. Auch in diesem Jahr macht das Festival in diversen deutschen Großstädten, unter anderem in Hamburg, Berlin, München oder Köln Station und begeistert Fans mit seinem abwechslungsreichen Festivalprogramm. Am Donnerstag, den 19.9. eröffnet “The Lodge” außerdem das /Slash-Filmfestival in Wien, von dessen 10. Ausgabe wir auf Film plus Kritik in den kommenden Tagen ausführlich berichten werden.

Bilder: ©SquareOne Entertainment / Fantasy Filmfest

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