Mit deutsch-österreichischer Star-Besetzung inszeniert Philipp Stölzl den Bühnen-Erfolg „Ich war noch niemals in New York“, ein Jukebox-Musical, in dem die Lieder von Udo Jürgens in einer quietschbunten Wohlfühl-Story verwurschtelt werden. Damit lässt Stölzl ein Genre im deutschsprachigen Raum wiederaufleben, das in den letzten Jahren überwiegend die Filmschaffenden jenseits des Atlantiks bedient wurde. Der Film ist seit 17.10. in unseren Kinos zu sehen.

Die Handlung folgt Fernsehmoderatorin Lisa (Heike Makatsch), deren Mama Maria (Katharina Thalbach) nach einem Sturz ihr Gedächtnis verliert. Weil ihre einzige Erinnerung New York ist, schleicht sich die Pensionistin auf den nächstbesten Luxuskreuzer; Lisa eilt ihr hinterher. Auf der gemeinsamen Reise kommen sich nicht nur Mutter und Tochter näher: Lisa trifft auf Stochastiker Axel (Moritz Bleibtreu) und Maria lernt Eintänzer Otto (Uwe Ochsenknecht) kennen. Unterdessen verliebt sich Lisas Maskenbildner Fred (Michael Ostrowski) in den griechischen Schiffszauberer Costa (Pasquale Aleardi).

Es ist ein herziger Gute-Laune-Plot, mehr ein Mittel zum Zweck und ein Vehikel für die diversen Jürgens-Songs als sonst etwas. Als solches funktioniert der Film nicht auf Anhieb: aus unerfindlichen Gründen werden Songs, darunter auch der Titelsong im mühseligen ersten Akt lediglich kurz angesungen und versieben wieder, ehe sie sich entfalten können – man fürchtet, dass es nicht mehr besser wird. Hoffnung keimt erst wieder, wenn der Kreuzer abgelegt hat und Pasquale Aleardi (der mit Abstand beste Sänger des Casts) „Griechischer Wein“ anstimmt. Das ist atmosphärisch, das macht Spaß und mit dem Schiff nimmt dann auch der Film Gott sei Dank an Fahrt auf.

Was den Film hindurch konsequent durchgezogen wird ist die schmalzig-bunte Künstlichkeit, nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass der Film vollständig auf Studiokulissen gedreht wurde, die aussehen, als wären sie aus dem zuckersüßen Traum vom opulentesten 50er-Jahre-Hollywoodmusical entsprungen. Der Kitsch trieft aus dem Sahnetortenbuffet an Deck, den Kronleuchtern im Ballsaal und wenn vom Schiff sehnsüchtig in den Sonnenuntergang geschmachtet wird, dann springen natürlich auch die Delfine durchs Bild. Das ist alles so übertrieben und doof, dass es zweifellos nicht allen Kinogängern gefallen wird – aber es fühlt sich für diese Art von Film nur folgerichtig an.

Der Cast singt und tanzt sich bei bester Laune durch einen Jürgens-Hit nach dem anderen. Das sängerische Niveau des Casts schwankt, wobei Aleardi und Ochsenknecht ihre Sache am besten machen. Dass bei den anderen nicht immer jede Note perfekt sitzt, tut dem Vergnügen aber überhaupt keinen Abbruch. Es ist sogar sympathisch und sorgt dafür, dass die völlig überzeichneten Figuren ein bisschen geerdet werden. Angst brauchen Musical-Fans keine haben: So schlimm wie Pierce Brosnan in „Mamma Mia!“ wird es zu keiner Zeit.

Und so vergehen heitere zwei Stunden Unterhaltung, die trotz Überfahrt des Atlantiks kaum seichter sein könnten. Zwar geht es um versäumte Chancen und unerfüllte Träume, doch für den Tiefgang, den diese Themen hergeben könnten, interessiert sich der Film nicht wirklich. Man ist hin- und hergerissen, wenn man einerseits bedenkt, was bei höherer dramatischer Fallhöhe möglich gewesen wäre und andererseits bestaunt, wie überzeugt der Film davon ist, dass ihn das ohnehin nicht interessiert. Stattdessen prahlt er mit der offenkundig teuren Ausstattung und einem Dauerfeuerwerk an guter Laune.

Fazit

Damit ist „Ich war noch niemals in New York“ albernster Kitsch für zwei Stunden. Eine beizeiten holprige, aber stets charmante Ode ans Musical-Genre und Udo Jürgens und ein spektakulärer Augenschmaus für all jene, die finden, dass „mehr“ sowieso immer „mehr“ ist. Wer mit Musicals ohnehin nichts am Hut hat, der wird hier zu Tode genervt – wer aber etwas dafür übrighat oder ein Fan von Udo Jürgens ist, auf den wartet ein Sahnebuffet an Herz. Fast ärgert man sich, wie sehr man sich mitreißen lässt, aber man ist ja doch nicht aus Stein.

Bewertung

7 von 10 Punkten

von Paul Kunz

Bilder: UPI