In einer aktuellen Kontroverse um den filmischen Wert der Marvel-Superheldenfilme hat sich nun auch „Der Pate“-Regisseur Francis Ford Coppola eingeschaltet. Bei einer Preisverleihung in Lyon unterstützte er eine Kritik am Genre durch Regie-Superstar Martin Scorsese.

von Paul Kunz

Denn Scorsese hatte vor einigen Wochen den Erfolg der Comic-Verfilmungen aus dem Hause Marvel kommentiert, als er sie mit Vergnügungsparks verglich. Im einem Interview mit dem Magazin „Empire“ sagte er, dass Marvel-Filme kein Kino seien, da darin keine emotionalen Erfahrungen an das Publikum vermittelt würden. Man dürfe nicht zulassen, dass das Kino von solchen Filmen durchdrungen werde.

Coppola ging in seiner Kritik am Superhelden-Genre sogar noch einen Schritt weiter und sagte nicht nur, dass Marvel-Filme kein Kino seien, sondern nannte sie darüber hinaus „despicable“, also abscheulich:

„Wenn Martin Scorsese sagt, dass die Marvel-Filme kein Kino sind, hat er recht, denn wir erwarten von Kino, dass wir etwas lernen, etwas erreichen, sei es Erleuchtung, Wissen oder Inspiration. Ich denke nicht, dass irgendjemand davon profitiert, denselben Film immer und immer wieder zu sehen. Martin war nett, als er sagte, dass diese Filme kein Kino sind. Er sagte nicht, dass sie abscheulich sind, was ich sehr wohl sage.“

Francis Ford Coppola

Inzwischen haben sich einige prominente Stimmen, die mit den Marvel-Filmen in Verbindung stehen, zu Wort gemeldet, um auf die harsche Kritik zu reagieren. „Guardians of the Galaxy“-Regisseur James Gunn argumentierte etwa, dass frühere Generationen auch nichts mit Gangster- oder Western-Filmen anfangen konnten – und davor mit Filmen generell. Marvel-Darstellerin Natalie Portman gab zu bedenken, dass es Raum für alle möglichen Arten von Kino geben kann. Besonders gefasst reagierte „Iron Man“-Regisseur Jon Favreau zuletzt auf die Meinungen der zwei Meisterregisseure: „Diese beiden sind meine Helden und sie haben sich das Recht verdient, ihre Ansichten auszudrücken. Ich könnte nicht tun, was ich tue, wenn sie nicht den Weg geebnet hätten.“

Wenn die Marvel-Filme auch nicht den Geschmack von Scorsese und Coppola treffen, so gilt selbiges keineswegs für die breite Masse: Das Superheldenfranchise lockt seit Jahren unzählige Besucher in die Kinosäle und bringt dementsprechend auch die profitabelsten Filme Hollywoods hervor. So befinden sich aktuell fünf Marvel-Filme in den Top Ten der erfolgreichsten Filme der Kinogeschichte. Mit einem Einspielergebnis von rund 2,8 Milliarden US-Dollar führt „Avengers: Endgame“, der bisherige Höhepunkt der Marvel-Reihe, die Liste als erfolgreichster Kinofilm aller Zeiten an.