Tag 2 der Reizüberflutung zieht ins Land der Berge und startet frisch und jugendlich mit dem Shootingstar Jack Dylan Grazer (Bild unten), der mit „It“ und „Shazam!“ rasant zum Fanliebling aufstieg, was deutlich zu sehen und vor allem zu hören war. Grazer wurde mit einem schrillen Kreischkonzert empfangen und bekam während seiner Anwesenheit mehr Herzen zugeschickt, als ein Chirurg in seiner gesamten Laufbahn zu Gesicht bekommt.

von Daniel Krunz

Der Newcomer hat in seiner gerade erst startenden Karriere bereits einiges erreicht und dabei auch schon zwei Drittel seiner persönlichen Bucket List abgehakt, wie er offenbarte. In einem DC-Film mitzuwirken und an der Seite von Steve Carell zu spielen hat er schon geschafft, da fehlt nur noch sein drittes großes Ziel, nämlich eines Tages einen Oscar zu gewinnen. Ob sich der Wunsch erfüllen wird, steht zur Zeit noch in den Sternen, jedenfalls hat der gerade einmal 16-jährige noch viel Zeit dazu und besitzt zumindest das nötige Talent und die Ambition für eine weiterhin erfolgreiche Laufbahn. Bei all der jugendlichen Leichtfüßigkeit, die der Newcomer an den Tag legt, beweist er dann aber auch erstaunliche Reife, wenn es etwa um eine Absage nach einem Casting geht. „Es gibt keine Ablehnung, entweder ist man dazu bestimmt, eine Rolle zu spielen, oder nicht.“, meint er da und liefert mit der Ansicht einen gar nicht uninteressanten Denkanstoß. Da ist man freilich schon auf seine Schauspielarbeit gespannt, der von Luca Guadagnino inszenierten TV-Miniserie „We Are Who We Are“, in der Grazer einen jungen Mann in einer Identitätskrise mimt.

Neben diesen Einblicken galt das Q+A aber ganz seinen vornehmlich weiblichen und sehr jungen Fans. Es hagelte reihenweise Tränen, Liebesgeständnisse und Umarmungen.

Nun ist es denkbar schwer, eine passende Überleitung zum nächsten Panel Gast zu finden, der mit Action Ikone Steven Seagal (Titelbild) vertreten war. Daher sparen wir uns den Versuch und schildern geradewegs unsere Eindrücke von betreffendem Podiumsgespräch, dessen knappe Dreiviertelstunde Seagal mit vielerlei verwertbaren Informationen füllte.

Dabei wollte der interdisziplinäre Schwarzgurtträger und erste Ausländer, der in Japan ein Dojo begründete, eigentlich gar kein Schauspieler werden und sah die Motivation, seine erste Filmrolle anzunehmen, vorrangig darin, ein globales Publikum mit der Kampfkunst Aikido bekannt zu machen. Eins führte zum Anderen und mittlerweile blickt Seagal auf eine beeindruckende Zahl von über 100 Schauspielcredits zurück. Im Laufe seiner Karriere kreierte der Actionstar aber auch seinen ganz eigenen, unverkennbaren Kampfstil, den er aus den unterschiedlichen von ihm gemeisterten Disziplinen fusionierte. So wurde der praktizierende Buddhist auch während dieses Gesprächs nicht müde, seine dahinterstehende Philosophie zu predigen und betonte wiederholt die Funktion von Kampfkunst als Mittel zur Selbstverteidigung und Nächstenhilfe, den am Ende seien wir ja alle eine Familie. Es gelte jedem Menschen, unabhängig von Herkunft und Religion, dasselbe Verständnis entgegenzubringen, eine Message, die auch durchaus von Seagals Filmografie transportiert wird.

Angesprochen auf ein weiteres wichtiges Thema, das in seinen Filmen, wie auch in seinem persönlichen Engagement eine zentrale Rolle spielt, nämlich den Umweltschutz, zieht Seagal aber ein ernüchterndes Resümee und hält fest, dass sich nichts verändert habe. Wir alle wären dafür verantwortlich, die Verantwortlichen an ihre Versprechen zu erinnern. Auch sonst scheute sich der ehrenamtliche Deputy Sheriff und Hobbymusiker nicht, seine sensible Seite nach Außen zu kehren und sorgte für einen überaus emotionalen Moment, als das Gespräch auf den frühzeitigen Tod von Brandon Lee fiel, den er seit dessen früher Kindheit kannte.

Seagal spaltet auch abseits der Leinwand die Gemüter, doch eine aparte und interessante Persönlichkeit ist ihm keineswegs abzusprechen. Sein soziales Engagement und den  Respekt vor anderen Kulturen kauft man ihm jedenfalls ab, so bewies er auch hier etwa seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse, als er eine Fanfrage in fließendem Japanisch beantwortete. Dass es filmisch in letzter Zeit ruhig um ihn wurde, scheint ihn da nicht weiter zu stören, da er mit seinen vielen sonstigen Projekten mehr als ausgelastet scheint. Dies hält ihn aber nicht davon ab, selbst Filme zu konsumieren, wobei er gestand, „Roma“ nicht verstanden zu haben und Donnie Yen als seinen Favorit unter den zeitgenössischen Actionstars markierte, der obendrein noch ein guter Freund ist.

Seagal lieferte also wirklich eine Menge an Gesprächsstoff, der hier leider nicht zur Gänze wiedergegeben werden kann, als beschließender Fun Fact bietet sich aber vielleicht noch folgendes an: Offenbar befand sich Steven Seagal tatsächlich eine zeitlang auf der Liste potentieller Batman-Darsteller, ehe die Rolle schließlich an Michael Keaton ging. Bitteschön, noch mehr Stoff zum Nachdenken.

Neben den Panels versuchten wir auch heute so viel Eindrücke von der Comic Con zu sammeln wie möglich, was sich angesichts der etwas geringeren, aber immer noch überwältigenden BesucherInnenzahl wesentlich gemütlicher gestaltete, als es an Tag 1 der Fall war. Bei unseren Streifzügen begegneten wir unter anderem der Kinderbuchlegende Thomas Brezina und seinem „tollsten Fahrrad der Welt“, tanzten zu den Klängen einer mittelalterlichen Headbanger-Band und wurden Zeuge eines Battles zwischen LARP-Schwertern und Nerf Guns.

Es war ein spannendes Wochenende voller Erlebnisse, daher kann der Veranstaltung, die die Nerdkultur hochleben lässt und massenweise Gleichgesinnte vereint, nur gratuliert werden.Wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste Ausgabe der Vienna Comic Con und sind schon gespannt auf die künftigen Stargäste.

Bilder: (c) DB-Photography