Während der Joker aktuell aufgrund Todd Philipps Filmdrama in aller Munde ist, das bei der Oscarverleihung 2020 auf elf Statuetten hoffen darf, startet mit „Birds of Prey“ ein weiterer Streifen, der schurkischen Stoff aus dem DC-Comics-Universum aufgreift. Hauptfigur ist diesmal jedoch nicht Batmans Erzfeind, sondern dessen Freundin Harley Quinn (Margot Robbie). Diese soll im Laufe ihrer Geschichte, so verspricht es der verlängerte Titel des Films, eine „fantabulous emancipation“ durchmachen.

von Paul Kunz

Zu Beginn des Films steht nämlich die Trennung von Gothams größtem Verbrecherpaar. Der Joker hat mit Harley Schluss gemacht, was die verrückte Clowndame vor ein gewaltiges Problem stellt: Da Harley nun nicht mehr im Schutz des gefürchteten Oberschurken steht, ist sie freie Beute für alle Personen, die sie jemals verärgert hat. Dazu gehört auch der Gangsterboss Roman Sionis, alias Black Mask (Ewan McGregor). Der verspricht Harley, sie in Ruhe zu lassen, wenn sie ihm einen gestohlenen Diamanten wiederbeschafft. Doch in die Angelegenheit sind noch weitaus mehr Personen verwickelt, als zunächst ersichtlich – und so trifft Harley auf Barsängerin Black Canary (Jurnee Smollett-Bell), Polizistin Renee (Rosie Perez), Armbrust-Schützin Huntress (Mary Elizabeth Winstead) und auf das diebisch begabte Mädchen Cassandra (Ella Jay Basco).

„Birds of Prey“ teilt viele der Schwächen seines Vorgängerfilms „Suicide Squad“. So ist etwa die Handlung ähnlich dünn und nimmt viel zu spät Fahrt auf. Dies liegt zum Teil daran, dass die am Geschehen beteiligten Figuren nicht organisch in die Handlung eingeführt werden. Stattdessen bevorzugt es der Film, sämtliche Hintergrund-Informationen über die zahlreichen Personen via Voice-Over von Harley Quinn auf das Publikum zu schleudern, wenn sie das erste Mal auftauchen. In den figuren-einführenden Montagen sorgen Texteinblendungen und bunte Blinklichter zusätzlich für überfrachtete Bilder und einen weiter erschwerten Informationsfluss. Diese Vorgehensweise macht es dem Publikum weitaus schwerer, mit den Figuren mitzufühlen. Das ist doppelt schade, weil die Grundsteine hierfür ordentlich gelegt wurden. Die Damen rund um Harley haben klare Motivationen, die sind zumindest mäßig interessant, sie kommen in der konfusen Erzählform nur kaum zur Geltung.

Dennoch, und dies hat „Birds of Prey“ seinem Vorgänger voraus, macht der Film von Zeit zu Zeit durchaus Spaß. Er ist nicht so düster angelegt wie „Suicide Squad“ und scheint sich in seiner eigenen Doofheit weitaus wohler zu fühlen. Es gibt Witze, die funktionieren und eine wenig tiefgründige, aber immerhin sympathisch-lustige Beziehung zwischen Harley Quinn und der jugendlichen Diebin Cassandra. Auch die Action-Szenen sind kompetenter choreografiert und gefilmt als in „Suicide Squad“ und schaffen es somit, für Unterhaltung zu sorgen. Besonders launig sind jene Momente, in denen alle weiblichen Hauptfiguren im Kampf zusammenarbeiten. Doch darauf muss man leider viel zu lange warten.

Schauspielerisch hat der Film nicht allzu viel Interessantes zu bieten. Margot Robbie spielt Harley Quinn mit Freude an der Sache – viel abverlangt wird ihr allerdings nicht, denn von Charakterentwicklungen oder gar einer „fantabulösen Emanzipation“ gibt es allerhöchstens Ansätze. Ewan McGregor hat besonders ansteckenden Spaß in seiner Rolle als narzisstisch veranlagter Verbrecherboss, der Menschen gerne das Gesicht runterschält. Das Drehbuch erlaubt ihnen aber nicht, ihren Figuren auch Tiefgang zu verleihen.

Fazit

„Birds of Prey“ hätte eine gehaltvolle Geschichte über Harleys Weg zur eigenen Identität nach ihrer Trennung vom Joker sein können – mit Witz, Herz und einer geballten Ladung Frauenpower. Stattdessen ist es ein albernes Durcheinander mit verschenktem Potenzial an allen Enden, das einem unnötigerweise durch einen auffälligen visuellen Stil einzureden versucht, man hätte Spaß. Den kriegt man ohnehin immer mal wieder, es hätte aber trotzdem gerne mehr sein dürfen.

Bewertung

5 von 10 Punkten

Bilder: Warner Bros.