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Oscar-Nachlese: Alle Highlights, Sieger & Überraschungen

Zum 92. Mal hat die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in der vergangenen Sonntagnacht die Oscars verliehen. Wie im Jahr zuvor kam die Verleihung auch diesmal ohne Host aus – bot dafür aber eine Reihe von Überraschungen bei den Preisen und den Live-Acts.

von Paul Kunz

Als großer Sieger des Abends kann Bong Joon-hos „Parasite“ bezeichnet werden. Die sozialkritische Tragikomödie über eine arme Familie, die es sich im Haus einer reichen Familie bequem macht, konnte vier seiner sechs Nominierungen in Preise umwandeln und ist der meistausgezeichnete Film des Abends. Zu erwarten war ein Oscar für den besten internationalen Film. Durchaus überraschend, aber absolut erfreulich, waren dafür drei weitere Siege in den Kategorien für das beste Originaldrehbuch, die beste Regie und auch in der wichtigsten Kategorie des Abends: dem besten Film. Sichtlich überrascht war auch Regisseur Bong Joon-ho, der in seiner dritten Rede des Abends dafür sorgte, dass sein Vorbild Martin Scorsese eine Standing Ovation erhielt. Denn Scorseses Mafia-Epos „The Irishman“ ging trotz zehn Nominierung völlig leer aus und ist damit der große Verlierer des Abends.

Mit seinem Siegeszug stellt „Parasite“ dafür eine ganze Reihe an Rekorden auf: Nicht nur sind Bong und Co-Autor Han Jin Won die ersten asiatischen Autoren, die den Oscar für das beste Drehbuch erhielten, es ist auch der erste internationale Oscar für einen südkoreanischen Film. Weiters ist „Parasite“ der erste Film, der sowohl den Preis für den besten internationalen Film als auch jenen für den besten Film erhalten hat.

Die Auszeichnungen in den Schauspielkategorien sah man dafür schon von Weitem kommen. Renée Zellweger wurde für ihre großartige Judy Garland im Biopic „Judy“ als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Joaquin Phoenix erhielt den Preis für den besten Hauptdarsteller für seine hervorragende Leistung als Comic-Schurke Joker im gleichnamigen Filmdrama. Während Renée Zellweger einer nicht enden wollenden Liste an Menschen dankte, verzichtete Joaquin Phoenix in seiner eigentümlichen Rede gänzlich auf Danksagungen bei Cast und Crew und forderte stattdessen zu weniger Egozentrismus und mehr Verantwortung für die Mitmenschen und Tiere auf.  Für „Joker“ wurde auch die isländische Komponistin Hildur Guðnadóttir ausgezeichnet, die den Preis für die beste Filmmusik erhielt.

Brad Pitt erhielt seinen ersten Schauspiel-Oscar in der Kategorie des besten Nebendarstellers für seine Rolle als charismatischer Stuntman in Quentin Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood“. Tarantinos Liebesbrief ans Hollywood-Kino der 60er, der außerdem die Ermordung von Sharon Tate thematisiert, wurde außerdem für das beste Szenenbild ausgezeichnet. Der Oscar für die beste Nebendarstellerin ging an Laura Dern, die als gleichsam einfühlsame und hartgesottene Scheidungsanwältin in Noah Baumbachs „Marriage Story“ zu überzeugen wusste.

Sam Mendes‘ Kriegsdrama „1917“, von vielen vorab als großer Favorit gehandelt, erhielt lediglich Preise in den technischen Kategorien. Für die beeindruckende Kameraführung, die den Eindruck erweckt, der Film sei in einer einzigen Einstellung gedreht worden, wurde Roger Deakins mit dem Oscar für die beste Kamera ausgezeichnet. Der Film erhielt außerdem Trophäen für die besten visuellen Effekte und die beste Tonmischung. „Le Mans 66“ konnte Preise für den besten Tonschnitt und den besten Schnitt ergattern.

Greta Gerwig wurde als Regisseurin für die großartige Literaturverfilmung „Little Women“ gänzlich übersehen und von der Academy nicht einmal nominiert. Der Film erhielt einen einzigen Preis in der Kategorie bestes Kostümdesign. Das Drama „Bombshell“ über Sexismus und Belästigungsvorwürfe in der Fox-News-Zentrale erhielt für die Verwandlung seiner Hauptdarstellerinnen durch prothetisches Make-Up die Auszeichnung für bestes Make-Up und Frisuren. Der beste Filmsong ging an Elton Johns „I’m Gonna Love Me Again“ aus seinem eigenen Biopic „Rocketman“, den er auch live performte.

Zu den Performance-Highlights des Abends zählte neben Elton auch eine fetzige Eröffnungsnummer von Janelle Monáe und kurzer Einlage von Billy Porter und insbesondere Billie Eilishs gänsehauteinflößende Cover-Version vom Beatles-Song „Yesterday“ während des In-Memoriam-Segments. Besonders schräg, aber dennoch cool war dagegen ein Überraschungsauftritt von Eminem, der seinen Hit „Lose Yourself“ unangekündigt für ein sichtlich erstauntes Hollywood-Publikum performte. Cynthia Erivo schmetterte gefühlvoll die Powerballade „Stand Up“ und Idina Menzel plagte sich beim „Frozen“-Song „Into The Unknown“, erhielt aber diesmal Unterstützung von Elsa-Stimmen aus aller Welt, darunter mit Willemijn Verkaik auch die Stimme der deutschsprachigen Synchronfassung.

Der beste Animationsfilm ging an Pixars „Toy Story 4“, während „Hair Love“ als bester animierter Kurzfilm gehrt. Den besten Kurzfilm erhielt „The Neighbor’s Window“. „American Factory“ wurde mit dem Oscar für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet, der beste Dokumentar-Kurzfilm war „Learning to Skateboard in a Warzone (If You’re a Girl)“.

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