Erneut habe ich mich in die Untiefen jener Bewertungsseite begeben, welche Filme nach einem etwas undurchsichtigen Algorithmus, der mit Kritiken gespeist wird, in „rotten“ und „fresh“ unterteilt. Schafft es ein Film nicht über die 60% – Hürde, gleicht er in den Augen der Betreiber also einem verfaulten Gemüse. Doch hat wirklich jeder Film, der dort zu finden ist dieses faulige Prädikat verdient? Ich sage ganz klar: Nein. Deswegen habe ich für euch 10 weitere Filme ausgegraben, die meiner Meinung nach deutlich unter Wert gehandelt werden und zu Unrecht als „rotten“ deklariert sind. Wie bereits bei der letzten Liste zu diesem Thema, fange ich dabei mit den höher bewerteten Filmen an und arbeite mich entlang der Prozentzahlen immer weiter nach unten im filmischen Komposthaufen.

von Mara Hollenstein-Tirk

The Dead don’t die (2019) 55%

Fangen wir mit einem Film an, der zwar unter den hier Genannten noch eine recht hohe Bewertung bekommen hat, aber trotzdem eindeutig in die Kategorie „Der verdient einen VIEL höheren Score“ fällt. Es mag schon stimmen, diese Zombiekomödie, die sich auf der einen Seite jeglichen Genrekonventionen zu verweigern scheint, und auf der anderen Seite famos mit ihnen zu spielen vermag, wird nicht jedermanns Geschmack treffen. Aber von dem Prädikat „rotten“ sollte er dennoch meilenweit entfernt sein.

ausführliche Kritik: -> The Dead Don’t Die

Der Knochenjäger (1999) 28%

Wie es sein kann, dass dieser auf einem Buch basierende Thriller aus den späten 90-ern mit Denzel Washington und Angelina Jolie in den Hauptrollen so eine niedrige Bewertung haben kann, ist wohl auch eines der großen Rätsel der Filmgeschichte. Natürlich erfindet der Film das Rad nicht neu, und manche Szenen könnte man als ungelenk beschreiben, aber die finale Enthüllung kommt dann doch überraschend und abgesehen vom deutlich zu kitschigen Ende steht der Film auch insgesamt auf sehr soliden Beinen.

Event Horizon (1997) 27%

Paul W.S. Anderson ist sicherlich nicht der begnadetste Regisseur auf dem Planeten, das hat er mehr als eindrücklich mit der „Resident Evil“-Reihe bewiesen. Seinem Ausflug in das Science-Fiction-Genre sollte man hingegen, trotz der mageren Bewertung auf Rotten Tomatoes, durchaus eine Chance geben. Die Geschichte ist zwar nicht besonders innovativ, dafür hat man sich mit Laurence Fishburne und Sam Neill zwei Darsteller geholt, die den Film problemlos stemmen können, das Ganze noch mit ein paar wirklich gruseligen, stellenweise sogar richtig grausigen Szenen garniert, und auch das Setting weiß zu gefallen.

Gesetz der Rache (2009) 26%

Vielleicht ist es hier ja der Selbstjustiz-Gedanke, der die Leute abschreckt, oder die in diesem Zusammenhang gezeigten, teils sehr expliziten und grausamen Szenen – man weiß es nicht, denn viel anderes kann man dem Film eigentlich nicht vorwerfen. Das Katz-und-Maus-Spiel funktioniert dank kompetenter Inszenierung hervorragend, Butler und Foxx geben ein gutes Gespann ab und das Tempo bleibt stets hoch. Wer also wieder mal Lust auf einen guten Thriller hat, nach dem man, aufgrund der fragwürdigen dargebotenen Moral, sicher eine spannende Diskussion führen kann, der sollte hier auf jeden Fall einen Blick riskieren.

„Gemini Man“ (2019) – 26%

Und noch ein Film, bei dem das Unverständnis die schlechte Bewertung betreffend groß ist. Man kann natürlich nicht abstreiten, dass es weder Ang Lees noch Will Smiths beste Arbeit ist. Auch der doch recht genretypischen Plot und der dezente 90-er Jahre Flair lassen sich kaum bestreiten. Und trotzdem hat der Film etwas. Mag es an dem Charmebolzen Will Smith liegen, an den teils, leider nicht immer, atemberaubenden Effekten oder dem spritzigen Erzähltempo, eines ist auf jeden Fall sicher: 26% hat dieser Film nicht verdient.

ausführliche Kritik: -> „Gemini Man“

Nur noch 60 Sekunden (2000) 25%

Eigentlich reichen hier zwei Wörter, um einem jeden klar zu machen, weshalb dieser Film niemals eine so niedrige Bewertung verdient haben kann: Nicholas Cage. Was auch immer es ist, aber dieser Mann ist einfach Kult. Kaum ein Film wird nicht durch Cages Spiel aufgewertet, und das gilt auch für „Nur noch 60 Sekunden“: Schnelle Autos, coole Sprüche und der Charme der ausklingenden 90-er vereinen sich nämlich gekonnt in diesem kurzweiligen Actionstreifen, der nichtmal das Prädikat „Guilty Pleasure“ verdient.

Der Schakal (1997) 23%

Was man an diesem straighten Thriller, samt Katz-und-Maus-Spiel zwischen Bruce Willis und Richard Gere, groß auszusetzen haben kann, bleibt eine schwer zu beantwortende Frage. Der Film bietet nämlich reichlich Action, ein wenig Politik und zwei Hauptdarsteller, die beide scheinbar Bock auf den Film gehabt haben – in einer Zeit, in der Willis oft eher durch seine Rollen schlafwandelt, mal wieder eine nette Abwechslung. Und sogar die ein oder andere Nebenrolle bleibt, trotz überschaubarer Screentime und Figurenentwicklung, nachhaltig im Gedächtnis.

Repo Men (2010) 22%

Zugegeben, das Ende ist ein wenig eigenwillig, der große Twist gefällt einem entweder oder verärgert einen ziemlich. Aber alles auf dem Weg dorthin ist wirklich gelungene Science-Fiction-Dystopie-Action, die sich definitiv nicht wie jeder andere x-beliebige Film des Genres anfühlt. Das Setting wirkt wertig und genau richtig abgefuckt futuristisch, die Prämisse ist spannend und wirft gleichzeitig auch einige moralische Fragen auf, und die Action wirkt einerseits roh, andererseits aber auch ziemlich stylisch.

Bunraku (2010) 17%

Das japanische Figurentheater wird vielleicht nicht jedem ein Begriff sein, und auch von dem gleichnamigen Film, mit unter anderem Josh Hartnett, Woody Harrelson und Ron Perlman, haben vielleicht noch nicht so viele gehört. Was eigentlich eine Schande ist, denn dann hätte der Film vielleicht keine so schlechte Bewertung auf Rotten Tomatoes. Sicherlich nichts für jedermann, aber alleine die eigenwillige, hyperstilisierte Inszenierung, nicht nur der Action, sondern des gesamten Films, sollte für alle Genrefans, die es gerne etwas außergewöhnlicher mögen, zumindest eine Sichtung rechtfertigen.

Hangman (2017) 5% 

Fairerweise muss man hier sagen, dass dieser Cop-Thriller mit Al Pacino und Karl Urban in den Hauptrollen wirklich nicht sonderlich gelungen ist, sondern eher ziemlich überraschungsarme Durchschnittskost bietet– aber 5%!? Hier erwartet einen kein bis zur Unkenntlichkeit zerschnittenes Massaker a la „Exposed“ oder eine Vollkatastrophe wie „Tschiller off duty“, sondern einfach nur ein solider Streifen mit zwei ganz fähigen Protagonisten und einer wenig innovativen, aber dennoch kurzweiligen Geschichte: nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.

Mehr Texte von Mara Hollenstein-Tirk findet ihr auf ihrem Blog „Verfilmt & Zerlesen“.