Robin Williams gilt für viele immer noch als „World’s Greatest Comedian“: Seine Komödien und Familienfilme, aber auch seine Comedy-Programme und Late Night-Auftritte erheiterten Generationen, die über das große Talent des Amerikaners staunten. Doch Williams konnte auch anders: Die berührenden Dramen „Good Will Hunting“, „Der Club der toten Dichter“ oder „Zeit des Erwachens“ gehören zu seinen besten Filmen. Und in „Insomnia“ (kürzlich präsentiert in unseren Streaming-Tipps!) oder „One Hour Photo“ spielte er Psychopathen, denen er dennoch irgendwie „menschliche Züge“ verlieh.

von Christian Klosz

Doch das war nur die eine Seite des Robin Williams: In seinem Privatleben litt er an schweren Depressionen, die er teilweise mit Alkohol und Drogen zu behandeln versuchte. Das in Kombination mit einer schweren Form von Demenz führte 2014 schließlich zu seinem tragischen Suizid.

Neben seinen bekannten Rollen finden sich immer wieder ein paar Perlen in seiner Filmographie, denen der große Erfolg zu Unrecht verwehrt blieb. Einer dieser Filme ist „World’s Greatest Dad“ von Bobcat Goldthwait, übrigens danach Trauzeuge von Williams, aus dem Jahr 2009, eine witzige, düstere, aber herzliche Tragikkomödie, die die verschiedenen Facetten des Schauspielers (und der Person) Robin Williams zur Geltung bringt. Der Film wurde damals direkt als VOD veröffentlicht (anno 2009 noch eine Seltenheit!) und lief erst danach limitiert im Kino.

„World’s Greatest Dad“ erzählt die Geschichte von Lance Clayton (Williams), einem alleinerziehenden Vater in seinen 50-ern, der an der High School „poetry“ unterrichtet (eine klare Referenz an den „Club der toten Dichter“). Zuhause muss er sich mit seinem 15-jährigen Sohn Kyle herumschlagen, der sich nur als dummes, perverses Ekel bezeichnen lässt: Alles, was ihm nicht gefällt, findet er grundsätzlich „gay“ oder „faggy“, seinen einzigen Freund Andrew kommandiert er herum wie einen Hund, und das einzige, was ihn wirklich interessiert, ist „deutscher Scheißeporno“.

Sohn Kyle beim Porno-Schauen

Lance tut, was er kann, und versucht trotz allem, ein guter Vater zu sein und für seinen Arschloch-Sohn da zu sein. Die Beziehung zu der jüngeren, gutaussehenden Lehrerkollegin Claire macht ihm sein Leben etwas erträglicher, doch eigentlich hat Lance nur ein Ziel: Er möchte Schriftsteller werden, schreibt unentwegt an neuen Büchern (bereits sein 5. Roman!), die aber bisher allesamt von den Verlagen abgelehnt wurden. Wie der Blitz trifft ihn dann folgende Tragödie: Kyle fröhnte wieder einmal seinem Hobby der autoerotic asphyxiation (sexuellen Erregung durch absichtliches Würgen / Luftanhalten) – und erstickte dabei. Er sitzt tot in seinem Zimmer, als ihn sein Vater entdeckt. Geschockt und am Boden zerstört trifft Lance eine folgenschwere Entscheidung: Er schreibt einen „Abschiedsbrief“ von Kyle, der den peinlichen Unfall wie einen Selbstmord aussehen lässt, und posthum ein besseres Licht auf den Außenseiter wierfen soll. Mit den Konsequenzen dieses letzten Akts der Vaterliebe konnte Lance nicht rechnen – und sie sind fatal.

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Wie bereits erwähnt kann Williams in „World’s Greatest Dad“ seine ganze Klasse ausspielen und die verschiedensten Facetten seiner (Schauspieler-)Persönlichkeit zum Leuchten bringen: Den traurigen Einzelgänger, den sensiblen Gutmenschen, den verständnisvollen Fürsorger, den liebevollen Partner, aber auch den großen Zweifler, der von inneren Dämonen gepeinigt wird. Die Rolle scheint ihm wie auf den Leib geschneidert, er kann in ihr ganz und gar aufgehen.

Der Film würde aber nicht funktionieren ohne das großartige Drehbuch von Goldthwait, den witzigen Dialogen, und den gut besetzten Nebenrollen, von denen Daryl Sabara als Sohn Kyle hervorsticht. Für einen kleinen Independent-Film mit gut 1.5 Stunden Laufzeit entwirft „World’s Greatest Dad“ einen überraschend detailreichen und komplexen Mikrokosmos, in den man auch als Zuschauen (gerne) versinkt. Der Film bleibt stets interessant und wendungsreich, witzig, kann aber auch mit ruhigen, berührenden und zutiefst traurigen Szenen aufwarten: Quasi das Paradebeispiel einer schwarzhumorigen Tragikkomödie, die sich ihr „Schattendasein“ im OEuvre des Robin Williams nicht verdient hat. Wer die Möglichkeit bekommt, eine DVD oder BluRay von „World’s Greatest Dad“ in die Hände zu bekommen, sollte zugreifen, denn online ist der Film derzeit nicht (legal) zu sehen.