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Serienkritik: „Hunters“ – Staffel 1

von Mara Hollenstein-Tirk

Eine fiktive Serie mit wahrem Hintergrund, der als Inspirationsquelle dient, ist in der heutigen Zeit keine Seltenheit, und so verwundert es nicht, dass die Macher von „Hunters“, ein Amazon Prime Original mit Schauspielgröße Al Pacino in einer der Hauptrollen, nicht wirklich mit der Kontroverse gerechnet hatten, die sie vom Zaun brechen würden. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass es in der Serie um eine kleine Gruppe geht, die in den 70-ern in Amerika untergetauchte Nazis aufspürt und umbringt, um so die Entstehung eines „Vierten Reichs“ zu verhindern, dann versteht man den teilweise durch die sozialen Netzwerke gegangenen Aufschrei schon etwas besser.

Doch was war eigentlich das Problem? Nun, in der Serie gibt es unter anderem einige Flashback-Sequenzen, die in einem Konzentrationslager spielen und einige der Grausamkeiten zeigen, die den Insassen dort widerfahren sind – nur dass es solche Bestrafungen in der Realität nicht in dieser Form gegeben hat. Viele zeigten sich daraufhin besorgt, dass diese Fiktionalisierung der Ereignisse Leugnern des Holocaust in die Hände spielen würde und in einem gewissen Sinne auch pietätlos, vor allem gegenüber den Überlebenden, sei.

Man kann sich nun natürlich wirklich die Frage stellen, ob es nötig war, sich, eingedenk der tatsächlich verübten, neue Gräueltaten auszudenken. Andererseits kann man aber nicht bestreiten, dass jede einzelne dieser Szenen einen tieferen erzählerischen Zweck erfüllt und niemals zum reinen Schockeffekt verkommt. Außerdem muss man ganz prinzipiell sagen, dass gelegentliche Geschichtsrevisionen in der Kunst nicht unüblich sind – Tarantino hat in dieser Hinsicht bei so manchem seiner Filme die Tatsachen zu Gunsten seiner Dramaturgie über Bord geworfen, und selbst ernstzunehmendere Vertreter, wie zum Beispiel „Schindlers Liste“, kommen nicht umhin, das ein oder andere hinzu- beziehungsweise weg zu dichten.

Wäre dieser Hang zur Geschichtsfiktionalisierung allerdings der einzige Schönheitsfehler von „Hunters“, dann würden wohl die meisten Zuschauer kurz die Schultern zucken und den Schaffenden ihre künstlerischen Freiheiten ohne weiteres zugestehen. Doch leider muss man sagen, dass „Hunters“ bei weitem nicht das Sehvergnügen geworden ist, das sich so manch einer erhofft hatte. Das liegt einerseits daran, dass sich die Verantwortlichen offensichtlich lange Zeit nicht einigen konnten, was denn nun der grundlegende Ton der Serie sein soll – eine bitterböse, actiongeladene Satire samt einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik, oder doch lieber ein beinhartes, teils schockierendes Drama? So schwankt die Inszenierung, gerade in den ersten paar Episoden, sehr stark zwischen diesen beiden Herangehensweisen, was zu teils bizarren tonalen Sprüngen führt. Ab der Mitte der Staffel scheinen sich dann zwar alle ein wenig einiger darüber zu sein, was man hier eigentlich zu Film bringen will, doch während die Inszenierung endlich ihren Groove zu finden scheint, gerät plötzlich die Handlung ein wenig ins Stocken.

Einzig die großartigen schauspielerischen Leistungen schaffen es hier, einen am Ball zu halten. Allen vorweg beweist natürlich Al Pacino einmal mehr, weshalb er inzwischen als lebende Schauspiellegende gilt, doch auch der noch junge Logan Lerman, manchen vielleicht aus den Percy-Jackson-Filmen bekannt, macht neben dem alten Hasen eine erstaunlich gute Figur. Selbst Josh Radnor, den meisten wohl als „Ted“ aus der Erfolgssitcom „How I Met Your Mother“ bekannt, schafft es, ein wenig aus dem Schatten seiner Paraderolle herauszutreten, auch wenn er lediglich eine Nebenrolle hat.

Erst die finalen vier Folgen vermögen es dann, den Zuschauer voll und ganz in ihren Bann zu ziehen und an den Fernseher zu fesseln. Hier warten plötzlich überraschende Entwicklungen, unglaubliche Enthüllungen und ein wahrhaft irrer Cliffhanger. Und so schafft es „Hunters“, Staffel 1, dass man sich, trotz all der kleinere Makel, trotz der anfänglichen Unstimmigkeiten, auf eine zweite Staffel freut und dieser sogar ein bisschen entgegenfiebert.

Fazit:

Alles in allem ist „Hunters“ eine über weite Strecken mit Problemen behaftete Serie, die sehr lange braucht, um zu sich selbst zu finden und in Fahrt zu kommen. Die letzte vier Folgen, samt dem zugehörigen finalen Cliffhanger, schaffen es dann aber, dass man über die anfänglichen Schwächen hinwegschauen kann und sich auf eine weitere Staffel freut.    

Bewertung:

7 von 10 Punkten (67/100)

Bilder: Amazon Prime

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