von Marius Ochs
Ein Streaming-Service für Liebhaber der Filmkunst, das ist MUBI. Der aktuelle Markt wird überschwemmt – wirklich besondere Angebote gibt es dabei aber selten. MUBI ist jedoch ein Highlight, denn das Angebot ist handverlesen und überrascht immer wieder aufs Neue. Nicht umsonst hat der Dienst Partnerschaften mit vielen Filmschulen, um zukünftigen Filmschaffenden Zugang zu den Filmperlen zu verschaffen. An dieser Stelle wollen wir euch immer die neuen Filme der letzten Woche vorstellen. Zur Erklärung: das Angebot der Seite wechselt täglich, sodass pro Jahr 365 Filme zu sehen sind, die jeweils nach 30 Tagen aus der Produktpalette verschwinden. Bis die Programmkinos wieder aufmachen, ist das hier die beste Alternative zum generischen Angebot von Netflix & Konsorten!
Noch 29 Tage verfügbar:
The Image Book – Jean-Luc Godard
Jean-Luc Godard macht seit mehr als 60 (!!!) Jahren Filme. Vor 2 Jahren erschien mit „The Image Book“ sein vorerst letzter Film. Vom Alter seines Regisseurs merkt man nichts, das Werk lotet nach wie vor Grenzen aus und konfrontiert den Zuschauer ganz neu mit dem Medium Film. Unschwer der „Avantgarde“ zuzuordnen, kreiert Godard in diesem Essay-Film ein forderndes, intensives Mosaik aus Bildern und Geräuschen. Godard hat schon 1960 mit „Breathless“ einen zeitlosen Klassiker geschaffen und belegt immer wieder seine Stellung als ganz großer Künstler – obwohl er schon lange niemandem mehr etwas zu beweisen hat.

Noch 28 Tage verfügbar:
Down By Law – Jim Jarmusch (Reihe: Outlaws and Misfits: Jim Jarmusch’s Cinema of Outsiders)
Nachdem mit „Permanent Vacation“ sein erster Film und mit „Dead Man“ sein Höhepunkt noch auf MUBI verfügbar sind, geht die Jim Jarmusch-Retrospektive mit „Down by Law“ weiter. Parallelen der drei Filme sind unschwer erkennbar: Schwarz-Weiß-Ästhetik, langsame Kamerafahrten und charakterzentrierte Geschichten. „Down by Law“ dreht sich dabei um einen Gefängnisausbruch dreier grundverschiedener Insassen – jedoch mit klarem Fokus auf deren Dialoge und Interaktionen. Diese sind mit dem Musiker Tom Waits, dem italienischen Oscar-Gewinner Roberto Benigni und John Lurie hochklassig und kreativ besetzt. Getreu dem Motto der Reihe, „Outlaws and Misfits“, spielen hier also drei Außenseiter der Filmbranche skurrile Gesetzlose. Nicht nur für Jarmusch-Fans interessant.
Noch 27 Tage verfügbar:
Junun – Paul Thomas Anderson
Radiohead-Gitarrist Johnny Greenwood wurde hier von Paul Thomas Anderson („There Will Be Blood“, „The Master“) auf einer musikalischen Reise nach Indien begleitet. Dieser 54 Minuten kurze Film sprengt dabei die Grenzen des Musikdoku-Genres. Durch eine hypnotische Kamera, die die Bilder eng mit der Musik verknüpft, legt Anderson hier eine Utopie offen – und durch musikalische Kollaboration wird eine multikulturelle, harmonische Welt kreiert. Das zugehörige Album „Junun“ ist auch auf Spotify verfügbar.

Noch 26 Tage verfügbar:
The Sacrifice – Andrei Tarkovsky
Andrei Tarkovskys Name fehlt auf keiner Liste der besten Regisseure aller Zeiten. „The Sacrifice“ ist sein letzter Film, den er noch während seiner Krebserkrankung fertiggestellt hat. 4 Preise auf dem Cannes-Festival 1986 belohnten diesen zutiefst persönlichen und melancholischen Film. Diese Verabschiedung berührt mit den Tarkovsky-typischen unfassbaren Bildkompositionen. Die Geschichte von einer Katastrophe, die die Welt bedroht und einem Mann, der durch ein Opfer vielleicht die Welt retten kann, lassen sich leicht auf Tarkovskys Situation übertragen. So wird der Film zu hoher, poetischer Kunst und einem schmerzhaften Rückblick auf das Leben von einem, der seines für die Kunst gegeben hat.
Noch 25 Tage verügbar:
Antigone – Danièle Huillet
Die Antike beeinflusst die Kulturlandschaft bis heute nachhaltig. Dennoch sind direkte Adaptionen antiker Dramen eher eine Seltenheit in der Filmlandschaft. Welche Relevanz diese Stoffe aber immer noch haben, zeigt das Duo Huillet-Straub mit diesem Film. Keine leichte Kost, da mit stoischem, der Antike nachempfundenen Schauspielstil vorgetragen, wird man hier für die Ausdauer mit einem kraftvollen Statement für die weibliche Emanzipation belohnt.
Noch 24 Tage verfügbar:
Ankur – Shyam Benegal (Reihe: A Journey Into Indian Cinema)
Indisches Kino weckt schnell Assoziationen zu Bollywood-Kitsch mit ausschweifenden Tanzeinlagen. Doch auch hier gab es ein „goldenes Zeitalter des Kinos“, das MUBI mit einer ganzen Reihe Filme erkundet. In diesem Regiedebüt von Shyam Benegal aus dem Jahr 1974 werden brandaktuelle gesellschaftliche Themen ausgelotet. Wen eine Betrachtung von Gender-Unterdrückung und feudalen Machenschaften in der indischen Gesellschaft interessiert, dem sei diese klassenübergreifende Liebesgeschichte ans Herz gelegt. Aber auch als Blick in eine ganz andere Art des Filmemachens lohnt sich dieser Film definitiv.
Noch 23 Tage verfügbar:
Amélie – Jean-Pierre Jeunet
„Léon, der Profi“, „Ziemliche beste Freunde“ oder „Die fabelhafte Welt der Amélie“ – alle Jahre wieder begeistert ein französischer Film auch flächendeckend internationale Kritiker und Zuschauer. Jeunet, sonst unter anderem für „Alien: Ressurection“ bekannt, hat mit „Amélie“ einen der großen Klassiker des 21. Jahrhunderts auf die Leinwände gebracht. „Amélie“ ist dabei wohl der französischste der genannten Filme: Er fängt die Magie des Lebens in quietschlebendigen, fabelhaften Bildern ein und lässt den Zuschauer mit romantischen, kindlichen Augen auf die Welt schauen. Der Film fühlt sich an wie eine Umarmung. Man folgt der schüchternen Amélie dabei, wie sie anderen zu großem Glück verhilft, gleichzeitig jedoch das eigene Wohlergehen vergisst. Und während der Geschichte stellt sich immer mehr ein wohlig warmes Gefühl ein; der Glauben an das Gute in der Welt wird ein Stück weit wiederhergestellt.

Bei legendäre Filmemacher hätte ich zumindest den ein oder anderen “berühmten” Namen erwartet (neben Jean-Luc Godard).