von Marius Ochs
Ein Streaming-Service für Liebhaber der Filmkunst, das ist MUBI. Der aktuelle Markt wird überschwemmt – wirklich besondere Angebote gibt es dabei aber selten. MUBI ist jedoch ein Highlight, denn das Angebot ist handverlesen und überrascht immer wieder aufs Neue. Nicht umsonst hat der Dienst Partnerschaften mit vielen Filmschulen, um zukünftigen Filmschaffenden Zugang zu den Filmperlen zu verschaffen. An dieser Stelle wollen wir euch immer die neuen Filme der letzten Woche vorstellen. Zur Erklärung: das Angebot der Seite wechselt täglich, sodass pro Jahr 365 Filme zu sehen sind, die jeweils nach 30 Tagen aus der Produktpalette verschwinden. Bis die Programmkinos wieder aufmachen, ist das hier die beste Alternative zum generischen Angebot von Netflix & Konsorten!
Noch 29 Tage verfügbar:
Das Hausmädchen – Im Sang-Soo
Südkorea gehört nicht erst seit „Parasite“ zu den spannendsten Filmnationen. Aus dem Land kommen regelmäßig hochspannende Filme. „Das Hausmädchen“ befasst sich dabei mit einer ähnlichen Thematik wie „Parasite“ oder „Shoplifters“: dem Klassenkonflikt. Der Film dreht sich um die dunklen Konsequenzen der Affäre eines reichen Geschäftsmannes mit seinem Hausmädchen. Das melodramatische und stellenweise leicht übertriebene Drehbuch zeigt eine Vision des Kapitalismus, der absolut über die Stränge schlägt. Eine klare Empfehlung für Fans des neueren koreanischen Kinos.
Noch 28 Tage verfügbar:
Night on Earth – Jim Jarmusch (Reihe: Outlaws and Misfits: Jim Jarmusch’s Cinema of Outsiders)
Wie momentan jede Woche gibt es auf MUBI einen neuen Jarmusch-Klassiker. Auch wenn „Coffee and Cigarettes“ seine berühmteste Anthologie ist, sind die fünf Episoden aus dem Leben von Taxifahrern in „Night on Earth“ nicht weniger unterhaltsam. Der Jarmusch-typisch geniale Soundtrack von Tom Waits sorgt für die passende Atmosphäre fünf außergewöhnlicher Begegnungen mit skurrilen Fahrgästen in Metropolen aus aller Welt. Der Indie-Kultregisseur kreiert hier eine sympathische, verwirrende und witzige Schattenseite der Welt, die die Menschheit, trotz der geografischen Unterschiede, als ein großes Ganzes erkennbar macht. Wer schon mal einem Taxi-Fahrer seine tiefsten Gefühle gebeichtet hat (oder einen sehr gesprächigen Taxifahrer hatte, der seine eigenen Probleme besprechen wollte) wird diesen Film nachfühlen können und verstehen, was Jarmusch so an diesen kleinen Begegnungen fasziniert.
Noch 27 Tage verfügbar:
Take Me Somewhere Nice – Ena Sendijarevic (Reihe: Debüts)
In der kuratierten Reihe Debüts werden auf MUBI vielsprechende Erstlingswerke der letzten Jahre von Regisseuren und Regisseurinnen aus aller Welt vorgestellt. Dieses Coming of Age-Roadmovie der bosnischen Debütantin Ena Sendijarevic ist eine Hommage an Jim Jarmuschs „Stranger Than Paradise“ (der immer noch auf MUBI verfügbar ist). Eine junge Frau reist nach Bosnien um ihren entfremdeten Vater im Krankenhaus zu besuchen. Helle, stilisierte Farben und der spezielle Balkan-Humor machen den Film zu einem mitreißenden, persönlichen Erlebnis, das doch auch seine sehr bizarren Momente hat.
Noch 26 Tage verfügbar:
Die Verliebten von Montparnasse – Jacques Becker, Max Ophüls
Max Ophüls plante das Projekt, musste es aber krankheitsbedingt an Jacque Becker abgeben. Dieser schuf einen Einblick in die letzten Tage des Künstlers Amedeo Modigliani, der seine letzten, alkoholisierten Tage in Paris mit verschiedenen Frauen aus seinem fast vollendeten Leben verbringt. Der aufrichtig-menschliche Film von Jacques Becker ist in seinem Minimalismus eine ganz eigene ästhetische Vision, die den relativ ereignislosen Lebensabend des Künstlers interessant macht. Ein intimer, aber sperriger Einblick in das Ende eines turbulenten Lebens, der die Höhen und Tiefen einer ganzen Existenz in wenigen Tagen aufzeigt.
Noch 25 Tage verfügbar:
Mr. Kaplan – Álvaro Brechner
Nazi-Jagd in Uruguay: Nachdem sich Jacob Kaplan während des 2. Weltkriegs nach Uruguay retten konnte, ist er sich im Ruhestand sicher, dass der mysteriöse Deutsche in der Nachbarschaft ein heimlicher Nazi ist. Das ernste Thema wird von Alvaro Brechner in einer schwarzen Komödie verpackt, die zwischen Spaß und Ernst hin- und herpendelt. Die Farbpalette zwischen Gelb und Blau sorgt für die richtige Stimmung für eine Entführung am Strand, die herrlich aus dem Ruder läuft.
Noch 24 Tage verfügbar:
Cassandro, The Exotico – Marie Losier
Marie Losier gilt als Expertin des Portraits. Für „Cassandro, The Exotico“ hat sie sich einem Milieu angenähert, das in der europäischen Öffentlichkeit eher unterrepräsentiert ist: den Queer-Luchadores, mexikanische genderambivalente Show-Wrestler. Obwohl der Protagonist, Cassandro, schon seit 26 Jahren den hochakrobatischen, schmerzhaften und gefährlichen Job ausführt, will er seine Karriere nicht beenden. Wie man trotz dutzender gebrochener Knochen und Nägeln im ganzen Körper dennoch noch dieser Leidenschaft nachgehen kann, wird hier sehr empathisch portraitiert. Mehr eine Auseinandersetzung mit einem außergewöhnlichen Individuum als wirkliche Wrestling-Dokumentation, bekommt man hier einen bunten, persönlichen Einblick in eine andere Welt, die doch die unsere ist.
Night on Earth habe ich vor langer Zeit mal im TV geschaut.