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„Come to daddy“ – Kritik zum Heimkino-Start

von Cliff Brockerhoff

Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkeln zu treiben und ewig zu… pardon, beim Anblick von Elijah Woods Antlitz drängen sich automatisch Erinnerung an das dreiteilige Fantasy Epos aus vergangenen Zeiten in Gedächtnis – doch auch wenn der Erfolg der Trilogie wahrscheinlich für eine Karriere ausreicht, war der US-Amerikaner nicht untätig und konnte in den letzten Jahren immer wieder mit mal mehr, mal weniger aufsehenerregenden Produktionen aufwarten. Sein neuester Versuch hört auf den Namen „Come to daddy“ und konnte bereits bei diversen Filmfestivals die Fans für sich vereinnahmen.

Der Titel ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen, beginnt die Geschichte doch damit, dass Wood in der Rolle eines vorerst nicht näher erläuterten „Künstlers“ auf Geheiß seines Vaters vor dessen Haustür auftaucht. Schnell wird klar, dass die räumliche Entfernung auch eine emotionale Entfremdung nach sich zog, und so erlebt der Zuschauer ob des Wiedersehens keine rührseligen Gefühlsausbrüche, sondern sieht sich hölzernen Dialogen gegenüber, die den inneren cringe befeuern. Das Verhalten der beiden ist mindestens genau so merkwürdig wie die Frisur von „Norval“, der sich in den Gegenwart seines Erzeugers immer unwohler fühlt und nach Erklärungen sucht. Als ein Wortgefecht in einer handfesten Auseinandersetzung gipfelt, rücken diese in weite Ferne – und als sich nachts plötzlich auch noch übernatürliche Dinge im Haus zutragen, hat die Verwirrung ihren Höhepunkt erreicht.

Mehr soll zur Handlung an dieser Stelle gar nicht gesagt werden, da es offensichtlich der Überraschungeffekt ist, mit dem der Film seine Zuschauer locken möchte. Entfaltet sich die Handlung anfangs in dramaturgischen Gefilden und wirkt wie der ungekonnte Versuch eine tiefsinnige Vater-Sohn-Problematik zu inszenieren, beginnt die Stimmung mit Fortlauf immer mehr umzuschlagen und Norval wünscht sich, er hätte den Wunsch seines Vaters ausgeschlagen und seine knielangen Oberteile im heimischen Kleiderschrank belassen. Seine Figur des einst verlassenen Sprösslings ist dabei der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Beim Blick in seine Kulleraugen werden zahlreiche Filmfans abermals dahinschmelzen, zumal Wood eine wie gewohnt starke Leistung abrufen kann. Sei es die emotionale Gebrechlichkeit am Anfang oder die sich aufbauende Wut im weiteren Verlauf; alle Ausschläge werden akkurat und authentisch dargestellt. Und selbst als gegen Ende sämtliche Verhältnismäßigkeit seines Handels zu schwinden scheint bleibt sein Charakter auf spezielle Art liebenswert.

Daran ändern auch kleinere Logiklöcher nichts, die dem Drehbuch innewohnen. Die einzig „echten“ Kritikpunkte sind der etwas zu zähe Start und die Tatsache, dass man sich dem Gefühl nicht erwehren kann, dass eine straffere Erzählweise und noch mehr Konsequenz in der Umsetzung ein paar Prozentpunkte hätten herausholen können. Im Endeffekt aber Marginalitäten, die „Come to daddy“ mit schwarzhumoriger Situationskomik und einer nicht zu bestreitenden Eigenständigkeit wettmacht. Zu diesen Pluspunkten gesellt sich eine glasklare Optik, die weder mit roter Farbe, noch mit schön angelegten Bildkompositionen geizt. Wenn Vater und Sohn eines Abends vor dem Kamin sitzen und nur der Feuerglanz ihre fahlen Gesichter erhellt, ist das ohne Zweifel eine Symphonie für die Netzhaut. Und wenn die Herren der Schöpfung dann noch darüber diskutieren ob sie nun ein Telefonat mit Sir Elton John führen sollen oder nicht, bekommt der Zuschauer eine ungefähre Idee welche Obskuritäten ihn in den knapp anderthalb Stunden erwarten.

Fazit

Auch wenn der US-amerikanische Genrehybrid sicherlich nicht frei von Schwächen ist, erweist sich der Ausflug in das idyllisch am Meer gelegene Haus von Norvals Vater als wendungsreiches und spannungsgeladenes Kammerspiel. Gute schauspielerische Leistungen, eine versierte Inszenierung und ein ziemlich fieser Twist sorgen letztlich für ein hohes Maß an Sehvergnügen. Wer sich mit thematisch spezielleren Werken anfreunden kann und ein bisschen Geduld mitbringt, kann dem Befehl des Titels bedenkenlos Folge leisten und wird mit einem kurzweiligen Thriller belohnt, der für ein Regiedebüt ordentlich punkten kann.

Bewertung

6 von 10 Punkten

Wer sich von der Kritik angesprochen fühlt, kann sich „Come to daddy“ auf BluRayDVD oder als video-on-demand ins Haus holen.

Bilder: ©splendid film

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