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Vor-Bilder #4: „The Good, the Bad and the Ugly“ (1966)

Grandioser Endpunkt und Höhepunkt von Leones Dollar-Trilogie: Ein knapp dreistündiges Westernopern-Epos, getragen von dem trio infernale Eastwood-van Cleef-Wallach, das als the Good, the Bad and the Ugly einem finalen Showdown entgegentorkelt, den das Westengenre so bisher noch nicht gesehen hat: Mit Pauken und Trompeten von Meister Morricone begleitet, mit unglaublicher Langsamkeit und überspanntem Spannungsbogen von Leone orchestriert, stehen sich die drei Rivalen schließlich am hitzeglühenden Friedhof gegenüber, im Todeskampf, am Endpunkt einer aberwitzigen Schatzsuche nach Gold, die doch nur einen Sieger hervorrbingen kann. Davor beobachten wir eine ausgefeilte Charakterstudie, die die klassischen, amerikanischen Western-Ideale vom „edlen Retter in der Not“ endgültig zum Einsturz bringt: moralisch ambivalente Figuren, sogar der (Anti-)Held von seinen Antagonisten nur unterscheidbar durch das Maß an Grausamkeit, mit dem er seine Gegnger in die Schranken weist; eine mehr als zynische und kulturkritische Anklage, die am Ende ihren (Anti-)Helden, den „Mann ohne Namen“, aber doch ikonografisch erscheinen lässt. 

Das Ganze mutet teils extrem sperrig an, gar langatmig – der Rhythmus des Films sollte „die letzten Atemzüge eines Sterbenden“ wiedergeben, meinte Sergio Leone einst über „Once upon a time in the West“, und das Zitat trifft auch hier zu. Das Herausragende an „The Good, the Bad and the Ugly“ ist letztlich das perfekte Zusammenspiel, die perfekte Ergänzung von Regie und Musik, von Leone und Ennio Morricone, der mit seinem Soundtrack in neue Höhen vorstößt: Das eine könnte ohne das andere nicht funktionieren, und Morricone beweist seinen einmaligen Status als Autoren-Musiker, dessen Kompositionen zu tragenden Säulen all seiner Filme wurden. Damit verabschieden wir uns in Ehrfuch vor einem im wahrsten Sinne des Wortes überlebensgroßen Vorbild, einer Ikone, dessen geniales Werk der Film- und Musikwelt für immer erhalten bleiben wird.

von Christian Klosz

In unserer neuen Reihe „Vor-Bilder“ präsentiert Christian Klosz Film-Klassiker und -Ikonen. Weitere Infos und die bisherige Auswahl kann man HIER nachlesen.

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In der Diskussion um (filmische) Vorbilder, Denkmäler, Monumente mag vielleicht ein nüchterner Blick helfen: Filme sind stets Kinder ihrer Zeit (manche auch ihrer Zeit voraus!), da mag es wenig verwundern, dass die Darstellungsformen in manchem “Filmklassiker” heute befremdlich wirken. Doch Geschichte – und so auch Kunstgeschichte – ist beweglich, nie endgültig, – und was werden Betrachter in 20, 30, 50 Jahren über die Filme sagen und denken, die wir heute feiern?

Filme werden neu interpretiert, neu rezipiert, neu verstanden, so oder so, und es ist schlicht unmöglich, Filme und Kunst “final” zu bewerten (“gut” – “schlecht”; “gut” – “böse”) oder nur eindimensional zu lesen. Alles in allem: Denkmäler für filmische Ikonen und Vor-Bilder, nach denen Generationen von Filmemachern ihr Werk nach-gebildet haben, sind absolut wichtig und richtig, wenngleich die Beschilderung und Beschriftung der cineastischen Statuen immer wieder verändert und adaptiert werden muss.

Unsere neue Reihe “Vor-Bilder” präsentiert filmische Meilensteine und Monumente, “Klassiker”, wie man so schön sagt, die eine herausragende Bedeutung für das Medium hatten und haben, die nicht gestürzt werden sollten, sondern viel eher wiederentdeckt und vor den Vorhang geholt.

#1: “Charade” von Stanley Donen, 1963

#2: “Heat” von Michael Mann, 1995

#3: “Meatballs” von Ivan Reitman, 1979

#4: “The Good, the Bad and the Ugly” von Sergio Leone, 1966

#5: “Carrie” von Brian de Palma, 1976

#6: “Touch of Evil” von Orson Welles, 1958

#7: “True Romance” von Tony Scott, 1993

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