von Marius Ochs

Wie lässt sich eine Kritik über einen Film mit Daniel Radcliffe verfassen ohne auf dessen Vergangenheit als cineastischer Zauberlehrling einzugehen? Allein die Fragestellung zeigt schon, dass diese Rolle auf ewig mit dem Briten verbunden sein wird. Und wie so häufig macht sich das Gefühl breit, dass der ehemals bebrillte Stabschwinger seine Rollen danach auswählt, möglichst große Differenz zur magischen Vergangenheit zu gewinnen. Bei „Swiss Army Man“ als furzende Leiche funktionierte das schon erstaunlich gut, in „Guns Akimbo“ soll der Imagewandel jetzt in die nächste Runde gehen.

Hier spielt Radcliffe einen Programmierer, der sich nach einer Trennung als Internet-Troll die Zeit vertreibt. Insbesondere das Spiel „Skizm“ hat es ihm, sowie einer ganzen Reihe anderer Sub-Reddit-Edgelords, schwer angetan. Das Real-Live-Deathmatch verspricht schon beim Zuschauen den größtmöglichen Kick: während (unrealistischerweise) im Film die Zuschauer gemeinsam gebannt vor dem Endgerät ihrer Wahl sitzen und die Duelle sogar in einem Stadion gestreamt werden, sitzt Radcliffe’s Charakter isoliert in seiner „fap cave“. Seine hasserfüllten Kommentare werden allerdings zurückverfolgt, sodass er gekidnappt wird. Als er wieder aufwacht, wurden ihm zwei Pistolen an die Hände geschraubt und er wird gezwungen selbst am Spiel teilzunehmen. Seine Aufgabe: Die Kontrahentin „Nix“ innerhalb von 24 Stunden ermorden, und sich das alleinige Anziehen mit zwei Pistolen als Hände schlecht bewerkstelligen lässt, beginnt die Quest stilecht in Unterhose und Bademantel.

Dieser grobe, nicht unbedingt verkopfte Story-Rahmen wird umgesetzt als eine Mischung aus Crank und Nerve. Crank zeichnet sich durch adrenalingeladene, wahnwitzige Atemlosigkeit in den Action-Szenen aus, während Nerve es über die meiste Zeit schafft eine interessante Medienkritik zu übermitteln und glänzt überdies durch die gute Chemie zwischen Dave Franco und Emma Roberts. „Guns Akimbo“ hat leider weder besonders aufregende Kampf-Szenen, noch eine gute Geschichte zu bieten und wird dem Großteil der Betrachter auch nicht durch eine hervorhebungswürdige Chemie zwischen seinen Protagonisten in Erinnerung bleiben. Regisseur Jason Lei Howden schafft es nicht eine eigene Bildsprache zu entwickeln, geschweige denn der Geschichte einen Subtext zu geben, der dem Film etwas mehr Tiefgang oder Witz verleihen könnte. Stattdessen ist „Guns Akimbo“ mit uninspirierten Videospiel- und Social Media-Bildelementen vollgestopft, aufbereitet als Schnittfeuerwerk á la Michael Bay. Dabei entsteht ein generischer Genre-Film, den man so definitiv nicht gebraucht hätte.

Aber: Trotz allem macht die Sichtung Spaß. Radcliffe spielt seine Rolle, trotz ungenutztem komödiantischen Potenzial, solide und das Amüsement ihm dabei zuzusehen wie er verzweifelt versucht mit Pistolen-Händen sein Handy zu bedienen, nutzt sich überraschenderweise in den 90 Minuten kaum ab. Immer wieder schafft es der Film so durch reine Absurdität dem geneigten und im besten Falle leicht angetrunkenen Zuschauer einen Lacher zu entlocken, während er sich gleichzeitig an den im Deathmatch eingeblendeten Live-Kommentare ergötzen kann, die die menschenverachtende Seite diverser Ecken des Internets schonungslos verbildlichen.

Fazit

Hier war definitiv mehr drin. „Guns Akimbo“ ist ein Film, der sich nie ganz positionieren kann zwischen atemlosem Actionthriller, zynischer Medienkritik und schlicht stumpfem Blödsinn. Der Versuch einen Geheimtipp oder zumindest eine Trash-Perle zu kreieren schlägt somit fehl und letztlich bleibt nur ein relativ generischer Actionfilm zurück, der einige witzige Szenen bietet. Das Werk tut niemandem weh, wirklich dauerhaft etablieren kann es sich aber ebenso wenig.

Bewertung

5 von 10 Punkten

Bewertung: 5 von 10.

Bilder: ©2020 Leonine Distribution