Den drei befreundeten und kinderlosen Senioren Karin (Maren Kroymann), Gerhard (Heiner Lauterbach) und Philippa (Barbara Sukowa) hängt das Älterwerden zum Hals heraus: Aber nicht wegen Gelenksschmerzen oder anderen kleineren und größeren Wehwehchen, sondern weil sie sich furchtbar langweilen. Am besten dran ist da noch Philippa, ein Ex-Hippie, die im Wohnwagen haust und sich in ihrer ausgiebig vorhandenen Freizeit als Paten-Oma um die kleine Leonie kümmert, deren Helikoptereltern ihr die Kindheit zur Hölle machen: Da ist oftmals die Frage, wer hier wen auf Trab hält, Leonie Philippa oder doch umgekehrt.

von Christian Klosz

Karin hingegen leidet am meisten unter dem Ruhestand, der sich mit Gatten Harald eher wie ein langsames Warten aufs Sterben anfühlt als eine „Zeit für sich“ und für all die Dinge, die man früher nie tun konnte: Sie träumt von Weltreisen und Abenteuern, während der spießige Harald am liebsten am Gartenstuhl sitzend dem Mähroboter beim Rasenmähen zuschaut. Karin entschließt sich dazu, auch ein Patenkind zu übernehmen, um ihrem öden Alltag zu entfliehen. Schließlich überzeugen die beiden Schwägerinnen Karin und Philippa auch ihren alten Freund Gerhard dazu, sich um den kleinen und vaterlosen Viktor zu kümmern, der sich nach einem Ersatz-Opa sehnt.

Und – surprise, surprise – die Leben von Gerhard und Karin werden auf den Kopf gestellt, und auch die allzu juvenile und aktive Philippa macht eine Veränderung durch: Sie spielt mit dem Gedanken, ihre seit Jahren nicht mehr gesehene Tochter zu besuchen, während Karin mit dem (auch schon etwas älteren) Papa ihres Patenenkels Jannik eine feurige Affäre beginnt. Schließlich schubst die Fürsorge für Viktor Gerhard aus der Altersdepression, in die er nach dem Tod seines geliebten Lebenspartners gefallen war.

Natürlich ist all das weder sonderlich innovativ oder kreativ, aber ein zentrales Element, das die meisten Filme von Regisseur Wolfgang Groos („Kalte Füße“) auszeichnet, rettet „Enkel für Anfänger“ vor dem drögen Mittelmaß: Das große Herz und das ehrliche und empathische Interesse an Menschen, ihren Lebensumständen und Problemen. Die drei Hauptfiguren haben sich, trotz gemeinsamer Schulzeit, in denkbar unterschiedliche Richtungen entwickelt: Philippa, der ewige Hippie, wollte nie erwachsen werden und ist am besten als liebenswerte Chaotin zu bezeichnen, während sich Karin weitgehend den kleinbürgerlichen Idealen ihres Mannes (Häuschen, Garten, Eisenbahn) unterordnete, und der kultivierte Gerhard in seiner Profession als Arzt aufging. Nun fehlt aber allen etwas, im weitesten Sinne Anerkennung und ein Platz in einer auf Produktivität getrimmten Gesellschaft, die mit Menschen 60+ oft nichts mehr anzufangen weiß.

Neben dem gut platzierten und treffsicheren Humor und dem durchaus passablen Drehbuch sind es vor allem die Darsteller, die „Enkel für Anfänger“ sehenswert machen. Hier sticht Heiner Lauterbach als schwuler Gerhard heraus, der durch seine neue Rolle als Patenopa, die er erst nur widerwillig annimmt, ganz neue Aspekte von „Männlichkeit“ an sich entdeckt, wahrnimmt und kennenlernt, die er lange Zeit unterdrückt hatte. Kritisieren muss man die letzte halbe Stunde, in der die davor behutsam etablierten Konflikte teilweise allzu einfach aufgelöst werden und der Film allgemein etwas an Tempo und „Flow“ einbüßt.

Fazit:

Trotz kleinerer Schwächen vor allem im letzten Drittel ist „Enkel für Anfänger“ eine kurzweilige, unterhaltsame und über weite Strecken auch lustige Komödie geworden, die sich humorvoll des Topos‘ „Älterwerden“ annimmt. Nichts Weltbewegendes, aber im besten Sinne ein „Film für Jung und Alt“.

Bewertung:

Bewertung: 6 von 10.

(61/100)

„Enkel für Anfänger“ erscheint am 20.8. fürs Heimkino auf DVD & BluRay.

Bilder: (c) Studiocanal