Ach ja, die Arbeit. Für viele die Erfüllung eines Lebenstraums und die gekonnte Verknüpfung der eigenen Talente mit dem Unabdingbaren. Für die meisten allerdings doch eher das nötige Mittel um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten und den Tisch mit dem decken zu können, was die Familie nährt. Montgomery Dark, seines Zeichens Bestatter aus Leidenschaft, zählt zur ersten Kategorie, kennt jeden Bewohner des beschaulichen Städtchens Raven’s End und wird nicht müde, Geschichten über das Ableben seiner Kunden zu erzählen. Da kommt es ihm natürlich gelegen, dass eines tristen Tages die schüchterne Sam in sein Etablissement tritt. Anfangs eher unbeeindruckt, findet sie schließlich Gefallen an den morbiden Geschichten und ist auch selbst um keine Story verlegen.

von Cliff Brockerhoff

So lautet sie, die bündig umrissene Prämisse von „The Mortuary – Jeder Tod hat eine Geschichte“, der den willigen Zuschauer pünktlich zu Halloween in den Kinos erwarten wird und sich am ehesten als sogenannte Anthologie bezeichnen lässt, da der Fokus, trotz Ummantelung durch eine offensichtliche Haupthandlung, auf den voneinander losgelösten Erzählungen liegt, die der knurrige Leichenbestatter zum Besten gibt. Die Vorteile der Herangehensweise liegen auf der fahlen Hand: selbst wenn das erste Kapitel vielleicht noch nicht den Geschmack des Zuschauers trifft, muss nicht sofort die letzte Salbung erfolgen, da fortlaufend Hoffnung auf Besserung besteht. Das zahlt sich aus: ebenso wie die blonde Protagonistin im Film, wird auch der Zuschauer anfangs stutzen und über die Belanglosigkeit der ersten Mär stolpern.

Doch scheinbar bedarf es bei Montgomery Dark, zwischen all den ausgekühlten Leibern, auch erst einmal einer kurzen Aufwärmphase, denn die folgenden Abschnitte sind plötzlich deutlich spannender, schauriger und lassen nicht selten das Blut in den Adern der Zuschauer/Zuhörer gefrieren. Dabei setzt „The Mortuary“ auf eine gekonnte Mischung aus altbewährten Bausteinen einer ganzen Horror-Generation und einer modernen Note, die auch nicht davor zurückscheut den Ekelgrad in die Höhe zu treiben. Vieles wirkt auf den ersten Blick skurril, offenbart bei näherer Betrachtung allerdings eine ernste Komponente, die sich beispielsweise auch Themen wie der klassischen Rollenverteilung oder der Treue widmet. Je tiefer der Zuschauer in die Schilderungen eintaucht, umso klarer wird, dass die einzelnen Kapitel ineinander verwoben sind und gekonnt auf der Grenze zwischen Leben und Tod tanzen.

Regisseur Ryan Spindell beweist dabei ein gutes Gespür für Erzähltempo und vor allem viel Liebe fürs Detail. Inszenatorisch arbeitet das Werk nur selten mit überbordenden Effekten und hat seinen Reiz in der Simplizität. Das sorgt natürlich auch dafür, dass die eingestreuten Ausreißer umso mehr überraschen. Trotz Fiktion kann sich der Zuschauer leicht in die Geschehnisse eindenken- und fühlen, sodass selbst die kurzen Auftritte der einzelnen Akteure genügen um eine Verbindung aufzubauen, was unweigerlich dazu führt, dass der Betrachtet mitleidet und an manchen Stellen gar nicht auf eine neue Geschichte spekuliert, sondern vielmehr hofft, dass das Gezeigte weitergeführt wird. Angesichts der zerstückelten Erzählweise mitunter das größte Kompliment, welches dieser Blütenlese zuteilwerden kann. Dieses muss allen Beteiligten, allen voran dem Cast des Films gemacht werden, welcher ebenfalls über die gesamte Spielzeit überzeugt. Einziger Wermutstropfen: Spindell kann sich nicht zu einem befriedigenden Abschluss durchringen und verliert gegen Ende das große Ganze ein wenig aus den Augen. Auch wenn die Story in sich schlüssig ist, die finale Gänsehaut bleibt aus.

Fazit

In „The Mortuary“ trifft Moral auf Morbidität und erzählt via unterhaltsamer Kurzgeschichten eine am Ende zusammenlaufende Chronik, die  zwar nichts wirklich Neues präsentieren kann, sich aber als kurzweilige Liebeserklärung an die fantastisch angehauchten Gruselfilme vergangener Dekaden erweist. Symbolisch übertragen lässt sich das Werk dabei am ehesten mit den gesammelten Süßigkeiten an Halloween beschreiben: in der bunten Mischung ist für jeden etwas dabei, der ganz große Hunger kann aber langfristig nicht gestillt werden. Lecker ist es trotzdem. Ab dem 22. Oktober in den Kinos!

Bewertung

Bewertung: 6 von 10.

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Bilder: ©capelight pictures

Wer nun Lust auf den Film bekommen hat, kann bei unserem Gewinnspiel 1×2 Freikarten für eine Kinovorstellung von „The Mortuary“ gewinnen. Sendet dazu einfach eine Mail mit dem Betreff „GRUSEL“ und eurer vollständigen Adresse an filmpluskritik@web.de. Die Karten wurden uns freundlicherweise vom Verleih zur Verfügung gestellt und werden nach Beendigung des Gewinnspiels (18. Oktober 2020, 18:00 Uhr) an euch versendet. Ihr erhaltet eine separate Gewinnbenachrichtigung. Bitte beachtet, dass die Karten nur in deutschen Kinos Gültigkeit besitzen.