Eigentlich hätte das Beziehungsdrama „Was Wir Wollten“ bereits Anfang November in den österreichischen Kinos anlaufen sollen. Diese sind wegen der Covid-19-Pandemie jedoch bis auf Weiteres geschlossen, weswegen der Debütfilm von Ulrike Kofler hierzulande noch nicht zu sehen war. Denn in Österreich hofft man derzeit noch auf einen Kinostart im Dezember – andernorts (z.B. in Deutschland) ist der Film, gleichzeitig auch Österreichs Einreichung für den Auslandsoscar, bereits auf Netflix zu sehen.

von Paul Kunz

„Was wir wollten“ erzählt nach einer Kurzgeschichte von Peter Stramm von einem Paar mit Kinderwunsch: Egal wie sehr Alice (Lavinia Wilson) und Niklas (Elyas M’Barek) es versuchen, der Traum vom gemeinsamen Kind will für die beiden einfach nicht in Erfüllung gehen. Leidenschaft gibt es keine mehr in der Beziehung; Sex ist längst ein Mittel zum Zweck. Und nachdem auch der letzte Versuch der In-vitro-Fertilisation gescheitert ist, beschließen Alice und Niklas eine gemeinsame Auszeit zu nehmen und fahren auf Erholungsreise nach Sardinien. Aber als eine gut gelaunte Tiroler Familie samt Kindern im Nebenbungalow einzieht, wird das krisengebeutelte Paar mit all dem konfrontiert, was ihnen zu fehlen scheint.

Eine große Stärke des Films ist die Realitätsnähe, mit der er die angespannte Beziehung zwischen Alice und Niklas studiert. „Was wir wollten“ ist kein Film großer Konflikte, sondern einer der leisen Untertöne. Die tiefgreifenden Probleme, mit denen das Paar zu kämpfen hat, wollen Alice und Niklas nicht ansprechen: anstatt die potenziell kinderlose Zukunft zu zweit in Frage zu stellen, zweifelt Alice am gemeinsamen Hausbau. Niklas scheint der unerfüllte Kinderwunsch weniger zu belasten als seine Partnerin, doch der Druck hat ihm die Lust am Sex genommen. Sie sehnt sich nach Kontakt. Über diese Sorgen zu sprechen ist beiden unangenehm und „Was wir wollten“ ist jenen Szenen am stärksten, wenn diese unter der Oberfläche brodelnden Konflikte spürbar werden und die Figuren einen Einblick in ihre Gefühlswelt erlauben.

Da ist es höchst erfreulich, dass Lavinia Wilson Alice mit entsprechendem Feinsinn spielt. Anstatt große emotionale Ausbrüche zu erleiden, steht ihr die permanente Anspannung und die ungeheure Belastung der Situation zu jeder Zeit ins Gesicht geschrieben. Die Sensibilität, mit der sie sich Alice nähert, ist essentiell für eine durch und durch frustrierte Figur, die gegenüber dem sich stets zärtlich-verständnisvoll gebenden Niklas schnell unsympathisch hätte wirken können. Dieser wird von Elyas M’Barek zwar überzeugend gespielt, doch seine Gefühlswelt bleibt weitaus blasser und ungreifbarer. Dies ist einerseits M’Bareks weniger raffiniertem Spiel geschuldet, aber auch dem Umstand, dass das Drehbuch einen stärkeren Fokus auf Alice legt.

Leider schleichen sich auch Kitsch und Konstruktion in die eigentlich starke Geschichte, die dem Film einiges seiner Kraft rauben: Oft sind die Konflikte und Konversationen mit den Tiroler Nachbarn allzu plump und die aufkommenden Gespräche reiben Niklas und Alice so sehr ihr Leid unter die Nase, dass die Konstruiertheit der Situationen störend auffällt. Dann wirkt die Schwermütigkeit, die den Film durchzieht, plötzlich unaufrichtig. Und gegen Ende (ohne zu viel verraten zu wollen) packt der Film dann eine Keule aus, auf deren Schlag man auch nur zu gerne verzichtet hätte. Es handelt sich um einen eigenartigen tonalen Shift, der beinahe zynisch daherkommt und kaum emotionale Wirkungsmacht entfaltet.

Fazit

„Was wir wollten“ ist ein solides Drama, das sich in seinen besten Momenten höchst feinfühlig einer krisenbehafteten Beziehung nähert und dabei interessante Fragen zum Wesen von Partnerschaft und dem Umgang mit der Möglichkeit unerfüllter Sehnsüchte stellt. Das hohe Niveau mancher Szenen kann der Film aber nicht über seine gesamte Laufzeit halten. Somit ist Regisseurin Ulrike Kofler zwar kein bahnbrechender, aber ein durchaus sehenswerter Film gelungen.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(67/100)

Bilder: © Filmladen Filmverleih