2020 bekommt den Weihnachtsfilm, den es verdient: Mel Gibson als grimmiger Weihnachtsmann. Alleine diese Casting-Entscheidung sollte den Film für viele schon interessant, oder treffender formuliert, bizarr genug machen, um zumindest mal einen kurzen Blick auf „Fatman“ zu riskieren. Man steht hier etwas ratlos vor der Frage, ob dieser Film das Potenzial zum Kultfilm hat, oder doch eher so sang- und klanglos in der Bedeutungslosigkeit verschwindet, wie die letzten Filme des US-Amerikaners.

von Marius Ochs

Natürlich besteht zuerst Hoffnung auf Szenario Nummer Eins. Der kontroverse, streitbare, legendäre Mel Gibson spielt hier also den Weihnachtsmann in einer abgespeckten Version. Unter seinem roten Parka versteckt sich keine wohlgenährte Plauze, sondern stahlharte Muskeln. Auch seine Elfen sind keine kleinen witzigen Helferlein, sondern hocheffiziente Fabrikarbeiter, die für die maximale Produktivität schon mal freiwillig ihre eigenen Namen aufgeben. Der Feiertags-Spirit als Produkt einer knallharten kapitalistischen Realität.

So absurd „Fatman“ im ersten Moment klingt, das Versprechen einer durchgeknallten Weihnachts-Action à la „Happy“ wird nicht eingelöst, denn Regisseur Eshom Nelms entscheidet sich für einen realistisch harten Anstrich. Mel Gibsons Weihnachtsmann ist von der Wirtschaftskrise schwer gebeutelt und muss unmoralische Deals mit der Regierung eingehen um seine Elfen vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren. Und dann ist da auch noch dieses super nervige, super verwöhnte und super reiche Kind, das ihm einen Auftragskiller auf den Hals hetzt. Walton Goggins (bekannt u.a. aus „The Hateful Eight“) ist in der Rolle des Gegenspielers das Pendant zu Gibson.

Der dazugehörige Subtext: Die Welt wird schlechter und Kinder, wie das eben Beschriebene, sind die Symptome. Statt Kritik anzunehmen, zu versuchen im nächsten Jahr besser oder braver zu sein, wird lieber ein tückisches Attentat auf den Mann geplant, der Freude bringt. Hier versteckt sich eine überraschende Gesellschaftskritik, die natürlich etwas plump daherkommt, das Werk aber immerhin um eine interessante Ebene erweitert.

Das Szenario und die guten Schauspieler schaffen es, den Film über seine fast zwei Stunden Laufzeit zu tragen. Doch wer bei „Fatman“ eine lupenreine Action-Komödie erwartet, wird gleich doppelt enttäuscht. Geschossen wird hier, außer während des Showdons, nur zu Übungszwecken. Und der Humor ist eher subtil, Slapstick oder Klamauk sucht der Zuschauer im Film so vergebens wie das böse Kind die Geschenke in den Taschen Knecht Ruprechts. So ergibt sich ein seltsamer Hybrid: Thriller als Grundzutat, gesprenkelt mit ein wenig Humor und einer Prise Action, serviert mit einem Hauch von Gesellschaftskritik. Leider wird nichts davon konsequent genug umgesetzt um nachhaltig Eindruck schinden zu können.

Fazit

„Fatman“ ist keine herbe Enttäuschung, aber der Film ist nicht annähernd so gut wie er hätte sein können. Mel Gibson als durchtrainierter Bartträger macht Spaß, und die unterschwellige anklingende Gesellschaftskritik ist überraschend und verleiht dem Film Tiefe. Doch letztlich krankt das Werk an seiner Unentschlossenheit und vor allem an der Unfähigkeit seine einzelnen Elemente zu einem stimmigen Gesamtkonstrukt verbauen zu können. „Fatman“ hätte als reines Genre-Kino eines der Highlights 2020 und womöglich gar ein Karriereschub für Mel Gibson sein können – so ist er lediglich ein solider Zeitvertreib, der zu wenig aus seinem Potential macht. Ab dem 4. Dezember als video-on-demand verfügbar.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(69/100)

Bilder: ©splendid film