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„Der größte Kunstraub der Geschichte“: Kritik zum Netflix-Start

Eigentlich klang es wie eine sichere Bank: 31 Jahre nach einem der aufsehenerregendsten Kunstdiebstähle der Geschichte, dem Überfall auf das Isabella Stewart Gardner Museum in Boston, bei dem 13 Kunstwerke entwendet wurden, produziert Netflix eine 4-teilige Miniserie zu dem Raub. Nach so langer Zeit musste es also endlich neue Erkenntnisse oder eine heiße Spur in dem Fall geben, was hätte so eine Serie denn sonst für einen Sinn. Gerade auch wenn man sich Netflix‘ glückliches Händchen mit dokumentarischen Serien anschaut. Ansonsten mag sich ja viel Ramsch auf der Plattform finden, aber gerade in diesem Bereich bewies der Streamingriese bis jetzt ein wirklich gutes Gespür. Leider scheint dies aber im Fall von „Der größte Kunstraub der Geschichte“ abhanden gekommen zu sein: Das Werk ist leider weder Glücksgriff noch Genre-Perle – ja nicht einmal Genre-Durchschnitt.

von Mara Hollenstein-Tirk

Das fängt schon damit an, dass man sich dazu entschlossen hat, eine Story, die locker in 90, unter Umständen auch 120 Minuten erzählt hätte werden können, unnötigerweise auf 4 Episoden a 60 Minuten aufzublähen. Da es nämlich einfach an ausreichend Material fehlt, um die 4 Stunden mit sinnigem Inhalt zu füllen, erzählt man die Geschichte stattdessen lieber unnötig kompliziert und wiederholt sich andauernd. So scheint jede Folge einen anderen Aspekt des Verbrechens näher zu beleuchten. Einziges Problem: Die Geschehnisse werden dabei nicht schön chronologisch aufgeschlüsselt, sondern es wird wild wie wahllos durch die Jahrzehnte gehechtet – immer schön mit Einblendung einer alibimäßigen Zeitlinie, die dem Zuschauer aber leider so gar nichts bringt, weil man sie nie in ihrer Gesamtheit zu sehen bekommt. So verzweifelt man nicht nur langsam am Versuch, dieses Wirrwarr aus Verdächtigen, Hinweisen und Versäumnissen irgendwie zu ordnen, sondern wird sich auch noch schmerzlich bewusst, dass einen dieses unnötig komplizierte Geflecht dazu nötigt, alle Folgen am besten an einem Stück hintereinander zu schauen – bloß um nicht den dürftig gesponnen roten Faden zu verlieren.

Aber was solls. Man quält sich durch. Die Neugierde wurde ausreichend entfacht. Irgendwo zwischen all den Wiederholung, all dem Nonsens verbirgt sich nämlich ein faszinierendes Rätsel, dessen Auflösung man einfach wissen möchte. Immerhin hat man sich das nach diesen teils interessanten, teils spannenden, aber leider viel zu oft auch recht qualvollen Stunden wahrlich redlich verdient. Und was muss man dann als geduldig ausharrender Hobby-Detektiv erfahren: Es gibt keine Antwort. Nach wie vor kann man lediglich vermuten, wer die Täter waren, denn handfeste Beweise hat man bis heute nicht gefunden. Auch die geraubten Kunstwerke bleiben weiterhin verschollen. Nicht einmal die Frage, ob der Wachmann denn nun in die Sache verwickelt war, ließ sich abschließend klären.

Fazit:

Klar, auch aus solch ungelösten Mysterien lassen sich mitreißende Filme, Serien und Bücher spinnen – der „Zodiac-Killer“ ist hierfür wohl ein gutes und bekanntes Beispiel. Aber nach all der Zeit, all dem Sitzfleisch, all dem Warten fühlt sich der finale Hinweis darauf, dass die Macher mit dieser Serie hoffen, neue Aufmerksamkeit für den Fall generieren und so vielleicht neue Hinweise erhalten zu können, wie ein finaler Schlag ins Gesicht an. Da doch lieber die wirklich hervorragende Dokumentation „Made You Look: A True Story About Fake Art“ schauen, die sich ebenfalls mit der Kunstwelt beschäftigt, in diesem Fall mit einem schier unglaublichen Fälschungsskandal, die allerdings um Längen besser inszeniert ist, am Ende einen befriedigenden Pay Off bietet und mit gerade einmal 90 Minuten Laufzeit nie in die Verlegenheit gerät, sich ständig wiederholen zu müssen, nur um Zeit zu schinden.

Bewertung:

Bewertung: 3 von 10.

(30 / 100)

TitelBild: (c) Netflix

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