Die erste Staffel der Animations-Anthologie-Serie auf Netflix kam überraschend und begeisterte durch die Mischung aus abwechslungsreichen SciFi-Spielarten. „Love, Death & Robots“ war kurzweilig, blutig und regte in den besten Momenten sogar zum Denken an. Das Qualitätssiegel der Produzenten David Fincher (Sieben, Fight Club) und Tim Miller (Deadpool) hielt, was es versprach. Zwei Jahre später erschien jetzt die zweite Staffel in einer deutlich abgespeckten Variante. Die 8 statt 18 Folgen sollen hier einzeln vorgestellt und bewertet werden – der Durchschnitt der einzelnen Wertungen ergibt dann das Ergebnis für die gesamte Serie. Hält die neue Staffel das Niveau des Vorgängers?

Automated Customer Service

Hip-Hop läuft während schläfrige Rentner ihrem hochtechnologischen Alltag nachgehen, es könnte die Zukunft der Generation Z sein. In einem ungewohnten Animationsstil konzentriert sich diese actionreiche und zugleich witzige Episode auf eine renitente ältere Dame, deren Staubsaugerroboter zum Terminator wird. Die KI dreht durch, der routinierte Kundenservice hilft durch die Situation. Auch das gehört zum Technik-Alltag. Die Folge weckt leichte Erinnerungen an Black Mirror, geht aber einen sehr sympathischen, eigenen Weg. Leichte Kost, aus der man mehr hätte machen können. (68/100)

Ice

Der anspruchsvolle, kantige Animationsstil zeichnet wunderschön die Zwei-Klassen-Gesellschaft einer menschlichen Zukunft nach, in der andere Planeten bereits kolonisiert wurden. Technisch verbesserte Menschen sind in der Überzahl, unser Protagonist ist als einziger „natürlich“. So versucht er sich im Freundeskreis seines älteren Bruders zu behaupten. Daraus wird eine kurze coming of age-Geschichte mit einer spektakulären Mutprobe. Insgesamt die schwächste Episode der Staffel, schlechtes pacing und eine unausgegorene Zukunftsvision trüben den eigentlich, schönen visuellen Eindruck. (48/100)

Pop Squad

Diese Episode kann man sich gut als Spielfilm vorstellen. Die dystopische Fantasie irgendwo zwischen „Blade Runner“ und „Equilibrium“ zeigt eine Menschheit, die den Schlüssel zur Unsterblichkeit erlangt hat. Die wenigen Breeders, die noch Kinder gebären, werden gnadenlos gejagt, während die Kinder hingerichtet werden. Die unsterblichen Menschen haben zugunsten ihrer hedonistischen, narzisstischen Philosophie völlig über die Biologie triumphiert – dabei aber die Menschlichkeit vergessen. Einer der Breeder-Jäger entdeckt trotz seines biblischen Alters die kindliche Perspektive auf das Leben wieder, zahlt den Preis dafür und führt durch eine atmosphärische Geschichte im außergewöhnlichen Setting. (86/100)

Snow in the desert

Diese Folge ist kaum zu unterscheiden von den CGI-Spektakeln, die als Blockbuster über die Leinwände flimmern. Im klassischen SciFi-Western-Setting wird eine Geschichte über die Einsamkeit der Unsterblichkeit erzählt. Kopfgeldjäger wollen einen selbst-regenerativen Krieger finden, töten und sein Geheimnis erlangen. Actionreich und blutig, irgendwo zwischen „Dune“, „Mandalorian“ und dem Videospiel Mass Effect zieht diese Geschichte in den Bann. Durch die schnellen Kampfszenen kann man sich dieses Szenario eher als bombastisches Videospiel vorstellen, aber auch als Kurzfilm gehört es zu den Highlights dieser Staffel. (85/100)

The Tall Grass

Die interessante 2D-Optik hebt sich von den restlichen Episoden ab. Auch das Setting – nächtlicher Zug-Stopp in der Nähe vom titelgebenden hohen Gras – sorgt schnell für immersive Wirkung. In dieser relativ klassischen Monster-Horror-Geschichte wird Neugierde bestraft, das Unbekannte lauert in der Nacht und präsentiert nichts wirklich neues. Durch das schöne Monster-Design und die gute Spannungskurve unterhält aber auch diese Folge auf einem hohen Niveau. Manche Filme erzählen Geschichten wie diese wesentlich schwächer in 90 Minuten. (76/100)

All through the house

Die kürzeste und seltsamste Episode. Sie sieht aus wie ein Weihnachts-Film, der Dienstag Mittags auf Super RTL läuft, sollte aber unter keinen Umständen mit Kindern geschaut werden! Denn hier sind Traumata vorprogrammiert: das heilige Fest war nie gruseliger, Krampus kann einpacken. Der Horror ist hervorragend: Was man nicht sieht, bleibt das Gruseligste. (90/100)

Life Hutch

In klassischer Videospiel-Grafik stellt diese Episode die Frage: Was passiert mit unwichtigen Piloten in SciFi-Filmen, die mit einer Rettungskapsel auf den nächstgelegenen Planeten fallen. Die Antwort ist weder richtig gruselig, noch actionreich, macht aber trotzdem Spaß. Man kann ein wenig mitfiebern, auch wenn die Kriegs- und Absturzgeschichte, die in Rückblenden erzählt wird, völlig irrelevant bleibt. Einmal mehr zeigt Life Hutch, dass künstliche Intelligenz nicht mit der menschlichen Gabe der Improvisation gleichzusetzen ist. (71/100)

The Drowned Giant

Die ruhigste Episode. Ein ertrunkener Mensch liegt am Strand – nur ist er gigantisch groß. Im Voice-Over erzählt uns ein Wissenschaftler von den Ereignissen, die sich durch sein Erscheinen abspielen. Eine etwas pseudo-philosophische Betrachtung über Gott und die Menschen, ein dunkles Märchen im Stile von Tales of the Loop. Gerade im Kontrast zu den anderen Episoden jedoch eine willkommene Abwechslung. (78/100)

Fazit

Die zweite Staffel von Love, Death & Robots ist 10 Folgen kürzer als die erste. Dadurch sind auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Folgen kleiner, man erkennt eher gemeinsame Themen. Unsterblichkeit und die Grenzen von künstlicher Intelligenz stehen im Fokus. Bei manchen Folgen wünscht man sich, dass sie länger sind, andere dagegen hätte man auch komplett weglassen können. Alles in allem ist aber auch die zweite Staffel eine willkommene Erweiterung des Netflix-Angebots, das zwischen kurzweiliger Unterhaltung und nachdenklichem SciFi alles bietet. Die Wertung ergibt sich als Mittelwert aus allen Folgen. (Marius Ochs)

Bewertung

Bewertung: 8 von 10.

(75/100)

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