Was macht uns zu dem, der wer sind? Welche Faktoren bestimmen unser Handeln? Spannende Fragen, die nach wie vor mit großem Interesse beforscht werden. Auch „Memoir of a Murderer“, ein südkoreanischer Thriller, der vor nächste Woche neu auf BluRay und DVD erscheint, befasst sich mit diesem Thema. Denn der harmlos wirkende, nach einem Autounfall und einer Demenzdiagnose etwas neben der Spur stehende Tierarzt Byung-su trägt ein furchtbares Geheimnis mit sich: Er ist ein Mörder.

von Mara Hollenstein-Tirk

Zwar hat er diesem Drang nun schon seit 17 Jahren nicht mehr nachgegeben, doch als er zufällig einem jungen Mann auffährt, der scheinbar eine Leiche in seinem Kofferraum versteckt, gerät das Leben Byung-sus nach und nach immer mehr aus den Fugen. Hat er tatsächlich jemals mit dem Morden aufgehört? Ist gar er für die neuerlichen Mordfälle in seiner Stadt verantwortlich? Irrt er sich, was den jungen Mann betrifft? Was ist real und wo spielt ihm seine Krankheit einen Streich? Und schwebt seine eigene Tochter gar in Gefahr?

Was sich hier nach einer ordentlichen Prise „mindfuck“ anhört, ist definitiv nicht zu viel versprochen, denn „Memoir of a Murderer“ entwickelt sich im Laufe seiner Geschichte tatsächlich zu einem Thriller der ganz besonderen Art. Auch wenn der Film zu Beginn recht schnell den Vorhang lüftet und keine Frage mehr besteht, ob der nette, ein wenig wortkarge Protagonist tatsächlich früher einmal Leute umgebracht hat, geht zunächst alles einen doch recht gemütlichen Gang. Man lernt Vater und Tochter besser kennen, beobachtet die Auswirkungen der Erkrankung auf die Beteiligten und baut so eine Verbindung zu den Figuren auf.

Ja, auch zu dem einstigen Serienmörder. Stets eine Gratwanderung stellen solche Filme mit Antiheld als Hauptfigur dar. Auf der einen Seite braucht es einen gewisses Maß an Sympathie von Seiten des Zuschauers, damit dieser auch mitfiebern kann, andererseits dürfen frühere Handlungen auch nicht verharmlost oder gar glorifiziert werden. Diesen kniffligen Balanceakt meistern die Verantwortlichen hier gekonnt. Den beinahe schon teilnahmslosen Voice-Overs des Protagonisten werden teils sehr explizite Bilder gegenübergestellt, die allerdings, verglichen mit so manch anderen Filmen aus Südkorea, noch recht handzahm wirken. Der Fokus steht nicht auf Schockeffekten, sondern ganz klar auf der Atmosphäre. Diese verdichtet sich immer weiter zu einem schier undurchdringbaren Nebel, bis der Zuschauer am Ende ebenso verwirrt und unsicher ist wie der Protagonist selbst.

Was ist wirklich passiert und was bloße Einbildung? Es ist den Machern hoch anzurechnen, dass sie dieses Spiel mit der Realität so gekonnt vorantreiben, dass man am Ende nicht frustriert vorm Bildschirm zurückbleibt, sondern am liebsten gleich nochmal auf Play drücken möchte, um vielleicht Hinweise zu erhaschen, die man beim ersten Mal übersehen hat. Dass dem so ist, liegt auch an der cleveren Inszenierung, die mit Zeitsprüngen, überlagerten Narrativen und alternativen Versionen für ein und dieselben Szene die Aufmerksamkeit des Zuschauers fesselt und das Interesse am Geschehen stets hochhält. Außerdem muss an dieser Stelle auch noch die Performance von Sol Kyung-gu als dementem Serienmörder lobend herausgestellt werden. Auch wenn alle SchauspielerInnen einen wirklich guten Job machen, ist es doch seine herausragende Darstellung eines Mannes, der immer mehr die Kontrolle über seinen eigenen Verstand verliert, die einen so richtig in ihren Bann zieht.

Fazit

Fesselnd, spannend und verworren: Mit „Memoir of a Murderer“ schafft es Regisseur Won Shin-yun einen Thriller abzuliefern, den sich Fans des gepflegten Mind Fucks und Gänsehautjunkies nicht entgehen lassen sollten. Ab dem 4. Juni 2021 als DVD, BluRay und Video-on-Demand. Alle Infos zu den Versionen könnt ihr hier nachlesen.

Bewertung

Bewertung: 8 von 10.

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Bilder: ©Busch Media Group (auch bei Facebook zu finden)

Wer nun Lust auf den Film bekommen hat, kann bei unserem Gewinnspiel je ein streng limitiertes Mediabook, eine BluRay und eine DVD von „Memoir of a Murderer“ gewinnen. Zusätzlich dazu verlosen wir zwei PRO-Abos für den Monat Juni. Sendet dazu einfach eine Mail mit dem Betreff „MÖRDER“ und eurer vollständigen Adresse an filmpluskritik@web.de. Das Verlosungsmaterial wurde uns freundlicherweise vom Verleih zur Verfügung gestellt und wird nach Beendigung des Gewinnspiels (3. Juni 2021, 23:59 Uhr) an euch versendet. Ihr erhaltet eine separate Gewinnbenachrichtigung. Wir wünschen allen Teilnehmern viel Glück!