Im besten Fall bieten die folgenden 10 Filme etwas Eskapismus und einige unterhaltsame und anregende Stunden. Die Liste ist natürlich selektiv und subjektiv. Es gibt noch eine Vielzahl weiterer „Sommerfilme“, Filme, die zur heißesten Zeit des Jahres spielen oder Sommerstimmung verbreiten, doch wie es bei solchen Auflistungen immer der Fall ist, muss eine Auswahl getroffen werden. Und: Es hat sich auch das eine oder andere Werk darunter gemischt, das eher dazu angetan ist, Sommeralpträume zu verbreiten denn Freude.
- „The Beach“ von Danny Boyle, 2000
Beginnen wir mit einem Film, der sowohl Sommer-Traum, als auch -Alptraum ist: Die wunderschönen Bilder aus Thailand sprechen eindeutig für ersteres, wer bei den atemberaubenden Aufnahmen nicht in Urlaubsstimmung kommt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Doch Danny Boyle (nach einem Buch von Alex Garland) verbindet seine fast paradiesische Idylle mit handfestem Thrill und einer hintergründigen Reflexion zu den Themen „Eskapismus“ und „Kollektiv“. Unverständlicherweise beim Erscheinen von der Kritik verrissen, kann „The Beach“ inzwischen zurecht als Klassiker bezeichnet werden. Zu sehen auf Disney+ und Netflix.
2. „Call me by your name“ von Luca Guadagnino, 2017
Die Prämisse hört sich eigentlich gar nicht so außergewöhnlich oder spannend an: Ein Drama rund um eine Sommerliebe – das hat man doch eh schon hundertmal gesehen. Die Tatsache, dass es sich diesmal um ein homosexuelles Paar handelt, ist zwar bemerkenswert, sollte heutzutage aber eigentlich auch nicht mehr der ganz große Schocker sein. Doch „Call Me by Your Name“ schafft es tatsächlich, sich deutlich von der breiten Masse abzuheben. Die Sonne brennt vom Himmel, alle Verpflichtungen liegen auf Eis, die Nachmittage ziehen an einem schattigen Plätzchen oder neben dem Pool vorüber und erst der Abend erweckt die müden Seelen zu neuem Leben: Ein berührendes Gesamtkunstwerk, das eine ergreifende Liebesgeschichte mit einem hervorragenden Coming-of-Age Drama paart – vor der atemberaubenden Kulisse Norditaliens. (mh) Zu sehen auf Amazon Prime.
3. „Ein gutes Jahr“ von Ridley Scott, 2006
Einer der wohl ungewöhnlichsten Filme von Ridley Scott, der sich sonst eher den Genres Thriller, Science Fiction oder Historienepos verschrieben hat – aber dafür einer seiner schönsten: „Ein gutes Jahr“ ist eine liebevolle Hommage an seine Wahlheimat, die Provence. Russel Crowe gibt den zynischen Londoner Börsehai, der von seinem Onkel ein Anwesen in Frankreich erbt, es erst so schnell wie möglich loswerden möchte – und sich dann doch in die französische Landschaft und Marion Cotillard verliebt. Ein im besten Sinne leichter Film voller Sinnlichkeit, Humor und Lebenslust: Der perfekte Sommerfilm eben. Zu sehen auf Amazon Prime und Disney+.
4. „Midsommar“ von Ari Aster, 2019
Dass es im Sommer nicht nur fröhlich zugehen kann, illustriert dieser verstörende Schocker von US-Regie-Talent Ari Aster: Er entführt die Zuschauer in „Midsommar“ auf ein traditionelles Sommer-Festival in der schwedischen Provinz Hälsingland. Der Regisseur sprengt in den knapp zweieinhalb Stunden nicht nur Köpfe; mit seinen visionären Ideen sprengt er vor allem die manifestierten Grenzen des Genres. Das Werk pendelt gekonnt zwischen unterschwelligem Horror und nordischer Folklore, und ist bis unter das Dach vollgepackt mit Motiven, Referenzen und inszenatorischen Finessen. Wem seichte Sommerromanzen zu kitschig und reine Sommerfilme zu öde sind, für den ist das die richtige Sommerabend“unterhaltung“. (cb/ck) Zu sehen auf Amazon Prime.
5. „Der talentierte Mr. Ripley“ von Anthony Minghela, 1999
Anthony Minghella gelang das Kunststück, zwei Filme in einem zu vereinen: In der ersten Stunde ist „Mr Ripley“, nach Patricia Highsmith, ein atemberaubendes Porträt Süditaliens, der Strände, der Kultur, des dolce vita und des dolce far niente. In Stunde zwei wandelt sich der Film, seinerseits ein Remake von „Nur die Sonne war Zeuge“, zu einem abgründigen Psycho-Thriller in bester Hitchcock-Manier. Sehenswert sind beide Hälften, ebenso die überragenden Darstellerleistungen, zu vordererst Cate Blanchett in einer bedeutenden Nebenrolle und Jude Law, unverschämt gutaussehend, als amerikanischer Snob, der sich die Welt Untertan macht – und dabei immer noch unfassbar charismatisch wirkt. Zu sehen bei Filmtastic und als VOD (ab 2.99€)

6. „Before Sunrise“ von Richard Linklater, 2005
Ein herrlich romantischer Film, und ein wunderbarer Wien-Film: „Eines langen Tages Reise ins Morgengrauen: Ein Amerikaner und eine Französin lernen sich im Zug von Budapest nach Wien kennen und haben 24 Stunden füreinander Zeit. Was sie erleben, ist eine Affäre mit festgeschriebenem Verfallsdatum. Linklater ist mit Slacker und Dazed and Confused zum Porträtisten der Generation X geworden, jener Leute, für die die Welt weniger Wille als Vorstellung ist. In Before Sunrise interessiert er sich eher für Dinge, die diese Generation mit früheren verbinden, als für das, was sie unterscheidet. Der Film ist nicht zufällig seinen Großeltern gewidmet. Julie Delpy und Ethan Hawke geben dieser Geschichte einen Körper, Leben jedoch verleiht ihr erst die Stadt Wien. Dabei ist Linklater weniger am unverwechselbaren Gesicht dieser Stadt interessiert als an der austauschbaren Topographie der Großstadt. Es gelingt ihm, und da ist er ganz Amerikaner, das Bekannte festzuhalten und doch einen eigenen Blick darauf zu werfen. So wird aus Wien ein verwunschener Ort, ein Spiegelkabinett, ein Irrgarten, ein Wunderland.“ (Michael Althen – Filmmuseum Wien) Zu sehen bei Sky und als VOD (ab 3.99€)
7. „La Grande Bellezza“ von Paolo Sorrentino, 2013
Über das schöne Leben, die Liebe, und die Leere, die zu viel Schönheit hinterlassen mag: So in etwa könnte man Paolo Sorrentinos betörendes Werk bezeichnen, zugleich eine Hommage an Fellinis „La Dolce Vita“, das den alternden Lebemann Jep in den Mittelpunkt stellt, der es zum „König“ der High Society Roms gebracht hat. Seit über 40 Jahren frönt er der süßen Dekadenz, bis er Nachricht bekommt, dass seine alte Jugendliebe (seine einzige überhaupt) verstorben ist. Für Jep ist das der Beginn einer Suche nach Sinn und Sinnhaftigkeit hinter all den Dingen, Gesten, Ritualen – und einer Suche nach sich selbst: „Ein melancholisch-träumerischer, hypnotisch-verführerischer Film über Exzess, Dekadenz und das eitle Geschwätz der gehobenen Gesellschaft, der mit einer Fülle glänzender filmischer Miniaturen über Sinn und Sinnlosigkeit des Daseins philosophiert. Zugleich eine filmhistorisch raffinierte Hommage auf Fellinis Das süße Leben, die hinter all der Pracht und Schönheit nach Momenten erfüllter Gegenwart fahndet.“ (Filmdienst) Zu sehen als VOD (ab 2.99€)
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8. „La Dolce Vita“ von Federico Fellini, 1960
Das Original: Fellinis Klassiker mit Marcello Mastroianni als Sensationsreporter, der sich durch das Römer Nachtleben und von Frau zu Frau treiben lässt, ist inzwischen ikonisch – und das nicht nur wegen der berühmten Szene mit Anika Ekberg im Trevi-Brunnen. Bei aller Schönheit ist „La Dolce Vita“ eine Kritik am sinnentleerten, oberflächlichen und dekadenten Leben einer High Society (dem alle anderen sozialen Schichten nachstreben, weswegen die Kritik der Konsumgesellschaft allgemein gilt), einer Gesellschaft, die sich vor Verpflichtungen drückt und sich aus Angst vor der Komplexität eines Lebens, das nicht mehr verstanden wird, in rauschhafte Zustände flüchtet, die die Absurditäten des Alltags erträglicher machen sollen. Zu sehen bei Rakuten TV (Kauf-VOD 7.99€) oder auf DVD/BD.

9. „Der weiße Hai“ von Steven Spielberg, 1975
Reiner Sommer-Thrill, der zweite: Zu diesem Suspense-Klassiker muss man nicht viel sagen, so sehr hat er sich ins kollektive Filmgedächtnis eingebrannt. „Der weiße Hai“ initiierte die Hollywood-Karriere Steven Spielbergs, der sich damit als Experte für handwerklich gut gemachte Crowdpleaser hervortat, die ein Massenpublikum ansprachen. Es war auch die Abkehr vom New Hollywood-Credo des puren Autorenkinos und die Hinwendung zu technischen Spielereien mit dem einzigen Zweck, das Publikum bestmöglich zu unterhalten. Bei aller fehlenden Tiefe: Der weiße Hai ist auch Synonym und Metapher für eine unsichtbare, unbekannte Gefahr, eine Bedrohung, die unter der Oberfläche lauert und die jeden treffen kann – ein Abbild diffuser Ängste der „ganz normalen Menschen“ also, wie sie Spielberg mehrfach in seinen Filmen be- und verarbeitete. Genial: Der Soundtrack von John Williams. Zu sehen auf Netflix und Sky.
10. „Eis am Stiel“ von Boaz Davidson, 1978
Sommer, Sonne, Spannereien – die Grundzutaten für eine israelische Erfrischung namens „Eis am Stiel„: Für alle, die noch nie einen „Eis am Stiel“ – Film gesehen haben, lässt sich die Handlung (der meisten Teile der Reihe) wie folgt zusammenfassen: Im Tel Aviv der 1950er sind die pubertierenden Schürzenjäger Benny, Bobby und Johnny stets auf der Suche nach der nächsten Party und körperkontaktfreudigen Tanzpartnerinnen. Benny, der Romantiker des Trios, findet sich in einer glücklichen Beziehung wieder, die aber wegen Unehrlichkeit in die Brüche geht. Letztendlich erobert der jugendliche Liebhaber sein Mädchen zurück und sie leben glücklich bis zur nächsten Fortsetzung. Dazwischen wird gebadet, Bettsport betrieben und zu den heißesten Rock ’n‘ Roll Hits der Ära geswingt. Aus filmtheoretischer Perspektive bleibt vor allem die kulturelle Signifikanz dieser Filme bemerkenswert, die sich besonders im deutschsprachigen Raum immenser Popularität erfreuten. Gerade Teil 1 beweist neben allem Slapstick, harmlosem soft porn und witziger Geschmacklosigkeiten auch ein Gespür für Romantik: Auch nach über 40 Jahren immer noch ein höchst unterhaltsamer Spaß. (dk, ck) (Treffen/Interview mit Sibylle Rauch) Zu sehen als VOD (ab 2.99€)
Eine sehr schöne und abwechslungsreiche Auswahl. Für (fast) jeden etwas dabei. Sogar für mich 😊
Oh danke, das freut mich 🙂 Besonders von einem VIP-Leser wie dir 😀 /ck
Hat dies auf Film plus Kritik – Online-Magazin für Film, Kino & TV rebloggt.
Der weiße Hai geht immer und Fellini wusste, wie man Filme macht.