Kulturelle Konflikte sind in multikulturellen Gesellschaften die Norm: Wo verschiedene Lebensentwürfe aufeinandertreffen, sind Reibungen vorprogrammiert. Gerade in den letzten Jahren war das auch immer wieder Thema politischer Auseinandersetzungen. In Bezug auf islamische Kulturen stellt sich ganz aktuell (Afghanistan) wieder die Frage, wie es mit Freiheit und Frauenrechten aussieht und ob “der Westen” eine Verpflichtung dahingehend hat, liberale Werte zu verteidigen und sicherzustellen, wenn auch nicht auf dem “eigenen Boden”.
Dass man sich dieser komplexen und komplizierten Thematik auch mit einer Menge Humor nähern kann, beweist die österreichische Regisseurin Eva Spreitzhofer mit ihrer Komödie “Womit haben wir das verdient?” aus dem Jahr 2018. Der Film ist für Film plus Kritik-Leser/innen ab heute 2 Wochen lang GRATIS zu sehen.
Worum geht es?
Nina (Chantal Zitzenbacher) ist 16, und hat wie die meisten Altersgenoss/innen diverse Rebellionsphasen unterschiedlicher Ausprägung und Heftigkeit hinter sich. Ihr neuester Einfall, nachdem Alkohol, Drogen und wildes Partyleben allesamt nichts gebracht hatten: Übertritt zum Islam, inklusive Kopftuch, täglicher Gebete und streng einzuhaltender Essensvorschriften („Gummibärli sind haram – dafür kommst du in die Hölle!“). Die Eltern, die emanzipierte Karrierefrau Wanda (Caroline Peters) und der gutmütige Harald (Simon Schwarz), nach Scheidung und mit neuen Partnern in klassischer Patchwork-Manier wiedervereint, fallen aus allen Wolken, als ihnen die Tochter ihren neuesten Spleen eröffnet – die scheint es echt „ernst zu meinen“, denkt vor allem die Mutter haareraufend. Doch ihre missionarischen Tiraden von „Warum nur!“, „So habe ich dich nicht erzogen!“, „Womit haben wir das verdient?“ und besonders „….aber der Feminismus!“ wollen nicht so recht fruchten – und so muss sich die Familie wohl oder übel mit der neuen Lebensausrichtung von Nina – ab nun Fatima – arrangieren.
Spreitzhofer lehnt ihren Zugang an die französischen “Culture Clash-Komödien” an, diese Spielart des heiteren Films, dieses Sub-Genre des filmischen Lustspiels, das versucht, „ernste“ Themen mit Humor zu nehmen und Fragen nach glücklichem und geglücktem Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Klassen mit verspielter Leichtigkeit zu beantworten.
„Womit haben wir das verdient?“ illustriert auf unterhaltsame und humorvolle Weise die Bruchstellen, Irritationen, Widersprüche und Grenzen der liberalen, offenen und postmodernen „Multi-Kulti“-Gesellschaft. So ist es für die aufgeklärte Mutter Wanda nicht leicht, ihre einerseits tolerante Haltung in Beruf und Privatleben zu erhalten, während sie andererseits die plötzlich zur Muslima gewandelte Tochter und deren Einstellungen mit allen Mitteln bekämpft. Hier ist nichts schwarz-weiß, muslimische Mädchen organisieren feministische Aktionen, während die Post-68-er-Mutter plötzlich als starrsinnige Spießerin dasteht, die ihrer Tochter nicht den „freien Willen“ zugesteht, sich so zu kleiden, wie sie möchte.
Der Film zeichnet eine Gesellschaft, in der konstante Verwirrung über individuelle und kollektive Identitäten herrscht, jemand, der vor 5 Minuten auf der einen Seite steht, kann sich 5 Minuten später plötzlich auf der anderen wiederfinden. Es gibt keine Lösung, die einzige Antwort ist gegenseitiges Verständnis und ständige Verständigung in einer von multiplen persönlichen Identitäten unübersichtlich gewordenen Gegenwart – und das ist auch die zentrale Message des Films: Eine diverse Gesellschaft kann nur durch konstante Kommunikation und gegenseitigen Austausch funktionieren und ihren Zusammenhalt erhalten – im Kleinen (der Familie) wie im Großen.

Inszenatorisch solide, bewegt sich „Womit haben wir das verdient“ schauspielerisch auf durchwegs hohem Niveau, besonders herauszustreichen sind die Leistungen von Caroline Peters als besorgte Mutter Wanda und Simon Schwarz als ebenfalls besorgter, aber um einiges pragmatischerer Vater. Ein weiteres, großes Asset der Komödie ist der durchwegs ins Schwarze treffende Humor, der aus dem harmonisierenden Zusammenspiel der Akteure ebenso entspringt wie aus den aufeinander clashenden (kulturellen) Gegensätzen unter den Protagonist/innen.
Besonders lobenswert ist, dass Regisseurin und Drehbuchautorin Spreitzhofer nicht nur auf erhobene Zeigefinger, sondern auch auf übertriebene political correctness verzichtet – und damit alles richtig macht. Alles in allem: Eine durch und durch gelungene Komödie, witzig, humorvoll, gut geschrieben, klug und unterhaltsam. Um zum Schluss einen im Film oft gebrauchten Satz zu strapazieren – und dreist den Ausgang der Geschichte zu spoilern: Es gibt für alles eine Lösung.
Wie kann ich den Film sehen?
Über unsere Content-Kooperation mit dem KINO VOD CLUB können wir “Womit haben wir das verdient?” unseren Leser/innen ab heute 2 Wochen lang GRATIS zur Verfügung stellen. Das geht so: Einfach ein Film plus Kritik – Probeabo nach Wahl (30 Tage lang völlig kostenlos!) abschließen, danach wird ein Freischaltcode für den Film (für einen Stream beim KINO VOD CLUB) zugeschickt, wo er dann 2 Wochen lang gratis gesehen werden kann.
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Bilder: © Filmladen Filmverleih