Stirbt ein Stern, dann kommt es bei seinem Tod zu einem allerletzten Aufleuchten. Zu einer Explosion so hell wie eine ganze Galaxie. Zu einer Supernova. Und bei diesem Vorgang wird all die Masse des Sternes hinausgeschleudert in die Untiefen des Weltraums, wo sie sich irgendwann zu neuen Sternen, Planeten oder Lebewesen zusammengesetzt. Im berührenden Liebesdrama „Supernova“ erzählt Harry Macqueen vom letzten Aufleuchten einer Liebe im Angesicht einer schrecklichen Krankheit.

von Paul Kunz

Konzertpianist Sam (Colin Firth) und Schriftsteller Tusker (Stanley Tucci) sind seit vielen Jahren ein glückliches Paar. Im gemeinsamen Wohnmobil machen die beiden einen Roadtrip durchs englische Landidyll. Sie sind unterwegs zu einer Konzerthalle, in der Sam als Pianist auftreten soll und entdecken auf dem Weg dorthin romantische Orte aus der Vergangenheit erneut, besuchen Verwandte und blicken gemeinsam in die Sterne. Doch was zunächst eine wunderschöne Reise zu sein scheint, ist in Wahrheit eine bittersüße Angelegenheit. Denn Tusker ist demenzkrank und sein Zustand verschlechtert sich stetig, weswegen die beiden mit der schrecklichen Wahrheit konfrontiert sind, dass es die letzte Reise des Paars sein wird.

Doch Regisseur Harry Macqueen, der auch das Drehbuch geschrieben hat, erzählt in „Supernova“ nicht vorrangig von einer Krankheit, sondern von einer Liebe, die durch die vielen gemeinsamen Jahre gereift und gestärkt wurde. Und Colin Firth und Stanley Tucci (im realen Leben beste Freunde) spielen diese unaufgeregte, entschiedene Art der Liebe und Vertrautheit absolut grandios. Durch ihre ergreifende Perfomance ist die Tiefe der Beziehung in jedem Moment greifbar – im Reisegeplänkel über das Navigationssystem, das genauso klingt wie Margaret Thatcher, in den kleinen Blicken und Berührungen, aber auch in den schwierigen Gesprächen über eine Zukunft, in der Tusker langsam in seiner Krankheit verschwinden wird.

Dankenswerterweise hat Harry Macqueen aber kein schnulziges Melodram über Krankheit und Abschied gedreht, sondern wirft stattdessen einen intimen Blick auf das Leben zweier Liebender in einer schwierigen Zeit. Angemessen intim fühlt sich auch die Kamera von Dick Pope an, der die gemeinsamen Augenblicke des Paares in der gemütlichen Enge des Wohnmobils ebenso stimmungsvoll einfängt wie die unangestrengt pittoreske englische Natur.

„Supernova“ lebt von seinem Sinn für Understatement und Authentizität. Dementsprechend sind die besten Momente des Films auch jene, in denen die Dinge ungesagt bleiben: wenn Tusker in einem Versuch die eigene Würde zu bewahren vor Sams Schwester über seine Demenz scherzt. Oder wenn ein Bekannter ihm von einer neuen Therapiemethode erzählt und Tuskers müdes Lächeln verrät, dass er diese Unterhaltung wirklich nicht führen möchte. Diese und viele andere kleine Andeutungen und Bemerkungen zeichnen das Drehbuch von Macqueen aus. Doch leider traut er uns nicht immer so viel Mitarbeit zu. Die ein oder andere ungelenke expositorische Aussage, eine kitschige Phrase und – insbesondere im letzten Drittel des Films – überflüssige Erklärungen der Gefühle und Motive der Figuren, schwächen das ansonsten starke Skript. Profis wie Firth und Stucci lassen die Dialoge niemals plump klingen, doch gerade die beiden könnten mit weniger sehr viel mehr vermitteln.

Fazit

„Supernova“ erzählt eine herzerwärmende Geschichte über Liebe, Abschied und Tod, die die dunklen Aspekte zwar nicht scheut, aber dabei nie ins Negative entgleitet. Dass der Film seine bestechende Subtilität manchmal zugunsten unerwünschter dialogischer Erklärungen opfert, trübt das Vergnügen ein klein wenig. Großartig sind dafür Colin Firth und Stanley Tucci, die als Sam und Tusker ein wunderschönes Leinwandpaar abgeben und dem Film sein Herz verleihen. Ab 5.11. im Kino.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(74/100)

Bild: © 2020 British Broadcasting Corporation, The British Film Institute, Supernova Film Ltd.