In der neuen Reihe The Real Movies geht es unter anderem um Filmklassiker, pures Kino und Filme aus der Vergangenheit, die dabei helfen, die Gegenwart zu verstehen. Dieses Mal fiel die Wahl auf “Rufmord” (Originaltitel: “The Contender”) aus dem Jahr 2000 von Rod Lurie, einen spannenden Polit-Thriller, der Themen wie Sexismus, Ethik und Moral in der Politik behandelt, die zugleich zeitlos wie hochaktuell sind.
von Christian Klosz
“Rufmord” ist ein überraschend kluger, komplexer Film, der auf verschiedenen Ebenen diverse Themen behandelt: Politischen Machiavellismus, Idealismus, Sexismus (in der Politik), das Einstehen für moralische Prinzipien und – eher unabsichtlich – pathetischen (amerikanischen) Patriotismus.
Im Kern geht es darum, dass der US-Präsident Jackson Evans (hervorragend dargestellt von Jeff Bridges) nach dem Tod seines Vizes jemand Neues als Vertreter nominieren muss. Viele in seinem Umfeld präferieren den beliebten Gouverneur Jack Hathaway, doch Evans entscheidet sich für Senatorin Laine Hanson (überzeugend und glaubwürdig: Joan Allen). Vor allem der Republikaner Sheldon Runyon (überragend als politisches Ekelpaket: Gary Oldman) will das verhindern und fährt eine perfide Kampagne gegen sie mit Aufnahmen, die die Senatorin als Studentin bei (vermeintlichen) Sex-Orgien zeigen sollen. Hanson weigert sich bei den Nominierungs-Hearings, bei denen Runyon den Vorsitz führt und die landesweit im TV übertragen werden, auf Fragen zu diesen Vorfällen einzugehen, In privaten Gesprächen prangert sie allerdings einen “Doppelstandard” an, da Männern solche Fragen, etwa nach deren sexuellen Eskapaden in der Studienzeit, nicht gestellt würden.
“Rufmord” spricht viele Themen an, die derzeit vor allem in den USA, aber nicht nur dort, heiß und erhitzt diskutiert werden, macht das aber auf eine um Vielfaches intelligentere und weniger plakative und oberflächliche Art und Weise, wie das oft in medialen Diskursen, aber auch in gewissen Filmen und Serien der Fall ist. Er ist positiv und Mut-machend insofern, als er nahe legt, dass sich persönlicher Idealismus und Prinzipientreue auszahlen und eine Art von Held(inn)en-Mut propagiert, der durch Standhaftigkeit niederste Instinkte und Prinzipien aushebeln kann.
Einzig gegen Ende wird es etwas zu pathetisch und unlogisch und der Film verlässt seine bis dahin dramaturgisch kurvenreichen, aber klaren Bahnen, um (zu) einfach und schnell ans Ziel zu kommen, das da heißen muss: die USA sind das tollste und beste Land der Welt, wo alles möglich ist. Dass das einerseits nicht stimmt, und andererseits auch im Schlechten gilt, offenbart ein Blick über den Atlantik. Trotzdem: Ein sehenswerter Film, inspirierend und zum Nachdenken anregend.
Bewertung:
(87/100)
“Rufmord” ist derzeit bei Amazon und iTunes als Stream zu erwerben, und zwar ab 1,99€.