2008 setzte „Iron Man“ den Startschuss für eines der erfolgreichsten Franchises aller Zeiten. Unter Kevin Feige, dem Mann mit dem Masterplan, erblühte eine Welt fürs Kino, die die Grenzen des Geschichtenerzählens völlig neu auslotete und die die Charakterentfaltung in gänzlich neue Dimensionen vorstoßen ließ. Mit dem bombastischen Zweiteiler „Avengers: Infinity War“ und „Avengers: Endgame“ versammelte sich die gesamte Superheldenriege des Marvel Cinematic Universe (kurz MCU) im Kampf um den Erhalt des Universums und ließ Fans nach 20 Filmen mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die Ära zurückschauen.

von Madeleine Eger

Nach der Rettung der Welt und des Universums eröffnet die nächste Phase des MCU nun mit dem Blick ins Multiversum unvorstellbar neue Möglichkeiten – nicht zuletzt auch Sonys Animationsfilm „Spider-Man: Into the Spiderverse“ sorgte deshalb für gehörigen Zündstoff und feuerte die Gerüchteküche so richtig an. „No way home“, der letzte Teil der Spider-Man-Trilogie mit Tom Holland (der mittlerweile seinen siebten Auftritt als Peter Parker feiert) ist nun der Film, der mit Leichtigkeit ein Netz um drei Generationen spinnt, sich nostalgisch von einer Überraschung zur nächsten schwingt und dabei noch eine gewaltige Portion Action, Witz und Charme mitbringt.

Nach den Ereignissen in London und Mysterios (Jake Gyllenhaal) Tod kommt Peter Parker zurück nach New York. Videomaterial, das dem Daily Bugle zugespielt wird, demaskiert Spider-Man und ganz plötzlich weiß die ganze Welt, wer sich hinter der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft verbirgt. Damit aber nicht genug. Daily Bugle Chef J. Jonah Jameson (J.K.Simmons) macht Spider-Man sogar zum Staatsfeind Nummer Eins. Der Teenager hat danach keine einzige ruhige Minute mehr und begreift, welche Auswirkungen sein Superhelden-Dasein auf seine Freunde MJ (Zendaya), Ned (Jacob Batalon), seine Tante May (Marisa Tomei) und seine Zukunft hat. Mithilfe von Doctor Strange (Benedict Cumberbatch) will Peter seine alte Anonymität wieder herstellen. Der Zauber läuft allerdings nicht wie geplant und so finden sich Doc Ock (Alfred Molina) und Norman Osborn (Willem Dafoe) in einer Welt wieder, in der Peter Parker nicht ganz derjenige ist, nach dem sie suchen, um Rache zu üben.

„Spider-Man: No way home“ beginnt exakt da, wo „Far from home“ als zweiter Teil endete, bildet einen komplett nahtlosen Übergang zwischen beiden Werken und legt vom Start weg ein beachtliches Tempo vor. Erst die schockierenden Nachrichten, die Flucht vor der massiven Aufmerksamkeit und dem schwelenden Unmut ihm gegenüber, und dann auch noch der Zauber von Strange, der eigentlich alles richten sollte, jetzt aber gewaltig nach hinten losgeht und (un)bekannte Schurken nach New York holt. Viel Zeit zum Luftholen bleibt nicht, weder für Parker noch für das Publikum, das innerhalb von Minuten miterleben kann, durch welche emotionale Achterbahn Peter geschickt wird.

John Watts kreiert für seinen jungen Avenger Momente der Verzweiflung, Angst, Zuversicht und Entschlossenheit, aber auch Augenblicke von jugendlicher Unüberlegtheit und scheinbarer Naivität, die den Kontrast zu den fast schon routinierten Kämpfen und der starken Ausstrahlung im Spinnenkostüm bilden. Die Story in „No way home“ bietet erstmalig stärkere Ambivalenzen, die Tom Holland in gleich mehreren Szenen überraschend stark ausspielen kann. Denn der Teenager, der von Perfektionismus getrieben ist und immer das Wohlergehen seiner Familie, Freunde und Mitmenschen im Sinn hat, türmt sich beispielsweise in der Auseinandersetzung mit Strange auf und trifft mehrere folgenschwere Entscheidungen, die zunächst einfach nur leichtsinnig erscheinen und das fragile Verhältnis von ihm und Stephen offenlegen. Denn obwohl die beiden das halbe Universum gemeinsam gerettet haben und der Zauberer zur ersten Anlaufstelle wird, ist die freundschaftliche Beziehung weit entfernt von dem, was Peter mit seinem Mentor Tony Stark erleben durfte.

Aber nicht nur mit Strange gerät er aneinander, auch Dr. Otto Octavius und der Green Goblin sind für Spider-Man keine leichten Gegner und bringen in ihn etwas hervor, das man so von ihm noch nicht erlebt hat. Die Kämpfe gehen dabei in die Vollen und gerade das Aufeinandertreffen mit Norman Osborn ist erschreckend hart und gewaltig. Aber bevor „No way home“ seine düstere Seite zeigt, lässt der Film das bekannte Trio mit MJ und Ned sowie seine Neuankömmlinge noch den Spielraum für einige gute Gags. Die Unbeholfenheit der Teenager, Tante Mays Beharrlichkeit, die Verantwortung für das Schlamassel zu übernehmen, den Gestrandeten zu helfen und natürlich die völlige Überforderung der Schurken nicht mehr „ihren“ Peter Parker vorzufinden, führen zu verschiedenen komischen Momenten, die das mehr als ungewöhnliche Zusammentreffen der Dimensionen geschickt und mit spielerischer Leichtigkeit verknüpfen.

Peters Plan das Gute in den Menschen wieder hervorzubringen und sie quasi zu heilen, wird zur großen Herausforderung, die er allein kaum stemmen kann und so kündigt sich Hilfe an, die ab dem zweiten Drittel gleich an mehreren emotionalen Strängen zieht, über die man aber (obwohl es einem auf der Zunge brennt) nichts weiter sagen kann, ohne den kompletten Film und dessen schöne Überraschungsmomente vorwegzunehmen. „No way home“ wird zu einem gelungenen Abschluss einer Trilogie und einer tollen Hommage an drei Filmgenerationen, die sich ihrer Macht und Verantwortung sehr wohl bewusst ist.

Fazit

„Spider-Man: No way home“ ist ein gewaltiges Nostalgiefeuerwerk und zugleich Fanservice vom Feinsten. Der Film greift dabei trotzdem die richtigen Momente auf, um Emotionen zu triggern, gewaltige Action aufzufahren und Tom Holland die Ambivalenzen und Stärken ausspielen zu lassen, sodass er einmal mehr beweisen kann, wie sehr er seine Rolle liebt und lebt.

Bewertung

Bewertung: 8 von 9.

(90/100)

Bilder: ©Sony Pictures