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“Scream” – Teil 5: Kritik zum Kinostart

Wir leben in einer Zeit der Franchises, Sequels und Reboots: Während das MCU um einen Superheldenfilm nach dem anderen erweitert wird und Disney unaufhörlich Realverfilmungen alter Zeichentrickklassiker dreht, erhalten eigentlich abgeschlossene Franchises wie Jurassic Park oder Star Wars nach Jahrzehnten Quasi-Neustarts – sogenannte Requels. Der Trend, das Alte neu aufleben zu lassen hat längst auch das Horror-Genre erreicht. Und so erhält elf Jahre nach dem letzten „Scream“-Film auch die kultige Slasher-Reihe einen Franchise-Neustart. Fragt sich nur, ob Fans einmal mehr mörderischen Meta-Schmäh erwarten dürfen oder ob hier bloß eine blutleere Leiche wiederbelebt werden soll.

von Paul Kunz

„Scream“ eröffnet mit einer vertrauten Szene: eine junge Frau, Tara (Jenna Ortega) heißt sie diesmal, erhält in ihrer Küche einen Anruf eines Unbekannten. Dieser stellt ihr Fragen zu Horrorfilmen. Doch während Tara sich für anspruchsvollen Horror, etwa „The Babadook“ oder „The VVitch“ begeistert, ist der ominöse Anrufer eher ein Fan der Slasher-Reihe „Stab“, ein filminternes Stand-In für die „Scream“-Filme. Es kommt, wie es kommen muss: Tara wird von einem Killer in Ghostface-Maske attackiert und so beginnt das Grauen erneut. Taras ältere Schwester Sam (Melissa Barrera), die die mörderische Kleinstadt vor Jahren verlassen hat, kehrt zurück in ihren Heimatort, als sie von dem Vorfall erfährt. Sie tut sich mit Taras Freundeskreis zusammen, wo bereits wilde Vermutungen zum Motiv des Killers angestellt werden: der neue Täter, so glauben sie, möchte eine Mordserie starten, um Stoff für das filminterne „Stab“-Franchise zu liefern und dadurch die angestaubte Reihe wiederzubeleben.

Ein Franchise-Neustart also! Da braucht es natürlich neue, jüngere Figuren und selbstverständlich eine frische Story, aber es muss auch ausreichend Verweise auf das Original geben, sonst randalieren die Fans. Sogenannte „Legacy“-Charaktere müssen weiters dabei sein, die der neuen Generation den Staffelstab überreichen, weswegen bald altbekannte Gesichter wie Dewy Riley (David Arquette), Sidney Prescott (Neve Campbell) und Gale Riley (Courteney Cox) wieder involviert werden. „Scream“ legt sein satirisches Augenmerk diesmal weniger auf die verschiedenen Konventionen des Horror-Genres, sondern verhandelt stattdessen die Eigenheiten dieses Trends der Reboots und Sequels, sowie deren erhitzte Rezeption von Hardcore-Fans in den YouTube-Kommentarspalten. Denn eigentlich, so erklärt eine von Taras Freundinnen, wollen die Fans überhaupt nichts Neues. Vielmehr muss das Altbekannte aufgewärmt und den Fans in neuem Gewand präsentiert werden.

„Scream“ zieht explizit Vergleiche zu den neueren „Star Wars“-Filmen oder auch „Jurassic World“ und nimmt damit durchaus treffend Beobachtungen zum Franchise-Prinzip vor. Das ist spaßig, doch bei dem bissigen Ton, den der Film beizeiten anschlägt, ist es ärgerlich, dass die wirklich kontroversen Fragen dann trotzdem unbesprochen bleiben: die Profitgier der riesigen Studios etwa oder die damit in Verbindung stehende Tendenz den Neuverfilmungen oberflächliche ideologische Updates zu verpassen. Mit vorgeblich starken Frauenfiguren oder einer queeren Nebenfigur soll ein „wokes“ Publikum angesprochen werden. Aber hier endet die Selbstreflexion von „Scream“, denn um sich zu heiklen Themen zu positionieren, dazu ist der Film doch zu feige.

Kurzweilige Slasher-Unterhaltung bietet „Scream“ trotzdem allemal. Die Konfrontationen mit dem Killer sind ausreichend spannend inszeniert, die meist darauffolgenden Mordszenen alle grausig anzusehen und die Dialoge versprühen in ihren zahllosen Referenzen und Meta-Selbstbezügen gegenwartsnahen Charme. Dass sich die Unterhaltungen zu keinem Zeitpunkt wie Konversationen zwischen echten Menschen anfühlen, tut dem Spaß dabei überhaupt keinen Abbruch.

Fazit

Mit „Scream“ ist daher ein durchaus spaßiges Franchise-Requel gelungen, dessen Hauptaufgabe es ist sich vor dem Original zu verneigen und diese Position dann clever selbstironisch zu kommentieren. Wer also Fan der Filmreihe ist oder einfach mal wieder Lust auf simplen Slasher-Spaß hat, kann völlig unbesorgt ins Kino gehen, denn das kann „Scream“ in jedem Fall bieten. Schade ist bloß, dass die Meta-Kommentare zum Requel-Phänomen in den entscheidenden Momenten nicht weit genug geht: das Messer sitzt zwar an der rechten Stelle, aber es ist zu stumpf um wirklich tief zu schneiden.

Bewertung

Bewertung: 6 von 10.

(55/100)

Bilder: (c) Paramount Pictures

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