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„The Card Counter“: Kritik zum Kinostart

Paul Schrader, Drehbuchautor („Taxi Driver“) und Regisseur („First Reformed„) beglückt uns mit einer weiteren Variation des hartgesottenen, ziellosen und Whiskey trinkenden Mannes inmitten einer Lebenskrise a la Travis Bickle. Diesmal verschlägt es ihn in die Welt des Glückspiels und der Folterskandale: „The Card Counter“ ist ab 3.3. im Kino zu sehen.

von Christoph Brodnjak

William Tell (Oscar Isaac) ist professioneller Falsch- und Pokerspieler. Während seiner mehrjährigen Haft hat er sich das Zählen von Karten angelernt, eine Praxis, die in Casinos verpönt bis verboten ist. Doch er ist bescheiden, er übertreibt es nicht mit seinen Gewinnen und bleibt sowieso nirgends über längere Zeit. Er lebt aus dem Koffer, seine einzigen Begleiter sind ein Tagebuch, eine Whiskeyflasche und mehrere Leintücher. Dabei würde La Linda (Tiffany Haddish) ihn gerne als Pokerspieler für Turniere anheuern.

Eines Tages trifft er den jungen Cirk (Tye Sheridan), dessen Vater genauso wie William im Gefängnis landete. Sie beide hatten in dem berüchtigten Gefängnis Abu Ghraib gearbeitet – und gefoltert. Die beiden verbindet das Auftauchen von Major John Gordo (Willem Dafoe), Williams damaliger Vorgesetzter und nun Gastredner auf einer Sicherheitskonferenz im Casino. Er musste für seine Taten niemals geradestehen. Das will Cirk mit der Hilfe Williams ändern.

Ausgehend von dem Names des Films hat dieser überraschend wenig mit tatsächlichem Poker zu tun, vergleicht man ihn beispielsweise mit anderen modernen Poker-Filmen wie „Molly’s Game“. Im Zentrum steht die zuweilen unfreiwillige Verbindung und Zusammenarbeit von William und Cirk. Natürlich wird sich immer wieder an den Pokertisch gesetzt, und ein bisschen Zeit für Liebäugelei zwischen William und La Linda bleibt auch noch, ansonsten handelt es sich hier aber um einen sehr zynischen und ungemütlichen Film. Oscar Isaacs Charakter erinnert wie allzu oft in Schraders Filmen an den Protagonisten aus „Taxi Driver“. Diesmal geht er aber nicht so weit, sich ebenfalls Whiskey ins Müsli zu schütten. Gespielt ist er jedenfalls glaubwürdig, es ist auch schön zu sehen, dass Oscar Isaac weiterhin die richtige Balance zwischen Blockbuster-Filmen und eher kleineren Produktionen findet.

Wer mit Schraders Werk vertraut ist, wird hieran sicher auch seinen Gefallen finden, die Thematik entfernt sich nie allzu weit von seiner Komfortzone. Zwar ist der Film mitunter doch recht brutal und wie bereits gesagt unbequem, doch lauert dies meistens eher hinter den Ecken, und kriecht nur langsam zwischen den Ritzen hervor. Das soll keinesfalls heißen, dass der Film irgendwie langweilig wäre, sondern nur, dass man sich auf einen eher entschleunigtes Tempo einstellen sollte. Die schockierenden Momente sind dafür nur umso effektiver.

Fazit

Paul Schraders Regiearbeiten bleiben gefühlt immer ein Stück hinter seinen Drehbüchern, die er für Martin Scorsese und andere schreibt, zurück. Für ein paar Sequenzen hätte man sich eventuell etwas mehr Bombast gewünscht, wirklich stören tut das aber im Endeffekt wenig. Der Film ist durchwegs unterhaltsam und spannend, wenn auch nicht unbedingt für ein erstes Date geeignet.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(70/100)

Bild: (c) Weltkino

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