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Diagonale 2022: „Der Onkel / The Hawk“ – Kritik

der onkel the hawk

In seiner zweiten Regiearbeit (gemeinsam mit Helmut Köpping) legt Michael Ostrowski eine wilden Genremix vor, in dem er selbst eine Doppelrolle spielt. Um sich schart er dabei alte Bekannte (und Verwandte) wie Hilde Dalik, Anke Engelke, Simon Schwarz oder Elisia und Maris Ostrowski, wenngleich er selbst offensichtlich die treibende Kraft sowohl vor, als auch hinter der Kamera ist. Einiges an dieser ungestümen und anarchistischen Komödie ist geglückt, anderes nicht, einen gewissen Unterhaltunsgwert kann man ihr aber nicht absprechen.

von Christian Klosz

Ostrowski spielt den Spieler und Rumtreiber Mike, der unvermittelt bei der Familie seines Bruders Sandro hereinschneit, der kürzlich ins Koma gefallen ist. Mit Sandros Gattin Gloria verbindet Mike eine lange zurückliegende Liebesgeschichte, doch die hat sich damals gegen ihn und für Sicherheit und Stabilität (also Sandro) entschieden. Mike plant, die komatöse Abwesenheit seines Bruder für seine Zwecke zu nutzen und nistet sich in dessen nobler Vorstadt-Villa ein. Als sich herausstellt, dass auch Sandro keineswegs der Saubermann ist, den er scheinbar gern mimte, in einen dubiosen Deal um ein exklusives Grundstück verwickelt ist und einigen Herrschaften eine Menge Geld schuldet, bricht das pure Chaos aus: Zwischen sinnlosen Fehden mit den Nachbarn, Nachhilfe bei den Schularbeiten der Kinder und Wein mit Sacherwürstel geht es um nichts weniger als das große Geld, das Leben – und die Liebe.

Mangel an kreativen Einfällen kann man Ostrowski und Team nicht unterstellen, trotz hohem Tempo und mehreren waghalsigen Wendungen in der Dramaturgie wirkt „Der Onkel / The Hawk“ nicht überladen. Die Darsteller agieren in ihren Rollen solide, am meisten überzeugt Simon Schwarz als wütender und paranoider Cop, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Ein gewisser Unterhaltungswert ist auch vorhanden, wenngleich die zweite Hälfte des Films besser als die erste ist, was dem Gesamteindruck aber durchaus zuträglich ist. Und positiv heraustreichen sollte man auch den befreienden Zugang, bei Figurenzeichung und Humor völlig auf politische Korrektheiten oder Moralismus zu verzichten und Dramaturgie, Drehbuch und Inszenierung daran zu orientieren, was funktioniert und dem Film dient, nicht daran, was richtig ist.

Ebenjener Humor will aber dann doch nicht so richtig zünden: „Der Onkel / The Hawk“ ist zwar in erster Linie Komödie, aber wirkliche Lacher kommen trotz der rasanten Geschichte und der teils schrägen Figuren kaum auf. Ein Film, der offenbar mit Anlauf darauf zielt, das Publikum zu entertainen, müsste da mehr bieten.

Auch was die technischen Aspekte betrifft gibt es großen Aufholbedarf: In den meisten Einstellungen wirkt das fertige Produkt seltsam unfertig, geradezu amateurhaft, insbesondere was die Kameraarbeit und die Bildästhetik betrifft. Das passt irgendwie so gar nicht zu den einfallsreichen und gut gestalteten Zwischentiteln und Einblendungen zu Beginn und am Ende. Auch ein Werk, das offenbar auf ein Mainstreampublikum zielt, muss sich mit anderen vergleichbaren Filmen (oder allgemein: Filmen aus dem Diagonale-Programm) messen lassen, und dieser hier verliert den Vergleich bezüglich dieser Aspekte leider recht eindeutig.

Fazit:

Nach leichten Anlaufschwierigkeiten entwickelt sich die Anarcho-Komödie „Der Onkel / The Hawk“ zu einer ganz unterhaltsamen Angelegenheit, die vor allem durch Tempo und Timing („Timing ist alles!“ – Zitat Mike) positiv auffällt. Mängel gibt es in Bezug auf die technischen und filmischen Aspekte, und auch der Humor, der das Herzstück eines solchen Films sein sollte und will, zündet nicht wirklich: Insgesamt eine solide Angelegenheit, die aber nicht ganz zu Ende gedacht, etwas unausgegoren und unrund wirkt.

Bewertung:

Bewertung: 5 von 10.

(54/100)

Bilder: © Lotus Film

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