Nach mehr als zehn Jahren erscheint nun dieser Kultfilm aus den Niederlanden auch im deutschsprachigen Raum – in der Uncut-Version. Stephan Brenninkmeijer stellt sich die Frage, warum weibliche Sexualität ein solches Tabu-Thema ist, und versucht sie mit einem Mikrobudget neu darzustellen. Seit dem 9. April können sich Fans von Erotik-Thrillern per DVD, Blu-Ray oder Video-On-Demand in eine Welt der Sexparties und Folterkeller begeben.

von Natascha Jurácsik

Wer bereits den Trailer kennt, wird vom Endprudukt allerdings etwas enttäuscht sein: „Caged“ ist weitaus weniger transgressiv als er es gern wäre. Zwar wagt sich der Regisseur mit hoch-expliziten Bildern weiblicher Nacktheit und sexueller Akte Richtung Soft-Porno, allerdings nicht so weit, um tatsächlich schockieren zu können – und ja, die Freizügigkeit bleibt Großteils den Frauen überlassen: Hauptdarstellerin Chantal Demming ist sich in ihrer Rolle als frustrierte Ehefrau für keine Großaufnahme ihrer Schamhaare zu schade.

Stella kämpft schon seit geraumer Zeit mit Bedürfnissen, die ihr Partner nicht befriedigen kann, wird schließlich Teil der Swinger-Szene und lässt sich kein schnelles Abenteuer mit Fremden entgehen. Doch eines Tages wacht sie in einem düsteren Keller auf, ohne zu wissen wer genau sie dorthin verfrachtet hat. Als am sechsten Tag auch noch eine junge Frau namens Christine zu ihrer Mitgefangenen wird, versuchen die beiden zwischen den Misshandlungen ihres maskierten Peinigers herauszufinden, warum sie in diesem Loch gelandet sind.

Die Handlung von „Caged“ springt zwischen den Szenen im Keller und Stellas Doppelleben, welches sie einem Therapeuten schildert, hin und her. Stilistisch ergibt sich daraus eine Art Noir-Film mit Anspielungen auf Eli Roths „Hostel“ – Brenninkmeijer schwankt zwischen erotischer Traumwelt und Möchtegern – „torture porn“, ohne sich für eines der beiden entscheiden zu können.

Auch die Dialoge lassen zu wünschen übrig, wobei die mittelmäßige, deutsche Synchronisierung nicht hilft: Bestückt mit abgedroschenen Klischees, Wiederholungen und unrealistischen Gesprächen versucht der Niederländer, seinem Streifen eine Tiefe zu verleihen, die er eigentlich nicht hat. Denn auch die Repräsentation der Frau als sexuell befreit bietet keine bahnbrechende Perspektive; Stellas innerer Kampf um Selbstbestimmung wird überschattet von dem männlichen Blick des Drehbuchautors, der übrigens Brenninkmeijer selbst ist. Es scheint fast als hätte er sich jegliche Inspiration aus der Pornoindustrie geholt, statt aus dem echten Leben – oder aus Kubricks „Eyes Wide Shut“, wobei der (qualitative) Vergleich dann doch ziemlich unpassend ist. Sowohl Stella, als auch Christine sind typische Beispiele einer Femme Fatale, die jegliche Macht durch ihre Sexualität ausleben – und am Ende daran scheitern. Zwar kann man die Protagonistin nicht zwingend als zweidimensional abtun, allerdings hätte man sich im 21. Jahrhundert eine etwas kreativere Fassung dieser Standardfigur gewünscht. Das unspektakuläre Ende ist schließlich der letzte Nagel im Sarg.

Hätte sich Brenninkmeijer mehr auf die Grenzüberschreitung konzentriert, wie es in den Horrorfilmen der 2000er üblich war, anstatt durch minimalistische Technomusik, leere Monologe und einem Freud-Zitat am Anfang dem Publikum eine halb ausgereifte Botschaft vermitteln zu wollen, könnte man sich zumindest über irgendetwas aufregen. Das, was am ehesten noch schockiert, ist ein Moment, in dem Stella an einen Tisch gefesselt und vom Entführer befriedigt wird, bis sie sogar einen Orgasmus hat. Ob dies eine Verharmlosung sexueller Gewalt oder eine Wiedergabe der Dualität eines sich wehrenden Geistes und willigen Körpers ist, wie der Regisseur behauptet, lässt sich schwer sagen. Selbstverständlich wirken diese Aufnahmen verstörend, doch leider begräbt Brenninkmeijer ihren subversiven Effekt unter verspielten Sexszenen mit Masken aus schwarzer Spitze.

Fazit

Zu viel für Unterhaltung, zu wenig für Entsetzen: „Caged“ existiert in einem B-Movie-Vakuum, ohne richtig zu wissen, welche Reaktion er jetzt eigentlich erreichen will – ein klassischer Fall einer guten Idee mit misslungener, mulosen und zu eindimensionalen Umsetzung. Als Fan des Genres „Erotik-Thriller“ kann man der deutschsprachigen Erstveröffentlichung dieses Filmes als Throwback ins vorherige Jahrzehnt sicher etwas abgewinnen, auch wenn er sich nicht mehr ganz aktuell anfühlt.

Bewertung

Bewertung: 4 von 10.

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Bilder: Busch Media Group GmbH © 2022