Netflix bietet Horrorfans dieses Jahr zu Halloween etwas ganz Besonderes: Eine Anthologie an Kurz-Spielfilmen von einigen vielversprechenden Regisseuren, produziert und kuriert von dem König der Monstergeschichten, Guillermo del Toro. Acht Werke werden diese Woche täglich im Doppelpack veröffentlicht – ein perfekter Auftakt zum gruseligsten Feiertag des Jahres. Ana Lily Amirpour („A Girl Walks Home Alone at Night“), Panos Cosmatos (“Mandy”) und Jennifer Kent (“The Babadook”) sind nur drei der Namen, die sich an diesem Projekt beteiligt haben und mit einer Mischung aus originellen Stories und Adaptionen klassischer Horror-Kurzgeschichten wirkt die Mini-Serie auf den ersten Blick überaus vielversprechend. In diesem Beitrag findet ihr kurze, Spoiler-freie Kritiken zu allen Teilen.

von Natascha Jurácsik

· „Lot 36“

Regisseur Guillermo Navarro macht den Anfang mit einer Geschichte über einen mysteriösen Abstellraum, den ein merkwürdiger Herr nach seinem Tod hinterließ und nun von einem erbitterten Ex-Veteran bei einer Versteigerung erworben wird. Nach einem starken Opening fällt vor allem die solide Kameraführung auf, die aus jedem Bild das Maximum an Stimmung hervorbringt und vom atmosphärischen Soundtrack unterstrichen wird. Auch die Effekte fallen positiv auf, sowohl die praktischen, als auch das CGI, ebenso die Dialoge und die schauspielerischen Leistungen. Leider geht der Film für die knappe 45-minütige Spielzeit ziemlich schleppend voran und endet in einem etwas unspektakulären, vorhersehbaren Finale. Aber die hohe Qualität der Produktion macht sich bereits bei diesem ersten Beitrag bemerkbar. Als Einführung ist „Lot 36“ nicht gerade bahnbrechend, jedoch trotzdem visuell hochwertig und lässt erahnen, was sonst noch auf das Publikum zukommt.

Rating: 64/100

· „Graveyard Rats“

Wer klaustrophobisch ist oder Angst vor Ratten hat, wird hier besonders zu kämpfen haben. Ästhetisch und musikalischen erinnert dieser Film von Vincenzo Natali ein wenig an ein Stephen Sondheim – Musical, was allerdings durchaus als Kompliment zu verstehen ist. Der düstere und gleichzeitig verspielte Ton wird gelungen vermittelt und lässt bis zum Schluss nicht nach, was einerseits der geglückten Optik und andererseits David Hewlett in der Hauptrolle zu verdanken ist – beides trägt einiges zum subtilen schwarzen Humor der Geschichte bei, die auf einem Werk von Henry Kuttner basiert. Innerhalb der überschaubaren 37 Minuten wird die Handlung sehr gut aufgebaut, wobei viel erzählt wird, ohne dass das Werk überladen wirkt. Das Ende führt schließlich in eine andere Richtung, als man zunächst vermutet, was für einen so kurzen Beitrag erfrischend ist, allerdings auch dafür sorgt, dass sich die Details nicht ganz nahtlos zusammenfügen. Trotzdem ein starker Film, der echte Gruselmomente bietet und viel Spaß macht.

Rating: 70/100

· „The Autopsy“

David Prior verfilmt hiermit eine Kurzgeschichte von Michael Shea und stellt sein Können als Regisseur unter Beweis – denn „The Autopsy“ ist nicht nur mit einer wirklich unheimlichen Geschichte, einem tollen Soundtrack und einer beeindruckenden Performance von F. Murray Abraham ausgestattet, sondern auch mit einer fantastischen Kameraführung, die einige verstörende Momente so gelungen visuell kommuniziert, dass man trotz Gänsehaut nicht die Augen vom Bildschirm lassen kann. Als Parabel über unerwünschten Besuch aus dem All schlägt die Handlung einige Wege ein, die man in dieser Form nicht erwartet und macht den dritten Teil der Anthologie zum bisher besten. Zwar verlaufen ein bis zwei Stränge während der fast 60 Minuten etwas im Sand, doch das blutige Ende lässt einen jegliche Drehbuchfehler verzeihen.

Rating: 81/100

· „The Outside“

Ana Lily Amirpour nimmt sich das Thema der Selbstakzeptanz für ihren Beitrag vor – das Ergebnis ist optisch einwandfrei, trifft allerdings keine eindeutige Aussage und wirkt zum Ende hin ziemlich konfus. Statt die Richtung Body-Horror einzuschlagen, die sich aufgrund des „Body Positivity“-Subjektes bietet, nimmt die Geschichte im letzten Viertel der einstündigen Spielzeit eine surreale Wendung und führt eher zu Verwirrung, wobei das Ganze gleichzeitig zu lang und zu kurz wirkt. Kate Micucci liefert als Protagonistin eine gute Leistung ab, doch Dan Stevens dominiert eindeutig jede Szene, in der er als manipulativer Hautcreme-Verkäufer zu sehen ist. Trotz einiger interessanter Aspekte und klarer visueller Höhepunkte sagt „The Outside“ nichts über die dunklen Seiten des zwanghaften Schönheitswahns aus, das Xavier Gens nicht mit „X is for XXL“ innerhalb von sechs Minuten bestens auf den Punkt gebracht hätte.

Rating: 57/100

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Bilder: (c) Netflix