· “Pickman’s Model”

Fans des Autors H. P. Lovecraft wissen, wie wenige gute Adaptionen seiner Kurzgeschichten es gibt – umso spannender ist es, dass Regisseur Keith Thomas für seinen Beitrag das Werk „Pickman’s Model“ als Vorlage wählte. Mit Ben Barnes in der Hauptrolle und einem wundervollen Soundtrack von Komponist Michael Yezerski baut der Film nach und nach eine düstere Atmosphäre auf, die den Zuschauer in die dunkle Seite der Kunst entführt. Zwar geht die Handlung etwas schleppend voran, dennoch fällt das durch die gelungene Ästhetik, die jede Szene wie aus einem Gothic-Roman aussehen lässt, fast nicht auf. Die infernalen Gemälde, die den Protagonisten in den Wahnsinn treiben, wurden von den Künstlern Vincent Proce und Lisa Cowen angefertigt und passen gut zum Rest des Filmes – allerdings könnten sie etwas unheimlicher sein, um ihren Effekt besser nachvollziehen zu können. Doch, obwohl Thomas‘ „Pickman’s Model“ visuell stimmig ist, wirkt diese Version eher wie eine Edgar Allan Poe Adaption, da ihr der Faktor des für Lovecraft typischen „kosmischen Horrors“ eindeutig fehlt. Trotzdem ein stimmungsvoller Beitrag.

Rating: 61/100

· „Dreams in the Witch House”

Lovecraft-Anhänger können sich über eine weitere Adaption freuen: Catherine Hardwicke nimmt sich mit Rupert Grint als Protagonist eine der bekanntesten Geschichten des Autors vor, lässt sich von dieser allerdings nur sehr vage inspirieren. Statt Kinderopfer, schreckensreichen Dimensionen und unbeschreiblichen Wesen, wie sie im Original vorkommen, entschied sich Hardwicke für eine typische Geistergeschichte. Als Lovecraft-Verfilmung ist dieser Kurzfilm leider eher gescheitert – betrachtet man ihn unabhängig vom Ursprungsmaterial lässt er ebenfalls ein wenig zu wünschen übrig, denn der Ton ist im Laufe der Handlung ziemlich unbeständig, was hauptsächlich an dem beigefügten, rattenhaften Geschöpf liegt, das als Widersacher fungieren soll. Allerdings sind die Effekte und die Monster-Designs gelungen, Grints Performance sehr gut und jedes Bild wunderschön mit Licht und Farben in Szene gesetzt. Obendrein beinhaltet das Werk durchaus einige Szenen, die das Publikum zum Schaudern bringen dürften.

Rating: 55/100

· „The Viewing“

Schon vom ersten Moment an lässt sich sofort erkennen, dass dieser Film von keinem anderen als Panos Cosmatos sein kann. Sein Spiel mit Licht und Farben ist eventuell nicht jedermanns Sache, hat allerdings einen hohen Wiedererkennungswert und macht einen Großteil der Stimmung aus. Die Story ist eine der originellsten der Anthologie, auch wenn sich die Handlung viel zu langsam abspielt, wodurch Zuschauer, die sich nicht am visuellen Design erfreuen können, sehr schnell das Interesse verlieren werden. Erst im letzten Drittel nimmt die Geschichte eine spannende Wendung und wird zu einem kosmischen Trip, komplett mit Body Horror, fantastischem Soundtrack und einem optisch eindrucksvollen Endgegner. Wäre der Film etwas temporeicher in seiner Erzählung, könnte er einer der stärksten Beiträge in dieser Sammlung sein, aber so wird er vermutlich nur denjenigen gefallen, die sowieso schon Cosmatos-Fans sind.

Rating: 60/100

· „The Murmuring“

Jennifer Kent setzt mit diesem Spuk-Drama eher auf Tragik als auf Horror: Ein Ehepaar, das vor kurzem ein Kind verlor, begibt sich in ein abgelegenes Haus, um in der Gegend Vögel zu beobachten. Doch Ehefrau Nancy (Essie Davis) merkt schnell, dass sie nicht die einzigen Bewohner sind. Die Geschichte erinnert eindeutig an den Film „The Changeling“ von 1980 und birgt in diesem Sinne nicht allzu viel Originalität mit sich. Doch die Handlung wird hauptsächlich von den zwei Hauptcharakteren getragen, was immerhin sehr gut umgesetzt ist: Die Dialoge und subtilen Interaktionen des entfremdeten Paares sind gekonnt dargestellt und teilen dem Publikum indirekt alles mit, was es wissen muss. Ihre tragische Vergangenheit durchtränkt jede einzelne Szene, bis sie sich scheinbar in einer geisterhaften Heimsuchung manifestiert, die auf den ersten Blick zwar nichts mit ihrer Trauer zu tun hat, doch letztendlich sehr viel mehr mit dem Schicksal der Figuren verbunden ist, als sie es zunächst annehmen. Auch wenn der Film als Slow-Burn Drama ein paar Zuschauer langweilen könnte, erzählt er innerhalb von einer knappen Stunde so viel und auf so geschickte Weise, dass man ihm sogar die unoriginelle Story verzeihen kann.

Rating: 70/100

Fazit

Auch wenn alle acht Teile von verschiedenen Regisseuren gedreht wurden, erkennt man in jedem die Fingerabdrücke Guillermo del Toros: Monster-Konzepte, visuelle Effekte, die Verwendung von Licht, die Farbpaletten und in einigen Fällen sogar die musikalische Komponente lassen eindeutig seinen Einfluss erkennen, was der Anthologie allgemein eine ästhetische Kohärenz verleiht, die die einzelnen Werke miteinander verbindet und gleichzeitig sehr viel Freiraum zulässt, was Handlung und Story anbelangt. Trotz vereinzelter Schwächen ist del Toros „Cabinet of Curiosities“ eine Netflix-Produktion von hoher Qualität und eignet sich perfekt, um diesen Oktober in Halloween-Stimmung zu kommen. Sowohl eingefleischte Horrorfans als auch Neugierige, die erst auf den Geschmack kommen möchten, werden bei einigen Beiträgen sicherlich auf ihre Kosten kommen.

Bewertung (gesamt)

Bewertung: 8 von 10.

(75/100)

Weiterlesen: Kritiken zu den Episoden 1-4

Bilder: (c) Netflix