Harry Styles, ehemals Boyband-Mitglied nun Weltstarphänomen, ist nicht der Erste, der neben seiner musikalischen Karriere versucht, auch als Schauspieler Fuß zu fassen. Nach den ersten kleineren Auftritten in Nolans „Dunkirk“ und Marvels „Eternals“, folgten in diesem Jahr gleich zwei Hauptrollen für den Briten. Das Mystery-Thrillerdrama „Don’t worry Darling“ sorgte zwar für Aufmerksamkeit (wenn auch eher aufgrund der skandalträchtigen Promotour als schlussendlich des Filmes oder gar des Sängers wegen), für Michael Grandages „Der Liebhaber meines Mannes“ hingegen ist der Popstar direkt das prominente Aushängeschild. Dass nackte Haut dabei mehr ins Gewicht fällt als Schauspielqualitäten und der Regisseur weit entfernt davon ist die verzweifelte Dreiecksbeziehung mit der nötigen Gravitas zu belegen, zeigt sich in dem Drama umgehend, wenn Zeitebenen und Charaktere aufeinanderprallen.

von Madeleine Eger

Nachdem Patrick (Rupert Everett) einen Schlaganfall erlitten hat, fühlt sich Marion (Gina McKee) verpflichtet ihren alten Freund zu pflegen. Mit der Zustimmung ihres Mannes Tom (Linus Roache) bekommt der ehemalige Museumskurator das Gästezimmer. Trotz der Einwilligung ist Tom distanziert und will mit dem langjährigen Freund nichts zu tun haben. Marion kümmert sich also allein um Patrick, dessen einzige Besitztümer in einer großen Box verstaut sind. Dort entdeckt sie die alten Tagebücher des Mannes, deren Einträge bis in die 50er-Jahre zurückreichen. Genau die Zeit, in der die junge Marion (Emma Corrin) sich in den jungen Polizisten Tom (Harry Styles) verliebte und wenig später Patrick (David Dawson) im Museum kennenlernte. Und nun sind es seine geschriebenen Gedanken, die die verdrängte Vergangenheit hervorholen. Eine vor 40 Jahren heimliche, verbotene Liebe sät Schuld und Reue und zwingt Marion zu Entscheidungen.

„Der Liebhaber meines Mannes“ beginnt 1990 in einem kleinen Küstenort Englands, in dem die Wellen unruhig den Kiesstrand aufwühlen und dichte Wolken das Meer mit schleierhaftem Grau überziehen. Mit der Ankunft von Patrick scheint sich nicht nur das Wetter zu verschlechtern, auch die Stimmung bei Marion und Tom kippt. Wobei man dem Paar schon vorher kaum noch Romantik oder vertraute Zweisamkeit attestieren konnte, wenn im ganzen Haus lediglich ein vergilbtes Hochzeitsfoto die Ehe bescheinigt. Solange die Geschichte nämlich im Jahr 1990 angesiedelt ist, lernen wir das Ehepaar gar nicht anders kennen. Nur distanziert, traurig und offenbar mit versteckten Frustrationen. Was also später im Streit gemeint sein soll, als es heißt, dass sich alles verändert habe, seit Patrick bei ihnen ist, ist für uns unmöglich nachzuvollziehen. Mit ungelenken, oft zusammenhanglos eingeflochtenen Rückblenden in die 50er-Jahre wird noch versucht ein konträres Bild einer aufblühenden Beziehung zu zeichnen. So richtig glauben mag man das allerdings von Anfang an nicht.

Wenngleich die Szenerie von 1957 um einiges sonnendurchfluteter ist, wird der Versuch der Leichtigkeit und Romantik schon jetzt erdrückt. Nicht zuletzt auch, weil der deutsche Titel die zu Grunde liegende Tragik direkt benennt, die Entwicklung der Beziehung damit vorwegnimmt und voreingenommen für Marion Stellung bezieht. Mit „My Policeman“ (so der Originaltitel) wäre der Einstieg neutraler gestaltet gewesen und hätte etwas mehr gedanklichen Spielraum für uns, die Figuren und deren Träume oder Hoffnungen zugelassen. Denn sowohl Marion als auch Patrick wollen den schönen Mann unter der Uniform ihr Eigen nennen und sehen ihn als leere Leinwand, die es mit Erwartungen und ihrer individuellen Vorstellung einer Beziehung zu füllen gilt. Man könnte meinen, dass es dann doch eigentlich ganz gut passen würde, dass Harry Styles als Schauspieler ein noch ebenso unbeschriebenes Blatt ist und er sich mit derart zerrissenen und herausfordernden Figuren beweisen könnte. Eine Hoffnung, die sich jedoch allzu schnell verflüchtigt, wenn ihm Emma Corrin („The Crown“) und Theaterschauspieler David Dawson gegenüberstehen. Deren Bemühungen hat der merklich überforderte Popstar nämlich nur wenig entgegenzusetzen. Auch weil Tom im Laufe des Films zusehends zur Randfigur verkommt und Styles in den entscheidenden Momenten glaubhafte Emotionen schwerlich abrufen kann. Zwangsläufig lassen die intimen Szenen zwischen den Männern deshalb Romantik und Leidenschaft vermissen. Selbst wenn man sich sichtlich bemüht, eine Bildsprache für das vorsichtige Herantasten und das brennende Begehren zu entwickeln.

Mit der verheimlichten Liebe versucht man in der Geschichte auch die Gefahren von homosexuellen Beziehungen im England der späten 50er-Jahre aufzugreifen. Dass man allerdings unbekümmert die leichtfüßigen Pianoklänge weiterlaufen lässt, als sich in einer dunklen Gasse die grausame Seite der Strafverfolgung zeigt, ist mehr als irritierend und unangenehm. Und auch wenn die Buchvorlage von Bethan Roberts gleichwohl Marions Perspektive schildert, fokussiert sich der Film oft zu stark auf ihre selbst ernannte Opferrolle. Die Beweggründe, nicht nur ein Leben zu zerstören, beschränken sich dabei auf ihre von Homophobie getriebene Eifersucht und Rache und begründen längst nicht, warum sie trotz allem an der unglücklichen Ehe festhält. Was für uns bleibt, ist einmal mal mehr Ratlosigkeit und Erklärungsbedarf. Und wenn uns das Drama dann am Ende noch den obligatorischen Akt der geläuterten Selbstlosigkeit verkaufen möchte, ist das nicht nur furchtbar unpassend, sondern auch hochgradig enttäuschend.

Fazit

„Der Liebhaber meines Mannes“ lässt nicht nur Charaktertiefe vermissen, auch fehlen der Geschichte entscheidende Jahre in der Darstellung, um die Zeitebenen und die Charaktere sowie deren Entwicklung glaubhaft miteinander verknüpfen zu können. Übrig bleibt schließlich ein seelenloses Konstrukt, das vor allem enttäuscht statt bewegt.

Bewertung

Bewertung: 3 von 10.

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Bilder: ©Amazon Prime Video