In den 1970er Jahre erlebte sogenanntes „Exploitation Cinema“ seine Hochphase und brachte der Filmwelt eine Vielzahl an Low-Budget-Streifen reich an Gemetzel, nackten Frauen und coolen Sprüchen. Die Gattung ist per Definition eine, die aktuelle Trends thematisiert und mit B-Movie-Charme auf die Leinwand klatscht. Als solche ist sie auch heute noch im Genre-Bereich anzutreffen – einen neuen Anstrich bekommt das Ganze dieses Jahr in der Schweiz: „Mad Heidi“ soll als selbsternannter „Swissploitation“-Film mal eine andere Seite der idyllischen Alpenwelt zeigen. Ob sich das wohl als neues Subgenre etablieren kann?

von Natascha Jurácsik

Obwohl die Schweiz von einer strengen, auf Käse basierenden Diktatur kontrolliert wird, mit dem egomanischen Präsidenten Meili (Casper Van Dien) als Anführer, lebt Heidi (Alice Lucy) glücklich mit ihrem Großvater (David Schofield) und ihrem Geliebten Goat Peter (Kel Matsena) in einem beschaulichen Alpendorf. Doch nachdem all ihre Lieben scheinbar auf brutale Weise vom Regime ermordet werden und sie in ein Gefängnis verschleppt wird, wo man junge Frauen zu gnadenlosen Kämpferinnen ausbildet, entfacht sich in ihr die Flamme der Rache.

Auch ohne den Film gesehen zu haben ist nicht schwer zu erahnen, dass es sich bei dem Film um klare Satire handelt: „Mad Heidi“ spielt nicht nur mit Genre-Konventionen, sondern auch mit typischen Klischees, die sich auf die Schweiz beziehen. Die Kombination hierbei ist clever umgesetzt und so lässt sich das Team hinter dem Werk eindeutig von anderen Exploitation-Streifen inspirieren und fügt ihnen humoristische Ansätze bei, die es wirken lassen wie eine Parodie. Dabei ist eindeutig, dass die Recherche gründlich war: Genre-Fans werden all die gewohnten Elemente des Low-Budget-Cinemas wiedererkennen, seien es nackte Brüste, dealende Pimps, geisteskranke Nazis oder kreative Morde mit praktischen Effekten und viel Blut. Abgesehen vom Kino der 1970er haben wohl die Filme von Quentin Tarantino den größten Einfluss ausgeübt, sowohl was das Visuelle als auch die Musik betrifft; dies macht natürlich Sinn, wenn man bedenkt, dass der Regisseur selbst großer Verfechter des Exploitation-Cinema ist. Allerdings hätte das Schweizer Pendant ein wenig mehr von dem Vorbild abweichen dürfen.

Der satirische Ton ist dafür originell und hätte an manchen Stellen sogar noch präsenter sein können oder zumindest etwas vielschichtiger. Anfangs sitzen die Witze noch recht gut, aber ganze 90 Minuten mit einer Parodie der Schweizer Kultur und Wortspielen rund um den Begriff „Käse“ füllen zu wollen ist allenfalls gewagt. So verliert die Geschichte nach der ersten Dreiviertelstunde etwas an Schwung, den er auch im viel zu langen zweiten Akt nicht wieder aufholt. Das Finale ist amüsant, nimmt sich allerdings zu ernst im Vergleich zur restlichen Stimmung: Betrachtet man die Kritik staatlicher Institutionen und den Kampf gegen Autokratie als „aktuellen Trend“, hält sich der Film durchaus an die Parameter von Exploitation-Cinema, indem er diese Aspekte thematisiert, geht hier allerdings zu nachsichtig an diese Inhalte heran und könnte einen ordentlichen Schuss schwarzen Humor untermischen. So fällt es schwer die anderthalb Stunden Spielzeit zu rechtfertigen, trotz Zahlreicher Subplots und abzweigender Handlungsstränge, die zwar lustig, aber teils mindestens genauso überflüssig sind.

Fazit

Horror goes Swiss – „Mad Heidi“ ist ein satirischer Tribut an das Exploitation-Cinema der 1970er Jahre, wie er nur aus der Schweiz kommen kann. Obwohl der Film einige Schwächen aufweist, kann er diese mit B-Movie-Charme und Genre-Kenntnis beinahe ausgleichen und wird sowohl Trash-Fans als auch Kinobesuchern, die unkonventionelle Komödien mögen, gefallen. „Swissploitation“ hat als Subgenre jedenfalls eine Zukunft. Aktuell in ausgewählten Kinos zu sehen, ab dem 08. Dezember auf der offiziellen Seite verfügbar! Weitere Infos: https://madheidi.com/de

Bewertung

Bewertung: 6 von 10.

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Bilder: ©2018-2022 Swissploitation Films LLC.