Seit knapp 1 Monat läuft „Avatar: The Way of Water“ im Kino und bricht dort Besucherrekorde. Doch nicht alle sind nach einer Sichtung von James Camerons neuem Mammutwerk glücklich, und nicht bei allen hat das mit mangelnder Qualität des Films zu tun (so wie bei unserem Kritiker Cliff Lina).

Offenbar hat der Film eine Wirkung auf viele Menschen, die inzwischen von findigen „Experten“ das „Post-Avatar-Depressions-Syndrom“ genannt wird.

Erstmals darüber berichtet hat der britische Guardian, der den Nutzer eines Filmforums zitiert: „Seit ich Avatar gesehen habe, bin ich deprimiert. Als ich mir die wunderbare Welt von Pandora und all den Na’vi ansah, wollte ich einer von ihnen sein.“ Der Thread hatte mehr als 1.000 Kommentare und Einträge von anderen „Betroffenen“ enthalten, die die Gefühle teilten. Titel des Forum-Eintrags: „Möglichkeiten zur Bewältigung der Depression des Traums, dass Pandora nicht greifbar ist“.

„Es scheint, dass Avatar auf einzigartige Weise ähnliche Gefühle bei unterschiedlichen Menschen hervorruft“, schreibt der Guardian weiter. Etwa Trauer, weil man sich von der Natur getrennt fühlt, auch Sorgen um die Zukunft unseres Planeten könnten eine Rolle spielen, ebenso die Unzufriedenheit mit dem eigenen, (post)modernen Leben. Wenig verwunderlich, dass eskapistische Immersion, die noch dazu wie „Avatar 2“ schon vor einer ganzen Weile gedreht wurde, bei dem Vielfachkrisen-geschüttelten Publikum, das an der Realität zwischen Inflation, Krieg, Corona und Klimakrise verzweifelt, unerfüllbare Sehnsüchte aufkommen lässt: Die Avatar-Welt scheint umso unerreichbarer angesichts der aktuellen Weltlage; insofern löst vielleicht nicht „Avatar“ die Depression aus, sondern eine unerträgliche Wirklichkeit, die nach 3 Stunden in einer anderen, schöneren, besseren Welt umso bewusster wird. Auch Guardian und CNN analysieren, Zuschauer wollten deshalb lieber in der Pandora-Welt leben, damit sie sich über die Wirklichkeit keine Gedanken mehr machen müssen, denn dort gebe es keine Probleme wie Krieg, Klimakrise oder Geld-Sorgen.

Ähnliche „Symptome“ wurden allerdings auch schon nach dem ersten Avatar-Film im Jahr 2009 festgestellt, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Damals wurde der Name „Post-Avatar-Depressions-Syndrom“ erfunden.

Eine wirkliche Krankheit ist die „Post Avatar Depression“ natürlich nicht. Aber ähnliche Gefühle und Wahrnehmungen werden von vielen Menschen geschildert, warum man laut Experte zumindest von einem beobachtbaren und manifesten Phänomen sprechen muss. Als „typische Symptome“ werden Niedergeschlagenheit, Schuldgefühle und wenig Motivation genannt.

Wie könnte man die Post Avatar Depression nun heilen? Da gibt es 3 mögliche Ansätze: 1. Die unangenehmen Gefühle und deren Implikationen ignorieren; 2. Den Film nicht schauen; Oder 3.: Reflektieren, warum einem die reale Gegenwart derart trist und hoffnungslos erscheint, was die Gründe dafür sein könnten, dass es soweit kommen konnte. Und Schritte setzen, auch die reale Welt wieder zu einem besseren Ort zum Leben werden zu lassen. (ck)

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Bild: Fotomontage