Erik (Oskar Bökelmann) und sein bester Freund Sebastian (Niklas Doddo) sind zwei Teenager in einer kleinen Stadt an der thüringischen Grenze, die einst zwischen Ost und West verlief. Es sind die frühen 00-er-Jahre, doch die Nachwehen der deutschen Wiedervereinigung – und der Zeit davor – sind weiter zu spüren. Zu erleben gibt es hier wenig, die lokale Jugendszene teilt sich in rechte Neo-Nazis, linke Punks und gesellschaftliche Mitläufer irgendwo dazwischen. Erik und Sebastian fühlen sich keiner dieser Szenen zugehörig. In der Schule werden sie auch deshalb gemobbt, neben “Zocken” am PC und Sinnieren über die Perspektivlosigkeit ihres Lebens in der Einöde und über Rache an ihren Peinigern gibt es wenig, das ihre Freizeit ausfüllt.
Als Erik ein junges Mädchen aus der Punk-Szene kennenlernt, wandelt sich sein Leben: Erstmals findet er Anschluss, Freude – und Liebe. Doch Sebastian, mit dem er seit der Grundschulzeit unzertrennlich ist, reagiert mit Eifersucht, er hat das Gefühl, seinen einzigen Freund zu verlieren. Zusätzlich erhält Erik seltsame “Botschaften” von einer dubiosen Gestalt im Wald, von der eine Stimme auszugehen scheint, der er sich nur schwer entziehen kann. Eine finale Gewalt-Eskalation stellt Erik vor eine schwere Wahl: Er muss sich entscheiden zwischen dem, was ihm eine freudvolle Zukunft eröffnet und dunklen Abgründen, die mit seiner Freundschaft zu Sebastian verbunden scheinen.
von Christian Klosz
“Arboretum” ist ein seltsamer Film, nicht nur wegen des Sujets und weil es sich dabei um eine (noch dazu vom Regisseur selbst finanzierte) deutsche Genre-Produktion handelt. Auch die Zutaten dieses filmischen Gebräus sind in der Kombination nicht allzu häufig: Debüt-Regisseur Julian Richberg mischt Sozialstudie und Coming-of-Age-Drama mit Thriller- und Horrorelementen, ein mutiger Versuch – der allerdings nur zum Teil aufgeht. Denn auch wenn das Vorhaben durchaus ambitioniert ist und das Potential des Films zu erkennen ist, es hapert an der Umsetzung.
Das trifft nicht auf die Inszenierung, auf die Ästhetik und auch nicht auf die für eine Eigenproduktion bemerkenswerten (Horror-)Effekte zu: An der technischen Umsetzung gibt es kaum etwas auszusetzen. Selbiges gilt für die schauspielerischen Leistungen. Und insbesondere für die Atmosphäre, die “Arboretum” zu erschaffen vermag, durch die Bildgebung in Kombination mit dem gelungenen Soundtrack. Interessant sind auch die sozial- und gesellschaftskritischen Implikationen, die einen Bogen von der Zeit der deutschen “Trennung” über die Wiedervereinigung bis zur Film-Gegenwart und unserer Gegenwart (wenngleich nur angedeutet und projiziert) spannen.
Das Problem des Films liegt vielmehr in der zu verworrenen Handlung, der man nicht immer folgen kann: Mehrfachs werden Settings etabliert, Handlungsstränge begonnen, die nicht weiter verfolgt werden oder im Nichts verlaufen. Und manche Sequenzen lassen sich in keinen logischen Zusammenhang mit der Gesamthandlung bringen.
Ein gewisser Hang zum Kryptischen und Symbolischen ist gewollt und lobenswert, natürlich muss nicht jede Sequenz ausführlich erklärt werden oder auf den ersten Blick verständlich sein. Doch manche Sprünge in der Handlung, auch manche Schnitte ergeben schlicht keinen Sinn, jedenfalls offenbart sich jener dem Zuschauer nicht. Und “Arboretum” verfolgt einfach zu viele Ansätze, die in der knappen Laufzeit von nicht einmal 80 Minuten nicht befriedigend ausgearbeitet, in einen stimmigen Zusammenhang gebracht oder zu Ende verfolgt werden können.
Fazit
“Arboretum” offenbart Talent und Potential, aber auch die Schwächen einer Eigenproduktion, die nicht auf Feedback von “außen” angewiesen ist. Mit längerer Laufzeit und nach dramaturgischer Überarbeitung wäre das ein mehr als gelungenes Regie-Debüt, so ist der Film eine durchwachsene Angelegenheit, der man zwar Sympathie entgegenbringt, aber bei der man nicht umhin kann, die verschenkten Möglichkeiten zu betrauern. Ab 9.2. in ausgewählten deutschen Kinos.
Bewertung
(55/100)
Bild: © 2023 Drop-Out Cinema
Allein schon der erste Absatz oben sagt mir, das schaue ich bestimmt nicht an. 😆