Anders als der Name vielleicht vermuten lässt, ist “Dogfight” kein Film über rasante Flugmanöver a la “Top Gun”, sondern ein zu Unrecht vergessenes Werk der Regisseurin Nancy Savoca und des Drehbuchautors Bob Comfort aus dem Jahr 1991. Mit dem damaligen Jungstar River Phoenix und Lili Taylor hochkarätig besetzt, erzählt “Dogfight” die Geschichte zweier Menschen, die eine unerwartete Bindung zueinander eingehen.

Gastbeitrag von Julia Beetz

Im Jahr 1963 begleiten wir den Marinesoldaten Edward Baines Birdlace (River Phoenix) und dessen Kameraden eine Nacht lang in San Francisco, bevor diese bei Tagesanbruch nach Vietnam verfrachtet werden sollen. Diese “letzte Nacht in Freiheit” soll ausgiebig gefeiert werden und so beteiligen sich die jungen Burschen sich an einem “Spiel” namens Dogfight. Die Regeln sind einfach: Jeder setzt fünfzig Dollar ein und der Typ mit dem hässlichsten “Date” gewinnt. Und so macht sich auch Eddie auf seine Mission – ohne Rücksicht auf Verluste.

Als er ein Cafe betritt, entdeckt er dort die unscheinbare Kellnerin Rose (Lili Taylor), die in einer Ecke kauernd auf ihrer Gitarre spielt. Mit ihren zerzausten Haaren und der schlecht sitzenden Uniform scheint sie das perfekte Opfer zu sein. Dank seines Charmes und ein paar Lügen hier und da kann Eddie sie für das “Date” gewinnen. Und so macht sich die nichtsahnende Rose mit ihm auf zu dem Club, in dem sich die Soldaten zu ihrem perfiden Spiel verabredet haben.

Auf den Weg dorthin aber bemerkt Eddie recht schnell, dass er zum ersten Mal seit langer Zeit, vielleicht sogar zum ersten Mal überhaupt, mit jemandem spricht, der sich wirklich dafür interessiert, wer er ist. So versucht er noch vor dem Club, sie davon abzuhalten, hineinzugehen. Aber erfolglos. Schnell fliegt das gemeine Spiel auf und Rose stellt Eddie wütend zur Rede, gefolgt von einem Fausthieb ins Gesicht.

Eddie, der mittlerweile ernsthaft Interesse an dem Menschen hinter Rose entwickelt hat, versucht die Wogen mit einem romantischen Abendessen zu glätten. Da sie erkennt, dass Eddie hinter seiner toughen Fassade ein ruheloser Mann zu sein scheint, der sich unbewusst bewusst ist, was ihn in Vietnam erwartet, gibt Rose ihm eine zweite Chance. So verbringen die beiden die Stunden bis zum Tagesanbruch zusammen, wohl wissend, dass dies sowohl die erste, als auch die letzte gemeinsame Nacht sein wird.

Die Regisseurin Nancy Savoca inszeniert mit “Dogfight” kein typisches Märchen à la Aschenputtel. Rose muss sich nicht erst äußerlich “verwandeln”, um von Eddie als interessant wahrgenommen zu werden. Savocas Regie ist dabei unkonventionell, jedoch klug und überzeugend. Sie setzt den Perspektivwechsel zwischen Eddie und Rose mit verschiedenen Kameraführungen geschickt ein und weiß die außergewöhnliche Chemie zwischen River Phoenix und Lili Taylor einzufangen, deren fragiles und ehrliches Schauspiel liebenswert und bewegend zugleich ist. “Dogfight” – mit einem hörenswerten Soundtrack ausgestattet – setzt auch Musik als dramaturgisches Mittel ein: Durchdacht ausgewählte Songs von Bob Dylan bis Joan Baez untermalen sowohl die zwischenmenschlichen Beziehungen, als auch die innerpersönlichen Konflikte der Charaktere.

Auf metaphorischer Ebene erzählt “Dogfight” von zerstörter Unschuld, vergeudetem Vertrauen und gebrochenen Versprechen. Er demonstriert, dass Grausamkeit und Schönheit zugleich existieren können: Da ist auf der einen Seite dieses alles überschattende, generationsüberfreifende Ereignis (der Vietnam-Krieg), das die Protagonisten ihrer Zukunft und Träume beraubt, auf der anderen Seite aber auch diese eine Begegnung, die schlichtweg alles verändern kann.

Fazit

“Dogfight” ist von seiner Machart keine klassische “Romanze”. Das macht ihn, obwohl bereits vor 30 Jahren erschienen, erstaunlich erfrischend und einzigartig. Es ist ein dialektischer Film, der Eddie und Rose als männliche und weibliche Perspektive miteinander kommunizieren lässt. Die Annäherung der beiden wirkt mitunter unbeholfen und holprig, was aber durchaus gewollt sein könnte, um die Diskrepanz zwischen den beiden Protagonisten zu akzentuieren. Mit seinem Charme und seiner emotionalen Tiefe, die allerdings ganz und gar unprätentiös daherkommt, ist “Dogfight” ein zu Unrecht vergessener Coming of Age-Film mit Authentizität, der außerdem das Talent einer relativ unbekannten weiblichen Filmemacherin belegt. Wer Werke wie “Breakfast Club” oder “American Graffiti” mag, sollte auch diesen Film nicht ungesehen lassen.

Bildquelle: Screenshot Dailymotion