Schiffbrüchige Weltraummissionen. Gestrandete Helden, die auf einem unbekannten und häufig wenig einladenden, fremden Planeten auf sich allein gestellt ums Überleben kämpfen und währenddessen mehr oder weniger freundlich gesinnten, eigenartigen neuen Spezies begegnen. Ein bekanntes Szenario, das das Regie- und Drehbuchduo Scott Beck und Bryan Woods („A Quiet Place“) für „65“ etwas umdichtet. Diesmal steht nämlich nicht die Zukunft im Fokus. Denn hier lässt das Regieduo, 65 Millionen Jahre zurück in der Erdgeschichte, Menschen aus einer fortschrittlichen, fremden Zivilisation auf unserem noch von Dinosauriern bevölkerten Planeten landen. „65“ ist ein Sci-Fi-Action-Thriller, der sich allerdings im Angesicht der größten Katastrophe des Planeten überraschenderweise als Survival-Familien-Drama entpuppt. Mit dem am Himmel bereits bedrohlich leuchtenden Asteroiden stehen aber nicht nur die Protagonisten unter Zeitdruck. Im erzählerischen Sprint und damit in vielerlei Hinsicht nicht komplett rund ausgearbeitet, hat die interessante Prämisse am Ende nicht bloß zu wenige Dinosaurier zu bieten.
von Madeleine Eger
Um seiner schwer kranken Tochter Nevine (Chloe Coleman) eine möglicherweise lebensrettende Behandlung zu ermöglichen, stimmt der Pilot Mills (Adam Driver) einer zweijährigen Forschungsmission im Weltall zu. Während der Reise plötzlich von einem Asteroidengürtel überrascht, wird das Raumschiff samt der Crew auseinandergerissen und Mills muss auf einem fremden Planeten notlanden. Zunächst noch davon ausgehend, dass er der einzige Überlebende des Unglücks ist, erkundet er die Umgebung und stößt schon bald auf die riesigen Überreste einer unbekannten Spezies. Der Verzweiflung nahe, entscheidet er sich doch für den Fluchtversuch, und auf der Suche nach der letzten intakten Rettungskapsel stößt er überraschend auf eine weitere Überlebende: Die neunjährige Koa (Ariana Greenblatt). An seine Tochter erinnert, setzt Mills jetzt alles daran, Koa vor den drohenden Gefahren zu beschützen und sie nach Hause zu bringen.

Irgendwo in einem weit entfernten Galaxiennebel liegt der Planet Somaris. Der Erde scheinbar nicht ganz unähnlich und offenbar gleichwohl mit einem teuren, diskriminierenden Gesundheitssystem ausgestattet, das Mills dazu zwingt seine Familie zu verlassen. „65“ verliert wahrlich keine Zeit, die Motivation seines Protagonisten festzusetzen. Familiäre Verhältnisse und die, wie man uns weismachen möchte, innige Vater-Tochter Beziehung werden so ausschließlich kurz umrissen. Und das nur, damit Pilot Mills sich nach der Bruchlandung nicht umgehend selbst noch ins Jenseits befördert, weil die Anstrengungen der Notsituation entfliehen zu wollen sonst irgendwie auch sinnlos erscheinen würden. So ist die todkranke Tochter also innerhalb der ersten Szene als eine ziemlich charakterlose Figur etabliert, deren Aufgabe sich darauf beschränkt, aus dem Schmerz des Helden ungeahnte Kräfte hervorzubringen und den Überlebenswillen neu zu entfachen. Die Anfangssequenz aus Abschied, Katastrophe, Hoffnungslosigkeit, Resignation und neu gefasstem Mut zum Aufbruch durchläuft damit in nicht mal 20 Minuten ein ganzes Spektrum an menschlichen Emotionen. Aufgrund der schnellen Abhandlung kommt aber kaum etwas davon tatsächlich zum Tragen, geschweige denn wird man als Zuschauer involviert oder allzu sehr an die Charaktere gebunden.
Adam Driver, der mit den letzten gebrauchsfähigen Hilfsmitteln fast ein wenig wie ein in der Wildnis ausgesetzter Bear Grylls wirkt, spielt seinen Überlebenskünstler dennoch mit viel Energie und gibt seiner Figur, soweit es ihm das Drehbuch erlaubt, trotzdem eine starke Präsenz. Wo anfänglich noch die Hoffnung geschürt wird, dass Mills mit den allgegenwärtigen Urzeitriesen auf Konfrontationskurs geht, muss man diese recht schnell in den prähistorischen Sümpfen ertränken. Neben dem ein oder anderen brauchbaren Jump-Scare, bleibt die Action mit den Dinosauriern leider insgesamt eher überschaubar. Selbst wenn es dann doch mal zu gefährlichen Angriffen und Kämpfen kommt, entzieht sich die Kamera der Situation. Häufig wird der indirekte Weg über die eigene Vorstellungskraft oder aber eine gekörnte Darstellung eines kleinen 3D Projektors gewählt, den Mills noch mit sich rumträgt. Gleichzeitig fällt die tonale Unentschlossenheit des Scripts immer mehr ins Gewicht. Scott Beck und Bryan Woods kreieren Situationen, die sich einer gewissen Komik nicht entziehen und nicht ganz stimmig in die Geschichte einfügen. Etwa wenn Koa aus Mitleid einem Babydino das Leben rettet, nur damit dieser dann doch kurz darauf dem Prinzip des “Fressen und Gefressen werden”, unterliegt.
Obwohl „65“ erzählerisch merklich schwächelt und eine Figurenentwicklung innerhalb der neu entstehenden „Ersatzfamilie“ nahezu unberücksichtigt lässt, punktet der Film mit einer interessanten und bedrohlichen Atmosphäre. Was nicht zuletzt auch daran liegt, dass die Geschichte auf dem uns vertrauten Planeten spielt und die Regisseure sich mit Ausnahme der Dinosaurier erfreulich wenig am CGI bedienen. Für die abwechslungsreiche Kulisse aus Wäldern, Stränden, Bergen und tödlichen Geysiren nutzen sie reale Schauplätze und fangen den noch menschenleeren Planeten gemeinsam mit Kameramann Salvatore Totino (ua. „The Offer“, „Everest“ oder „Spider-Man: Homecoming“) in ausdrucksstarken Bildern ein. Somit wird „65“ immerhin passabel und ist weit davon entfernt, selbst als Katastrophe zu enden.

Fazit
Ein starker Look, ein noch stärkerer Adam Driver und eine gespenstisch bedrohliche Atmosphäre können zwar nicht über das schwache Script und die unzureichende Charakterzeichnung hinwegtäuschen, trotzdem platziert sich das vorgebliche Sci-Fi-Survival-Familien-Drama im soliden Mittelfeld.
Bewertung
(60/100)
Bilder: (c) Sony Pictures
Pseudo Intellektuelle Kommentare oder Artikel dieser Art zu Genre Filmen wie “65”, waren der Grund für mich, Besser Wisser und Meinungsmache Seiten wie Filmstarts oder Moviepilot zu verlassen.
Und doch bist du freiwillig hier. Den Zusammenhang zwischen einer begründeten Filmkritik und “pseudo intellektuellen Kommentaren” müsstest du aber bitte noch erläutern. Ebenso wo du hier eine “Meinungsmache” erspäht hast. //cl