Mit der durch Zwänge des Marktes und der Branche vorgegebenen Neuausrichtung vieler Kinos zu reinen “Blockbustervorführmaschinen” verschwanden und verschwinden auch kleinere Independent-Produktionen oder Mid Budget-Genrefilme weitgehend aus den meisten Lichtspielhäusern und Kinoprogrammen. Waren früher, als das Kino die einzige Filmkonsumptionsstätte war, die “B-Movies” eine interessante und nicht selten subversive und experimentelle Abwechslung zu den großzügig budgetierten und mainstreamtauglichen “A-Movies”, so sind diese Filme inzwischen nur noch auf Streamingdiensten oder als “direct to video”-Veröffentlichungen zu finden.
Auch aus diesem Grund werden wir in Zukunft vermehrt auf “Heimkinostarts” hinweisen, die thematisch oft größere Vielfalt und qualitativ nicht selten Vorsprünge gegenüber der gängigen Kino-Einheitsware aufweisen. Im Folgenden werden einige der interessantesten im März 2023 erschienenen Heimkino-Releases vorgestellt.
von Christian Klosz
Shattered – Gefährliche Affäre
seit 10.3. auf DVD/BD, auch als VOD
In Deutschland hatte der von Veronica Ferres produzierte Thriller zwar im Herbst bereits einen kurzen Kino-Run, in Österreich handelt es sich um einen direct to video-release. “Shattered” orientiert sich am klassischen Genre-Schema und erzählt die Geschichte einer Femme Fatale (hervorragend gespielt von Ferres-Tochter Lilly Krug), die es auf Haus und Besitz eines jungen Tech-Milliardärs abgesehen hat. Der Film ist solide erzählt, inszeniert und gespielt, das zu rasche und unbefriedigende Ende allerdings verhindert eine höhere Wertung.
Rating: 57/100
Jezabel
seit 10.3. auf DVD/BD, auch als VOD
Busch Media hat diese venezulanisch-mexikanische Perle ausgegraben, die mehr zu bieten hat, als auf der ersten Blick ersichtlich: “Jezabel” handelt von Dämonen der Vergangenheit, Schuld, Verdrängung und (Selbst)Betrug. Seine nihilistische Weltsicht erinnert an Michel Franco und ist zeitweise schwer erträglich, verleiht dem tragischen Drama aber zusätzlichen Nachdruck.
Rating: 76/100
Emergency Declaration
seit 23.3. auf DVD/BD, auch als VOD
Ein wahnsinniger Bio-Terrorist setzt einen tödlichen Virus in einem Passagierflugzeug frei, ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt: Für sich genommen ist die koreanische Produktion ein technisch einwandfreier Katastrophenthriller, der einige Schwächen im Drehbuch und der Figurenzeichnung aufweist. Seine Aktualität macht ihn allerdings schwer genießbar, aber auch zum Spiegel der Gesellschaft.
Rating: 66/100
Attic Trunk
seit 21.3. als VOD
Ein wunderbarer, stiller, reduzierter Independent-Streifen, realisiert mit minimalen Mitteln, aber durch tolles Schauspiel mit großer emotionaler Wirkung: “Attic Trunk” erzählt vom Tod eines geliebten Menschen, vom Wiedersehen mit einem geliebten Menschen und von Trauer, Reue und Liebe. Wahrlich eine kleine Filmperle.
Rating: 72/100
Out of the Blue – Gefährliche Lust
seit 23.3. auf DVD/BD, aus als VOD
Ein Ex-Häftling, der aufgrund eher unglücklicher Zufälle im Gefängnis gelandet war, versucht sich als Bibliothekar zu rehabilitieren und sein Leben in ruhigere Bahnen zu lenken. Als er einer etwas älteren Blondine (gespielt von Diane Kruger) verfällt, gerät sein Leben schnell wieder auf eine “schiefe Bahn”, denn sie will ihren offenbar gewalttätigen Ehemann loswerden, wozu ihr alle Mittel recht sind.
Regisseur Neil LaBute wird seinem Ruf als “American theater’s reigning misanthrope” gerecht und präsentiert einen verführerischen, stilvoll gefilmten Thriller ohne Happy End, bevölkert von moralisch dunkelgrauen Figuren, bei denen man gute Intentionen wie die Nadel um Heuhaufen sucht. Stellenweise etwas zu langatmig und träge, trotzdem sehenswert.
Rating: 67/100
Revealer
seit 31.3. auf DVD/BD, auch als VOD
Stripperin Angie wird jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit von der Jusus-Fanatikerin Sally belästigt, die ersterer mit Nachdruck auf deren wegen ihrer Profession sicheres Ende in der Hölle hinweisen will. Als tatsächlich die Hölle losbricht und Horrorkreaturen das Jüngste Gericht ankündigen, findet sich das ungleiche Duo in einer Peepshowkabine gefangen und muss trotz weltanschaulicher Unterschiede an der gemeinsamen Flucht arbeiten.
“Revealer” setzt auf 80s-Ästhetik und Sound und eine nette Prämisse, wird aber mit der Laufzeit zu didaktisch, klischeehaft und ist vor allem inhaltlich zu dünn. Schade.
Rating: 43/100
Weiterer Heimkino-Tipp:
The Old Way, seit 31.3. auf DVD/BD, auch als VOD
-> Filmkritik
Titelbild: (c) Plaion Pictures bzw. HlfÅs Production
Textbilder: (c) Busch Media Group / (c) HlfÅs Production / (c) Plaion Pictures